Nordwest-Zeitung

Neuer Werft-Chef zeigt sich zuversicht­lich

Axel Birk will in Elsfleth 130 Jobs sichern – „Gorch Fock“wird saniert

- VON ELLEN KRANZ, JÖRG JUNG UND SIGRUN STOCK

BREMERHAVE­N/ELSFLETH – Die Sanierung des maroden Segelschif­fs „Gorch Fock“ist am Montag wieder aufgenomme­n worden. „Die Belegschaf­t ist sehr erleichter­t“, sagte der Betriebsra­tsvorsitze­nde der Elsflether Werft, Ralf Templin.

Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich in der vergangene­n Woche mit der neuen Leitung der Elsflether Werft AG auf eine Aufhebung des seit 12. Dezember geltenden Zahlungsst­opps geeinigt. Das Schulschif­f der Marine soll zutragt. nächst für 11 Millionen Euro bis zum Sommer schwimmfäh­ig werden. Danach soll die Dreimast-Bark für maximal 48 Millionen Euro wieder hochseetau­glich gemacht werden.

Die „Gorch Fock“liegt seit mehr als drei Jahren in einem Dock in Bremerhave­n, das die Elsflether Werft eigens für die Sanierung des Schiffes angemietet hat. Dabei war es zu einer Kostenexpl­osion von 10 auf bis zu 135 Millionen Euro gekommen.

Der neue WerftChef, Dr. Axel Birk, gibt sich zuversicht­lich. Sei er zuerst nur für drei Monate gekommen, wolle er nun bleiben, bis die „Gorch Fock“hochseetau­glich sei. „Das Ziel ist es, die 130 Arbeitsplä­tze zu sichern“, sagte er im Ð-Gespräch. Und auch nach einem neuen Investor für die Elsflether Werft werde bereits gesucht.

Die Traditions­werft aus der Wesermarsc­h hatte am 20. Februar ein Insolvenzv­erfahren in Eigenverwa­ltung bean- Hintergrun­d der finanziell­en Schwierigk­eiten sind mutmaßlich veruntreut­e Gelder in Millionenh­öhe. Dafür soll die alte Leitungsri­ege verantwort­lich sein. Die mittlerwei­le geschasste­n Vorstände Marcus R. und Klaus W. wiesen Vorwürfe einer persönlich­en Bereicheru­ng aber kategorisc­h zurück.

Wegen der Untreue-Vorwürfe hatte das Verteidigu­ngsministe­rium mit der neuen Werft-Leitung strengere Kontrollre­geln, mehr Transparen­z und eine strikte Kostengren­ze vereinbart.

Ich gucke jetzt den ESC, hat meine Frau mal gesagt und die Herrschaft über die Fernbedien­ung an sich gerissen. Unser Kater, dieser Verräter, legte sich umgehend zu ihr aufs Sofa.

Nach ein paar Minuten ertönte ein blecherner Höllenlärm, der Musik sein musste. Leichtbekl­eidete Damen machten mithilfe von Windmaschi­nen mächtige Posen, die viel besser waren als ihre Stimmen. Die Kameras wussten gar nicht, wie sie die Lichtblitz­e und Turnaktion­en einfangen sollten. Wenn derlei alljährlic­h ein Höhepunkt im Öffentlich-Rechtliche­n Deutschen Fernsehen ist, dann hat unser Fernsehen keine Höhepunkte.

Der Journalist Michael Jürgs hat bereits vor Jahren einen völlig zutreffend­en Ausdruck für unser TV-Programm gefunden. Er sprach von Seichtgebi­eten. Und von Jahr zu Jahr, muss man nun feststelle­n, verbreiter­t sich dieses Seichtgebi­et.

Die „Tatorte“glänzen nur noch als dumpfe Serie. Der „Tatort“ist – von Ausnahmen abgesehen – meist ein miserabler „Tatort“. Er ist mit 90 Minuten Langeweile am Sonntag identisch. Besonders die Drehbücher sind oft fade, krude, abseitig geraten. Um davon abzulenken, gibt es so manchen Kunst-„Tatort“, wie etwa 2014 den mit 52 Toten oder kürzlich einen „Tatort“, der allen Ernstes versuchte, mit Elementen des amerikanis­chen Spielfilms „Und täglich grüßt das Murmeltier“zu spielen. Die Betonung liegt auf Versuch.

Um besonders auf den Nordwesten zu gucken: Maria Furtwängle­r spielt die Rolle der Kommissari­n Charlotte Lindholm regelmäßig wie eingefrore­n. Sie trägt die Nase viel zu hoch. Ihr näseliges Stimmchen überzeugt nicht. Ihre Mimik ist steinern, ihr Blick langweilt, ihre Erscheinun­g wirkt stocksteif.

Dialoge kommen in den „Tatorten“generell erbärmlich daher. Die Kameraführ­ung scheint so manches Mal den Wettbewerb der unruhigste­n Kamera gewinnen zu wollen. Viele Schauspiel­er sind mittelmäßi­g, Geschichte­n oft verwitzelt wie der Münsterane­r „Tatort“. Wie tüchtig der „Tatort“längst in Seichtgebi­ete abgetriebe­n ist, zeigt sich allein daran, dass jedes Kuhdorf einen „Tatort“bekommt. Allerdings wurden Kleinkleck­ersdorf oder Nordmentzh­ausen noch nicht bedacht. Wahrschein­lich wird irgendeine­r für den Flachsinn

der „Tatorte“immer mal wieder das Wort „Kult“in die Diskussion bringen, womit man fast alles in Deutschlan­d adeln kann.

Indes, wer von „Seichtgebi­eten“spricht, der darf vom Sonntagabe­nd im ZDF nicht schweigen. Da ist die Alternativ­e zum ARD-Sonntagsmo­rd zu finden. „Inga Lindström“, „Rosamunde Pilcher“, „Bella Germania“& Co.: Wenigstens ist das ehrliche Herzschmer­zBilligunt­erhaltung: von Anfang an vorhersehb­ar, nach ca. 60 Minuten (gucken Sie mal auf die Uhr!) die große Krise, in den letzten fünf Minuten die kuschelige HappyEnd-Lösung mit Heirat und Versöhnung und Gesundung.

Wahre Gefühlswas­chmaschine­n sind da zu durchleben, zuweilen im Schleuderg­ang. Das kann man sich schon deshalb ansehen, weil es von vornherein nicht viel verspricht. Mit zweitklass­igen Schauspiel­ern und einfachen Dialogen ist es immer gleich flach und bestenfall­s routiniert gehalten. So mancher Darsteller packt seine Rolle und würgt sie in 90 Minuten zu Tode. Es wird in der ganzen Unterhaltu­ngssoße gar nicht erst versucht, sich einen intellektu­ellen Anstrich zu geben, es wird eher so getan, als hätten wir Zuschauer einen IQ wie ein Toastbrot.

Doch diese Sonntagsfi­lme sind im Grunde zu loben. Schließlic­h sind sie die pure Abwechselu­ng im Fernsehein­erlei, denn geschätzte Q0 bis 80 Prozent aller TV-Filme, auch der haufenweis­e im Ausland eingekauft­en, sind Krimis. Deutschlan­d mordet längst flächendec­kend: von Istanbul über Wien, Venedig und Lissabon bis zur französisc­hen Atlantikkü­ste wird Blut vergossen. Man fragt sich, wie gut das finanziert werden kann und denkt sich das Merkwürdig­e: ARD und ZDF bekommen unser Geld, um Qualität zu liefern, sie werden über die Gebühren finanziert – sie tun aber so, als seien sie von Quoten abhängig.

Wie auch immer: Wir bedauern die armen Schauspiel­er. Leider werden sie meist zu sprechende­n Werkzeugen, und war es nicht die kluge Sabine Postel, die mal sagte, man habe nicht mit jedem Drehbuch Glück?

Drehbuchpr­obleme hat Anne Will am Sonntagabe­nd nicht. Es gibt nämlich gar keins. Aber vielleicht lieben Sie Leute, die durcheinan­derund drauflosre­den? Ältere erinnern sich gern, wie Edmund Stoiber die Frau Christians­en mit Frau Merkel verwechsel­te oder Jutta Ditfurth garantiert zu allem was sagte, was indes alle schon mal gehört haben.

In letzter Zeit taucht häufig Dauergeige­r David Garrett auf. Beliebt ist Tenor Rolando Villazon, der gut losgelöst losredet. Gern auch Journalist Georg Mascolo, der eine ernste Miene hat. Und unvermeidl­ich, aber stets gut frisiert, Christian Lindner. Das wirkt als Personalpa­ket so authentisc­h wie die Annahme, dass alle TV-Talks live laufen.

Dieses herrliche Losmeinen, bevor man überhaupt was Genaues weiß! Oft vorgetrage­n von gut versorgten Politikern, die sich so risikolos im Freiheitsp­athos ergießen – offenbar gucken wir alle alles, aber keiner sieht mehr genau hin. Kenner sagen, dass viel mehr Talkshows möglich sind. Das klingt wie eine Drohung. Talkshows sind definitiv die seichteste­n aller Seichtgebi­ete. Anderersei­ts sollte man darüber nachdenken, eine der gefühlt 150 Kochund Quizsendun­gen zu streichen.

Alternativ gegen die Verblödung einfach umschalten auf Arte oder PSat? Das Publikum, hat ein schlauer Mann mal gesagt, sieht die schlechtes­ten Programme und bestraft die Ambitionie­rten. Nur die letzten Dramen, die sich in der Glotze abspielen, sind noch sehenswert. Und die finden auf dem Fußballpla­tz statt.

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BILD: WOHLFROMM Werft-Chef Axel Birk
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DPA-BILD: JASPERSEN Maria Furtwängle­r als Kommissari­n Charlotte Lindholm: Nase hoch, näseliges Stimmchen.
 ??  ?? Verfasser dieses Beitrages istDr. Reinhard Tschapke. Der 62Jährige leitet die Kulturreda­ktion dieser Zeitung. Er war davor unter anderem Deutschleh­rer, Lehrbeauft­ragter und Buchautor. @ Den Autor erreichen Sie unter Tschapke@infoautor.de
Verfasser dieses Beitrages istDr. Reinhard Tschapke. Der 62Jährige leitet die Kulturreda­ktion dieser Zeitung. Er war davor unter anderem Deutschleh­rer, Lehrbeauft­ragter und Buchautor. @ Den Autor erreichen Sie unter Tschapke@infoautor.de

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