OLDDEN UR GEWLDDED
Arne Murke (30) ging im Pazifik vor der Küste Neuseelands von Bord eines Segelbootes
Der erfahrene Segler erinnerte sich rechtzeitig an einen Trick. Dies rettet ihm das Leben.
OLDENBURG/GISBORNE (NEUSEELAND) – Plötzlich nur noch Wasser um einen herum, Sturm, meterhohe Wellen, kein Land in Sicht und auch kein Boot. Was nach einem Albtraum klingt, hat ein Oldenburger vor kurzem am eigenen Leibe erfahren. Dass er nicht ertrunken ist an jenem 5. März im Pazifik irgendwo vor der neuseeländischen Küste, hat Arne Murke seiner Jeans zu verdanken.
Doch von vorn: Der 30-Jährige und sein Zwillingsbruder Helge halten sich derzeit mit einem Working-Holiday-Visum in Neuseeland auf. Als sie die Anfrage eines Bootsbesitzers erhielten, dessen Segelboot von Neuseeland über den Pazifik nach Brasilien zu überführen, sagten sie zu. Die beiden gebürtigen Oldenburger, deren Eltern in Hude leben, sind erfahrene Segler. Die Brüder segeln seit ihrer Kindheit.
„Wir hatten Lust dazu“, erzählt Arne Murke im Gespräch mit der Ð. Überquert hat er den Pazifik noch nicht, aber schon „ein paar tausend Meilen gemacht“.
Die Brüder segelten also Anfang März entlang der neuseeländischen Küste mit Kurs auf Südamerika. Am 5. März war laut Arne Murke bestes Segelwetter. „Es war ein wunderschöner Tag, vorhergesagt war eine Windstärke von 15 bis 17 Knoten“, sagt Arne Murke. Perfektes Segelwetter – nicht zu viel Wind, aber auch nicht zu wenig. Nach einer Nachtschicht legte er sich gegen Mittag schlafen.
Er erwachte von einem Geräusch und merkte schnell, dass das mit dem perfekte Segelwetter passé war. Der Wind war deutlich stärker als vorhergesagt, das Boot schwankte zwischen meterhohen Wellen auf und ab.
Geweckt hatte Arne Murek jedoch die Großschot – eine beim Segeln essenzielle Leine – die sich aus der Klemme gelöst hatte. Der Versuch, die Schot wieder zu befestigen, scheiterte: „Eine Welle kam, Wasser schwappte über das Boot und weil der Baum schwankte, habe ich mich geduckt. Dabei hat sich mein Arm in der Schot verheddert – und schon lag ich im Wasser“, berichtet Arne Murke.
Das Fatale: Er trug weder Rettungsweste noch erreichten ihn Leinen oder Rettungsringe, die ihm sein Bruder Helge zuwarf. „Wer segelerfahren ist weiß, dass man nicht rund um die Uhr Ret- tungsweste trägt“, sagt er.
Schnell wurde der Abstand zwischen Arne Murke und dem Boot größer. „Ich konnte das Boot noch sehen, aber es war unmöglich, dass mein Bruder mich von dort aus sieht“, sagt er. Als Arne Murke den Sichtkontakt verloren hatte, wurde ihm klar, so sagt er, dass er sich so lange wie möglich über Wasser halten müsse, „um eine Chance zu haben, gesehen zu werden.“
Als er sich nach dem ersten Schock wieder beruhigt hatte, erinnerte er sich an einen Trick der US Navy, den er vor einiger Zeit im Fernsehen gesehen hatte: Er atmete einmal tief ein, tauchte unter, zog seine Jeans aus, knotete die Hosenbeine zu, blies Luft in die Hose und nutzte das so entstandene Luftkissen als Rettungsweste. Dreieinhalb Stunden trieb er so im Pazifik, etwa 55 Kilometer vor der Küste von Tolaga Bay. Zwei mal flog der Rettungshelikopter über ihm, beim dritten Mal fanden sie ihn – ein Wunder.
Die Pazifiküberquerung liegt für das Brüderpaar nun erstmal auf Eis. Aufs Segeln verzichten möchte Arne Murke in Zukunft keineswegs, wohl aber möchte er noch mehr auf Sicherheit achten. Und die Jeans? „Die wurde mir schon geklaut“, sagt er, vielleicht als Trophäe. Aber er hänge ja auch nicht daran.