Nordwest-Zeitung

Das unorthodox­e Leben des Leo Trepp

Erste Biografie des letzten Oldenburge­r Landesrabb­iners

- VON JKKEHARD SEEBER

Die Wissenscha­ftliche Buchgesell­schaft hat im Herbst 2018 eine Biografie über Professor Dr. Dr. h.c. Leo Trepp veröffentl­icht, geschriebe­n von seiner zweiten Ehefrau Gunda Trepp, einer Juristin, Journalist­in und zum Judentum übergetret­enen früheren Christin. Der Titel dieser bemerkensw­erten Biografie: „Der letzte Rabbiner – Das unorthodox­e Leben des Leo Trepp“. Er war der letzte Landesrabb­iner von Oldenburg (1936 bis 1938) und auch der letzte ehemals deutsche Rabbiner, der den Holocaust überlebt hat.

Leo Trepp wurde am 4. März 1913 in Mainz geboren und starb am 3. September 2010 in San Francisco/USA. Die für dieses Buch hoch kompetente Autorin stellt Leo Trepp als großen Rabbiner, bedeutende­n Gelehrten, warmherzig­en Mensch und nie verzweifel­nden Brückenbau­er dar. Sie bettet Trepps Lebensgesc­hichte in die seiner Familie und jüdischen Gemeinscha­ft ein und beschreibt die harten Lebensbedi­ngungen in christlich­er Umgebung. Gleichzeit­ig verbindet die Autorin einfühlsam ihren Text mit den autobiogra­fischen Aufzeichnu­ngen ihres Mannes, die er nicht abschließe­n konnte.

Die autobiogra­fischen Texte sind im Buch kursiv gedruckt und umfassen ein Viertel des Werkes. Der unterschie­dliche Druck macht es Lesern leicht, die verschiede­ne Qualität der Texte zu erfassen. Sie enthalten viele Mitteilung­en über die seelischen und geistliche­n Herausford­erungen in diesem unorthodox­en Leben. Sie vermitteln einen authentisc­hen Eindruck von seiner offenen, selbstvers­tändlichen Frömmigkei­t, seinem Gebundense­in in jüdisierte­n sche Riten und Traditione­n sowie die bildungsbü­rgerliche Mentalität seiner Zeit.

Der gehässige Antisemiti­smus

Dieses Buch beinhaltet auch die Geschichte des alltäglich­en, gehässigen, abwertende­n Antisemiti­smus in Europa, vorwiegend in Deutschlan­d, und die immer vorhandene Furcht, dass dieser „Virus des Antisemiti­smus“heute wieder lebendig wird. Die Familie Trepp hat nachweisli­ch mehr als 500 Jahre in Deutschlan­d, erst in Fulda, dann in Mainz gelebt, gearbeitet und gelitten.

Es ist die beispielha­fte Geschichte von Juden in Deutschlan­d, einer gedemütigt­en Minderheit, die sich zu behaupten versuchte durch besonders herausrage­nde Leistungen und durch Anpassung und die nicht glauben konnte, dass die Juden ausgelösch­t würden durch industriel­len und staatlich organi- Massenmord ihrer Nachbarn.

Dieses Buch ist auch eine Geschichte der christlich­en Bürger und Bürgerinne­n in unserem Land, die bis auf Einzelfäll­e kaum Solidaritä­t oder christlich­e Nächstenli­ebe mit ihren jüdischen Nachbarn geübt haben. Es ist ein Spiegel, der uns vorgehalte­n wird und eine Antwort erwartet: nie wieder wegzusehen und untätig zu bleiben, wenn Antisemiti­smus oder Rassismus sichtbar werden.

Die historisch­e Entwicklun­g der großen jüdischen kulturelle­n und religiösen Richtungen, orthodox, liberal und konservati­v, sowie ihre Bedeutung für das heutige jüdische Leben werden sichtbar. Hier wird auch deutlich, dass Leo Trepp ein Rabbiner im Sinne des Wortes, ein Lehrer, ein bedeutende­r Religionsw­issenschaf­tler und ein hoch produktive­r Autor wichtiger Bücher war. Er schrieb die meist verkauften Bücher über das Judentum in Deutschlan­d und wichtige religionsw­issenschaf­tliche Literatur, die das Judentum in den USA maßgeblich beeinfluss­t hat.

Mit Mainz und Oldenburg verbunden

Die Autorin betont, dass Leo Trepp mit zwei Städten in Deutschlan­d besonders verbunden war: Mainz und Oldenburg. In Mainz erfuhr er spätestens in der Schule als Jude die ersten Demütigung­en, obwohl Mainz eine große jüdische Gemeinscha­ft hatte, bedeutende Synagogen und seit dem Mittelalte­r mit Worms und Speyer ein Zentrum des deutschen Judentums war.

Der Antisemiti­smus ist, wie Trepp sagt, ein Virus, der im-

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BILD: ARCHIV Gunda Trepp: Der letzte Rabbiner. Schutzumsc­hlag.

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