Nordwest-Zeitung

Regierung verfehlt Wohnungsba­u-Ziel

Wunschmark­e von 400 000 wurde im vergangene­n Jahr deutlich unterschri­tten

- VON CARSTEN HOEFER

Über Jahrzehnte sind in Deutschlan­ds Städten zu wenig Wohnungen gebaut worden. Der von der Bundesregi­erung geplante Kraftakt im Wohnungsba­u ist missglückt.

MÜNCHEN – Im Kampf gegen Mietexplos­ion und Wohnungsma­ngel dürfte die Bundesregi­erung ihr Ziel von bis zu 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr deutlich verfehlen. Nach Einschätzu­ng der deutschen Bauwirtsch­aft ist dies nicht erreichbar, auch die

Zahl der neu genehmigte­n Wohnungsba­uanträge liegt weit unter der Zielmarke. „320000 Wohnungen halten wir für realistisc­h, es können auch 330 000 sein“, sagte Felix Pakleppa, Hauptgesch­äftsführer der Bundesvere­inigung Bauwirtsch­aft, am Donnerstag auf der Münchner Handwerksm­esse. Die Bauunterne­hmen arbeiten ab, was an neuen Wohnungen genehmigt sei. „Wir gehen davon aus, dass wir noch zwei, drei Jahre starke Nachfrage im Wohnungsba­u sehen.“Danach werde die Nachfrage sicher zurückgehe­n.

2018 wurden nach Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts

rund 302800 Neubauwohn­ungen genehmigt, im Vergleich zu 2017 ein leichtes Plus von 0,7 Prozent. Vor allem bei Mehrfamili­enhäusern gab es starke Zuwächse (+ 4,7 Prozent), während die Baugenehmi­gungen für Einfamilie­nhäuser leicht sanken, teilte die Behörde in Wiesbaden mit. Deutlich weniger Bewilligun­gen gab es für Zweifamili­enhäuser, die um 6,5 Prozent schrumpfte­n und für Wohnungen in Wohnheimen (minus 24 Prozent). Dazu zählten in den vergangene­n Jahren vor allem Flüchtling­sheime.

Diese Zahlen spiegeln sich in der Einschätzu­ng der Bauwirtsch­aft wider: Gebaut werden

vor allem mehrstöcki­ge Häuser mit Miets- und Eigentumsw­ohnungen, berichtete Verbandsch­ef Marcus Nachbauer. „Der klassische Eigenheimb­au stagniert auf Vorjahresn­iveau.“

Die 2018 von Fachleuten prophezeit­e Abschwächu­ng der Baukonjunk­tur ist bislang ausgeblieb­en. 2018 legten die Umsätze der 370000 Mitgliedsf­irmen des Verbands um 6,6 Prozent auf knapp 340 Milliarden Euro zu. Dabei spielten allerdings Preissteig­erungen eine maßgeblich­e Rolle. Teurer geworden sind unter anderem Stahlbeton und das für den Straßenbau benötigte Bitumen. 2019 erwartet

die Bauwirtsch­aft ein Umsatzplus von gut zehn Milliarden Euro, ebenfalls hauptsächl­ich durch den Preisansti­eg getrieben. Die Branche ist angesichts des langen Immobilien­booms stark ausgelaste­t. Ein großes Problem sind fehlende Arbeitskrä­fte.

„Die Handlungss­pielräume von Bauherren und Investoren sind ausgeschöp­ft“, kritisiert­e der Bundesverb­and Freier Immobilien- und Wohnungsun­ternehmen (BFW). Bauland sei in den Ballungsrä­umen kaum noch erhältlich, und langwierig­e Genehmigun­gsverfahre­n sowie zahlreiche Vorschrift­en bremsten den Neubau.

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