Nordwest-Zeitung

Frust und Freude in der Schlucht

Wanderung durch den Grand Canyon – Weltberühm­ter Nationalpa­rk wird 100 Jahre alt

- VON STEFFI MACHNIK

Wer die Schlucht abseits der Touristenm­assen erleben will, wandert von der Südkante über den Colorado +iver zum North +im. Das ist hart – und großartig.

FLAGSTAFF – Kaum ein Reisender im Westen der USA lässt den Grand Canyon links liegen. Der Nationalpa­rk feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Mehr als sechs Millionen Menschen besuchen jedes Jahr die gewaltige Schlucht, die der Colorado River geschliffe­n hat. Um dem Trubel zu entgehen, steigt man hinab – und wandert in zwei Tagen einmal quer durch den Canyon.

Vom South Rim, der Südkante auf 2200 Metern Höhe, gibt es zwei Routen. Der Bright Angel Trail ist im oberen Teil noch viel begangen. Weniger bevölkert ist der South Kaibab Trail, elf Kilometer sind es bis zum Fluss – ohne Wasserstel­le zwischendu­rch.

Wer die längere und somit nicht ganz so steile Variante über den Bright Angel Trail wählt und sehr früh startet, entgeht den Strömen der Tageswande­rer. Denn die meisten legen nur die sieben Kilometer bis Indian Garden zurück, eine kleine Oase am Garden Creek. Sie wandern vielleicht noch drei Kilometer bis zum Plateau Point, dem Aussichtsp­unkt auf den 400 Meter tiefer fließenden Colorado.

Hinter dem kleinen Canyon des Garden Creek geht es die letzten Höhenmeter bis zum Colorado in Serpentine­n steil abwärts. Die Wegstrecke heißt Devil’s Corkscrew, Korkenzieh­er des Teufels. Keine Schatten kühlen, die Sonne brennt gnadenlos herab.

Karg ist es am Ufer des Colorado, dessen braunes Wasser mit hoher Geschwindi­gkeit durch die Schlucht fließt. Ab und zu tanzen Gummi- boote über das Wasser. Dann taucht endlich die Silberne Brücke auf, die 160 Meter lange Hängebrück­e über den Fluss. Eigentlich ist die „Phantom Ranch“, das Gasthaus am Grund des Grand Canyons, nicht mehr weit. Aber in der Mittagshit­ze zieht sich der letzte Kilometer auf der anderen Flussseite. Es geht entlang des Bright Angel Creek, wo auch ein Campingpla­tz mit 32 Plätzen liegt.

Etwas abseits der eigentlich­en Ranch stehen vier Holzhütten. Sie haben Klimaanlag­e und je zehn Schlafplät­ze. Etwas komfortabl­er sind die Häuschen für Gruppen von zwei bis zehn Gästen.

Die Bewirtung am Abend ist rustikal. Es gibt Steak, Eintopf oder ein vegetarisc­hes Gericht. Alles muss vorab reserviert werden, da Maultiere sämtliche Lebensmitt­el zur „Phantom Ranch“transporti­eren – ebenso wie die Postkarten. Frühstück wird um 5 Uhr serviert. Ganz schön früh für salzige Erdnüsse, Energierie­gel und einen Apfel. Als es gegen 5.30 Uhr heller wird,

Reisezeit:

Die beste Zeit für eine Wanderung durch den Grand Canyon sind die Monate Mai oder Oktober. Im Sommer steigen die Temperatur­en auf mehr als 40 Grad, dann besteht ein Shuttleser­vice zwischen North und South Rim.

Einreise:

Deutsche USAUrlaube­r müssen sich unter https://esta.cbp.dhs.gov eine elektronis­che Einreiseer­laubnis (Esta) besorgen. liegt die Temperatur schon wieder bei 30 Grad. Aber mit jedem Höhenmeter auf dem North Kaibab Trail wird die Luft kühler, auch der Wind bringt Erfrischun­g.

Der 22 Kilometer lange Wanderweg führt zum North Rim. Er ist deutlich weniger begangen als die Strecken auf der Südseite. Doch statt 1400 Höhenmeter sind fast 1800 Sie kostet 14 US-Dollar und gilt zwei Jahre lang.

Übernachtu­ng:

Wer im Canyon übernachte­n will, braucht eine Erlaubnis fürs Camping oder eine Reservieru­ng für die „Phantom Ranch“.

Informatio­nen:

Arizona Office of Tourism c/o Kaus Media Services, Sophienstr­aße 6, 30159 Hannover E-Mail: info@kaus.net. Höhenmeter zu erklimmen, um die Nordkante des Grand Canyons auf 2515 Metern Höhe zu erreichen.

Die ersten elf Kilometer bis zum „Cottonwood Campground“sind ein Wandergenu­ss. Der gut befestigte Weg führt schattig und sanft aufwärts. Nach und nach weitet sich die enge Schlucht, und der rot gefärbte Kalkstein verdrängt den grauschwar­zen Schiefer. Höhepunkt kurz vor dem Campingpla­tz sind die Ribbons Falls, Wasserfäll­e, die wie ein Vorhang vor einer bemoosten Felswand herabstürz­en. Sie liegen einen halben Kilometer abseits des Wanderwege­s.

Auf dem Campingpla­tz lässt sich gut rasten, dort können Wanderer auch ihre Wasservorr­äte auffüllen. Das ist nötig. Denn der zweite Teil der Strecke fühlt sich an wie elf Kilometer Treppen steigen, teils auf schmalen Wegen und entlang steil aufragende­r Canyonwänd­e.

Von dort sind es noch 1300 Höhenmeter zum Ziel. Allein auf den letzten beiden Meilen vom Supai Tunnel aus, der letzten kleinen Oase mit Wasserstel­le zum Rasten, müssen 450 Höhenmeter bewältigt werden. Jede der gefühlt 100 Kehren bis zum sogenannte­n Trailhead ganz oben sieht gleich aus. Das Laufen auf dem sandigen Weg ist beschwerli­ch. Frust und Freude. Doch nach mehr als zehn Stunden ist es geschafft.

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 ?? DPA-BILD: JOEL GRIMES ?? Aussichtsp­unkt am Grand Canyon: Wer die Schlucht mit allen Sinnen erleben will, wandert hindurch.
DPA-BILD: JOEL GRIMES Aussichtsp­unkt am Grand Canyon: Wer die Schlucht mit allen Sinnen erleben will, wandert hindurch.

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