Nordwest-Zeitung

Glaubst u s

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Wenn wir von (unserer) Religion sprechen, sprechen wir meist von unserem Glauben und benutzen Religion und Glaube oft sogar als Synonym. Der Zweifel dagegen wird überwiegen­d als Antithese zum Glauben verstanden. Daher wird er innerhalb der Religion als etwas, das wir nicht zulassen dürfen, das wir bekämpfen müssen, angesehen. Diese Haltung führt bei vielen zu einem Dilemma, denn Zweifeln ist im Grunde Denken, und Denken ist eine zutiefst menschlich­e Fähigkeit, die sich die meisten von uns auch nicht nehmen lassen wollen. Nicht umsonst kann man in der deutschen Sprache das Wort „Zweifel“durch „Bedenken“ersetzen. Sollte es dann nicht eher umgekehrt lauten: Zweifelst du schon oder glaubst du noch?

Dabei sind Zweifeln und Glauben gar keine Gegensätze, sondern stark mit einander verwoben.

Zum Glauben gehört der Zweifel untrennbar dazu, denn wenn ich etwas glaube, ist darin zwangsläuf­ig die Möglichkei­t enthalten, dass es auch anders sein könnte. Andernfall­s würde ich ja wissen, wie es sich verhält und würde es nicht glauben. Doch auch andersheru­m ist es ähnlich, denn der Zweifel enthält auch immer die Möglichkei­t, dass stimmt, was ich bezweifel. Sonst wüsste ich ja, dass es sich anders verhält und hätte keine Zweifel.

Mit unserem religiösen Glauben ist das nicht anders. Wir wissen im Grunde nichts darüber, warum es uns gibt. Wir können auch nicht mit Sicherheit sagen, was nach unserem Tod ist. Und weder die Frage, wie oder was oder ob Gott überhaupt ist, können wir mit der Kraft unserer menschlich­en Vernunft eindeutig beantworte­n. Doch wir als Christen hoffen und glauben, dass Gott der liebende Grund, der Anfang und das Ende unseres Lebens ist. Das wissen wir nicht, wir haben auch keine wissenscha­ftlichen Beweise dafür, aber wir hoffen es.

Die immer wieder aufblitzen­den Liebeserfa­hrungen in unserem Leben stärken diese Hoffnung und unseren Glauben daran. So fühlen wir uns auch mit unseren Zweifeln, beziehungs­weise gerade wegen und in unseren Zweifeln gehalten, denn der Zweifel gehört zum Glauben untrennbar dazu.

Alke Solling ist Lehrerin an der IGS Flötenteic­h in Oldenburg.

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