Regierung verfehlt Wohnungsbau-Ziel
Wunschmarke von 400 000 wurde im vergangenen Jahr deutlich unterschritten
Über Jahrzehnte sind in Deutschlands Städten zu wenig Wohnungen gebaut worden. Der von der Bundesregierung geplante Kraftakt im Wohnungsbau ist missglückt.
MÜNCHEN – Im Kampf gegen Mietexplosion und Wohnungsmangel dürfte die Bundesregierung ihr Ziel von bis zu 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr deutlich verfehlen. Nach Einschätzung der deutschen Bauwirtschaft ist dies nicht erreichbar, auch die
Zahl der neu genehmigten Wohnungsbauanträge liegt weit unter der Zielmarke. „320000 Wohnungen halten wir für realistisch, es können auch 330 000 sein“, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Bauwirtschaft, am Donnerstag auf der Münchner Handwerksmesse. Die Bauunternehmen arbeiten ab, was an neuen Wohnungen genehmigt sei. „Wir gehen davon aus, dass wir noch zwei, drei Jahre starke Nachfrage im Wohnungsbau sehen.“Danach werde die Nachfrage sicher zurückgehen.
2018 wurden nach Zahlen des Statistischen Bundesamts
rund 302800 Neubauwohnungen genehmigt, im Vergleich zu 2017 ein leichtes Plus von 0,7 Prozent. Vor allem bei Mehrfamilienhäusern gab es starke Zuwächse (+ 4,7 Prozent), während die Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser leicht sanken, teilte die Behörde in Wiesbaden mit. Deutlich weniger Bewilligungen gab es für Zweifamilienhäuser, die um 6,5 Prozent schrumpften und für Wohnungen in Wohnheimen (minus 24 Prozent). Dazu zählten in den vergangenen Jahren vor allem Flüchtlingsheime.
Diese Zahlen spiegeln sich in der Einschätzung der Bauwirtschaft wider: Gebaut werden
vor allem mehrstöckige Häuser mit Miets- und Eigentumswohnungen, berichtete Verbandschef Marcus Nachbauer. „Der klassische Eigenheimbau stagniert auf Vorjahresniveau.“
Die 2018 von Fachleuten prophezeite Abschwächung der Baukonjunktur ist bislang ausgeblieben. 2018 legten die Umsätze der 370000 Mitgliedsfirmen des Verbands um 6,6 Prozent auf knapp 340 Milliarden Euro zu. Dabei spielten allerdings Preissteigerungen eine maßgebliche Rolle. Teurer geworden sind unter anderem Stahlbeton und das für den Straßenbau benötigte Bitumen. 2019 erwartet
die Bauwirtschaft ein Umsatzplus von gut zehn Milliarden Euro, ebenfalls hauptsächlich durch den Preisanstieg getrieben. Die Branche ist angesichts des langen Immobilienbooms stark ausgelastet. Ein großes Problem sind fehlende Arbeitskräfte.
„Die Handlungsspielräume von Bauherren und Investoren sind ausgeschöpft“, kritisierte der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). Bauland sei in den Ballungsräumen kaum noch erhältlich, und langwierige Genehmigungsverfahren sowie zahlreiche Vorschriften bremsten den Neubau.