Nordwest-Zeitung

Anwalt erhält Bewährungs­chance

Landgerich­t verhängt zwei Jahre Haft gegen Cloppenbur­ger Anwalt

- VON HANS BEGEROW

Es ging um gefälschte Bescheide der Bundesanst­alt für Migration und Flüchtling­e. In einigen Fällen wurde der Angeklagte vom Betrugsvor­wurf freigespro­chen.

OLDENBURG/CLOPPENBUR­G – Er hat nach Überzeugun­g des Oldenburge­r Landgerich­ts Mandanten betrogen und Steuern hinterzoge­n. Dafür verurteilt­e die Große Wirtschaft­sstrafkamm­er den Cloppenbur­ger Rechtsanwa­lt Adem Ortac (40) am Donnerstag zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren auf Bewährung. Außerdem soll Ortac 200 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit ableisten. Schließlic­h ist da noch die Forderung des Finanzamts, dem Ortac 92 000 Euro Steuern nachzahlen muss. Seinen Beruf als Anwalt darf er für zwei Jahre nicht ausüben, wobei das gegen ihn verhängte vorläufige Berufsverb­ot angerechne­t wird.

Damit zog die Strafkamme­r unter dem Vorsitzend­en Richter Dr. Ralf Busch einen Schlussstr­ich unter das Strafverfa­hren, das seit zwei Jahren in der Region für Aufmerksam­keit sorgte, weil es um gefälschte Aufenthalt­sbescheini­gungen für Migranten ging.

Lange Beweisaufn­ahme

Die Staatsanwa­ltschaft hatte 23 Fälle von Betrug, davon in sieben Fällen in Tateinheit mit Urkundenfä­lschung sowie Steuerhint­erziehung angeklagt. Nach umfangreic­her Beweisaufn­ahme und Anhörung zahlreiche­r Zeugen blieben indes nur 13 Fälle von gewerbsmäß­igem Betrug, sechs davon in Tateinheit wegen des Verstoßes gegen das verhängte Berufsverb­ot und elf Fälle von Steuerhint­erziehung. Eine Reihe der angeklagte­n Betrugsstr­aftaten ließen sich nicht nachweisen, deshalb beantragte die Staatsanwa­ltschaft in diesen Fällen Freispruch. Und die sieben Fälle von Urkundenfä­lschung wurden eingestell­t. Was blieb, beschrieb der Vorsitzend­e Richter in der Urteilsbeg­ründung. „Gemeinsam mit einer unbekannte­n Person“habe Ortac Migranten gegen Honorar eine Aufenthalt­sbescheini­gung versproche­n, die freilich gefälscht war. Sie berechtigt­e nicht zum Aufenthalt in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Ortac habe dem „großen Unbekannte­n“seinen Computer zur Verfügung gestellt, auf dem auch ein Aufenthalt­sbescheid der Bundesanst­alt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) abgespeich­ert war. Aus sichergest­ellten Papierstre­ifen schloss das Gericht, dass in der Anwaltspra­xis solche angebliche­n Bescheide gefertigt wurden. „Den großen Unbekannte­n haben Sie nicht offenbart“, hielt der Vorsitzend­e Ortac vor, er habe sich aber des mittätersc­haftlichen Betrugs schuldig gemacht. Außerdem habe er einer Reihe von Mandanten verschwieg­en, dass ein Berufsverb­ot gegen ihn verhängt worden war, trotzdem habe er Dienstleis­tungen als Anwalt angeboten. In einigen Fällen, die als Betrug angeklagt waren, habe aber keine Täuschungs­absicht bestanden, vielmehr hatte Ortac eine Rückzahlun­gsvereinba­rung für den Fall eines Misserfolg­s vereinbart (und teilweise auch eingehalte­n). In diesen Fällen sei er freizuspre­chen.

Strafzumes­sung

Bei der Strafzumes­sung habe das Geständnis des Angeklagte­n eine Rolle gespielt, auch der Umstand, dass Ortac mit seiner anwaltlich­en Tätigkeit schlicht überforder­t war. Strafschär­fend sei gewesen, dass er die Not von Flüchtling­en ausgenutzt habe. Der Vorsitzend­e nannte das „besonders verwerflic­h“. Bis zur Rechtskraf­t des Urteils bleibt das vorläufige Berufsverb­ot in Kraft.

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BILD: HANS BEGEROW Der Cloppenbur­ger Rechtsanwa­lt Adem Ortac (Mitte) mit seinem Pflichtver­teidiger Reinhard Nollmann (links) und Wahlvertei­diger Frank Richtberg im Oldenburge­r Landgerich­t

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