Anwalt erhält Bewährungschance
Landgericht verhängt zwei Jahre Haft gegen Cloppenburger Anwalt
Es ging um gefälschte Bescheide der Bundesanstalt für Migration und Flüchtlinge. In einigen Fällen wurde der Angeklagte vom Betrugsvorwurf freigesprochen.
OLDENBURG/CLOPPENBURG – Er hat nach Überzeugung des Oldenburger Landgerichts Mandanten betrogen und Steuern hinterzogen. Dafür verurteilte die Große Wirtschaftsstrafkammer den Cloppenburger Rechtsanwalt Adem Ortac (40) am Donnerstag zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Außerdem soll Ortac 200 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Schließlich ist da noch die Forderung des Finanzamts, dem Ortac 92 000 Euro Steuern nachzahlen muss. Seinen Beruf als Anwalt darf er für zwei Jahre nicht ausüben, wobei das gegen ihn verhängte vorläufige Berufsverbot angerechnet wird.
Damit zog die Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Dr. Ralf Busch einen Schlussstrich unter das Strafverfahren, das seit zwei Jahren in der Region für Aufmerksamkeit sorgte, weil es um gefälschte Aufenthaltsbescheinigungen für Migranten ging.
Lange Beweisaufnahme
Die Staatsanwaltschaft hatte 23 Fälle von Betrug, davon in sieben Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie Steuerhinterziehung angeklagt. Nach umfangreicher Beweisaufnahme und Anhörung zahlreicher Zeugen blieben indes nur 13 Fälle von gewerbsmäßigem Betrug, sechs davon in Tateinheit wegen des Verstoßes gegen das verhängte Berufsverbot und elf Fälle von Steuerhinterziehung. Eine Reihe der angeklagten Betrugsstraftaten ließen sich nicht nachweisen, deshalb beantragte die Staatsanwaltschaft in diesen Fällen Freispruch. Und die sieben Fälle von Urkundenfälschung wurden eingestellt. Was blieb, beschrieb der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. „Gemeinsam mit einer unbekannten Person“habe Ortac Migranten gegen Honorar eine Aufenthaltsbescheinigung versprochen, die freilich gefälscht war. Sie berechtigte nicht zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Ortac habe dem „großen Unbekannten“seinen Computer zur Verfügung gestellt, auf dem auch ein Aufenthaltsbescheid der Bundesanstalt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) abgespeichert war. Aus sichergestellten Papierstreifen schloss das Gericht, dass in der Anwaltspraxis solche angeblichen Bescheide gefertigt wurden. „Den großen Unbekannten haben Sie nicht offenbart“, hielt der Vorsitzende Ortac vor, er habe sich aber des mittäterschaftlichen Betrugs schuldig gemacht. Außerdem habe er einer Reihe von Mandanten verschwiegen, dass ein Berufsverbot gegen ihn verhängt worden war, trotzdem habe er Dienstleistungen als Anwalt angeboten. In einigen Fällen, die als Betrug angeklagt waren, habe aber keine Täuschungsabsicht bestanden, vielmehr hatte Ortac eine Rückzahlungsvereinbarung für den Fall eines Misserfolgs vereinbart (und teilweise auch eingehalten). In diesen Fällen sei er freizusprechen.
Strafzumessung
Bei der Strafzumessung habe das Geständnis des Angeklagten eine Rolle gespielt, auch der Umstand, dass Ortac mit seiner anwaltlichen Tätigkeit schlicht überfordert war. Strafschärfend sei gewesen, dass er die Not von Flüchtlingen ausgenutzt habe. Der Vorsitzende nannte das „besonders verwerflich“. Bis zur Rechtskraft des Urteils bleibt das vorläufige Berufsverbot in Kraft.