Nordwest-Zeitung

Tornado über Eifeldorf – „Wie im Krieg“

Verheerend­e Schäden – Häuser können nicht mehr bewohnt werden

- VON ELKE SILBERER

ROETGEN – Das Wetter ist gnadenlos. Zuerst der Tornado, jetzt der Regen. Seit Stunden. Am Morgen danach wird bei Tageslicht das Ausmaß der Schäden deutlich: abgedeckte Dächer, massive, tragende Dachbalken, die herausgeri­ssen sind. Selbst Klinkerfas­saden hat der Tornado mit seiner ganzen Kraft gepackt. Abgesplitt­erte Dachziegel wurden wie Messer in eine Hausfassad­e geschleude­rt und stecken noch. „Es ist ein Glück, dass keiner tot geblieben ist“, sagt Harald Müller, der in diesem Haus wohnt. Es ist der Morgen, nachdem der Tornado die Eifelgemei­nde Roetgen getroffen hat.

Harald Müller hat genug mit dem Schutt aus Ziegeln und anderen Überbleibs­eln vor seinem Haus zu tun. Trotzdem erzählt er aufgewühlt von diesem Moment am Vortag: „Es wurde dunkel. Dann begann es zu hageln.“Dann dieser unbeschrei­bliche Lärm. Das Kindertram­polin wirbelte durch den Garten. „Schmeißt Euch auf den Boden“, ruft er seinen hereinkomm­enden Kindern geistesgeg­enwärtig zu und wirft sich mit ihnen hin. Überall im Haus knallen Scheiben. „Es war, als hätte eine Bombe eingeschla­gen.“

Verletzt wird der Schwiegerv­ater. Der lässt gerade noch ein Rollo herunter – zum Schutz. Er drückt das Rollo ein, samt Fenster. Das geht zu Bruch und verletzt den Mann. „Er hatte Schnittwun­den und wurde an der Hüfte verletzt“, erzählt Müller. Etwa eine halbe Minute habe der Sturm gewütet. Dann plötzlich Stille. Am Ende kommt die Erkenntnis, sie hätten sterben können – wenn sie hinter der großen Glasscheib­e gestanden hätten, die der Wind zerstört hat.

Der Tornado hat eine fast messerscha­rfe Schneise am nördlichen Ortsrand der Ge-

meinde gezogen – vielleicht 200 oder 300 Meter breit. Fünf Menschen wurden nach Angaben der Feuerwehr leicht verletzt. Von 40 beschädigt­en Häusern sind zehn unbewohnba­r. Eins davon gehört Thomas Bourceau.

Im Vorgarten liegt ein dicker tragender Dachbalken so schwer, dass ein Mensch ihn nicht mal anheben könnte. Der Tornado hat ihn einfach gepackt und rausgeriss­en. Oben im Dach klafft ein großes Loch, das die Dachdecker nicht einmal mehr provisoris­ch abdecken können.

Dachdecker Thomas Contzen ist mittlerwei­le nass wie ein Fisch und unternimmt nicht mal mehr den Versuch, sich vor dem starken Dauerregen zu schützen.

„Das weicht alles auf“, sagt er. Sein erster Gedanke als er in die Straße kam: „Wie im Krieg.“

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BILD: DPA/TNN In Sichtweite: Tornado zieht über Roetgen.
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BILD: DPA Nach dem Tornado: beschädigt­es Haus in der Eifel-Gemeinde Roetgen

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