Staatsmedizin
D ie Terminvergabestelle vermittelt nur einen kleinen Bruchteil der Termine beim Facharzt. Trotzdem muss der Facharzt eine Stunde pro Tag für diese Termine offenhalten. Hoffentlich kommen auch all die Patienten, die einen Termin auf diese Weise ergattert haben. Aus der Ärzteschaft kommen jedenfalls Zweifel. Nun soll die Vergabestelle auch noch 24 Stunden am Tag besetzt sein. Ist das wirklich notwendig? Im Koalitionsvertrag war von einer zehnstündigen Erreichbarkeit die Rede. Und ist es überhaupt notwendig, ein bürokratisches Monster über das ohnehin überregulierte Gesundheitswesen zu stülpen, um einen vermeintlichen oder tatsächlichen Übelstand zu beseitigen? Mit freier Arztwahl hat das jedenfalls nichts zu tun. Im Gegenteil, das Ministerium regiert in die Arbeitsorganisation von Freiberuflern hinein. Fraglich ist auch, ob die chronisch Erkrankten, die auf Facharztbesuche angewiesen sind, zugunsten neuer Patienten ins Hintertreffen geraten. Kurz: Was wird eigentlich besser durch Gesundheitsminister Jens Spahns Staatsmedizin?
Er will den Mangel durch Umverteilung regeln, mehr Fachärzte wären besser, aber die Zahl der Medizinstudienplätze wurde vor Jahren begrenzt und damit auch der medizinische Nachwuchs. Um die Facharztversorgung in Großstädten ist es in der Regel gut bestellt, viel schlechter sieht es dagegen auf dem Land aus, wo Patienten mitunter weit fahren müssen, um einen Kardiologen oder Lungenfacharzt zu konsultieren. Daran ändert auch das Terminvergabesystem nichts. Es geht um die Attraktivität des Arztberufs auf dem Land. Die finanziellen Anreize für die Ärzte, ihre Sprechstunden auszuweiten, reichen jedenfalls nicht. Sprechstunden bilden ja nur einen Teil der wöchentlichen Arbeitszeit, und die Ärzte müssen mehr Personal vorhalten (und bezahlen).
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