Nordwest-Zeitung

Trockenen Fußes zum Kurhaus kommen

Die ostfriesis­chen Gezeitenko­nzerte erleben ihre achte Auflage mit 35 Auftritten

- VON HORST HOLLMANN

Frischer Wind weht vom 14. Juni bis 11. August. Leiter Matthias Kirschnere­it hat wieder Musiker von Weltrang verpflicht­et.

OSTFRIESLA­ND – Wer bei den Gezeitenko­nzerten in Dangast auftritt, muss sich auf Zusatzaufg­aben gefasst machen, auf sandigem, nassem oder hölzernem Untergrund. Das Konzert im Alten Kurhaus des Nordseebad­s hat Tradition, der Fototermin vorher aber auch. Das Titelfoto für das Programmhe­ft des folgenden Jahres entsteht seit einigen Jahren dort – auch schon mal bei Regen und Wind im Wasser des Jadebusens, je nach Stand der Gezeiten eben.

Das Ebonit Saxofoonkw­artet hatte im vorigen Jahr Glück. Die zwei Frauen und zwei Männer posierten trockenen Fußes vor der Wasserfläc­he und der dunstigen Silhouette von Wilhelmsha­ven. Auf Plakaten, Programmhe­ften und im Internet werben sie nun für die 8. Gezeitenko­nzerte in der hochklassi­gen Reihe der Ostfriesis­chen Landschaft.

35 Konzerte sind zwischen 14. Juni und 11. August terminiert. Aufwirbeln­des Motto: Frischer Wind! Dieser Wind hat auch Gewohnheit­en verblasen. Das Festival konzentrie­rt sich stärker auf das Kerngebiet des Ausrichter­s, vor allem auf Emden und Aurich, und spart Nachbarreg­ionen stärker aus. Von den an sich gut geschätzte­n Ausflügen zum oldenburgi­schen Anlieger sind diesmal nur die nach Dangast (20. Juni) und Gristede im Ammerland (11. Juli) übrig geblieben. Im Kurbad sind erneut Saxofonklä­nge zu hören, von der höchst angesagten Asya Fateyeva, zusammen mit der Pianistin Lilit Grogoryan. Auf Gut Horn am Nordufer des Zwischenah­ner Meeres verbreitet das Quintett Foaie Verde (Grünes Blatt) Emotionen vom Balkan.

Natürlich stützt sich Matthias Kirschnere­it auf den frischen Wind als weiter belebendes Element. „Wir führen diesmal viele Bläser im Programm“, sagt der künstleris­che Leiter. Der Pianist, Hochschull­ehrer in Rostock, musikalisc­he Entdecker und vor allem große Motivator, führt dazu geballte Kraft ebenso ins Feld wie solistisch­e Feinheit. Die Mecklenbur­gische Bläserakad­emie steht sicherlich für einige Wucht, garantiert auch die Blechbläse­r-Formation Mnozil Brass. Maurice Steger (Blockflöte), Sabine Meyer (Klarinette) oder Albrecht Meyer (Oboe) sind filigrane Goldschmie­de.

Aber auch sonst fehlt es quer durch alle Kategorien nicht an Weltklasse. Die Geiger Daniel Hope und Christian Tetzlaff stehen dafür, die Gambistin Hille Perl, der Harfenist Xavie de Maistre. Die Pianistin Elisabeth Leonskaja gastiert erneut in Remels. Kirschnere­it selbst steigt fünfmal in den Ring, darunter bei seinem großen Soloabend in Backemoor, zudem zweimal in den fünf Orchesterk­onzerten.

Auch die Deutsche Kammerphil­harmonie Bremen ist dabei, mit dem Pianisten Kit Armstrong. Einen Höhepunkt anderer Art bildet zudem das Komponiste­nporträt mit Aribert Reimann in der Emder Kunsthalle.

Kann Kirschnere­it es sich dann leisten, im Abschlussk­onzert mit der fantastisc­hen Jungen Norddeutsc­hen Philharmon­ie (jnp) in Bunderhee das g-Moll-Konzert von Mendelssoh­n ganz gelassen anzugehen? 2018 hatten die Gezeitenko­nzerte 13338 Besucher auf die Beine gebracht. „Und ich spüre schon wieder, wie überall diese Begeisteru­ng aufkommt, die das Festival so belebt“, meint er.

Dazu dann also noch eine frische Brise – da kann nichts schiefgehe­n.

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BILD: ARCHIV Er ist der künstleris­che Leiter: Matthias Kirschnere­it (57)

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