Nordwest-Zeitung

„Die Probleme werden bleiben“

- VON SABRINA WENDT

Konatelang wurde hinter vorgehalte­ner Hand über eine mögliche Fusion der beiden deutschen Geldhäuser Deutsche Bank und Commerzban­k gesprochen – nun wurde dieser Wunsch auch offiziell kommunizie­rt.

Prof. Dr. Stefan Janßen, Bankenexpe­rte von der Jade Hochschule in Wilhelmsha­ven, hält eine Fusion für einen großen Fehler. „Dabei wird aus zwei schwachen Großbanken bestenfall­s ein Scheinries­e. Die Fusion wäre weder für die beiden Institute gut, noch für Deutschlan­d. Im Ergebnis haben wir dann ein Institut, das eigentlich aus Deutscher Bank, Commerzban­k, Dresdner Bank und Postbank besteht, allerdings gut die Hälfte dieser Häuser weggeschru­mpft hat und gleichzeit­ig noch immer an der Komplexitä­t dieser Funktionen knabbert“, sagte er.

Prof. Dr. Jörg Prokop, Bankenexpe­rte von der Universitä­t Oldenburg, erklärte: „Ob eine Fusion für die beiden Institute aus betriebswi­rtschaftli­cher Sicht tatsächlic­h Sinn ergibt, lässt sich zurzeit von außen kaum beurteilen. Dafür müsste man genauer wissen, welche Ziele mit dem Zusammensc­hluss verfolgt werden sollen und wie die Umsetzung im Detail erfolgen kann. Sicherlich gibt es gewisse Synergiepo­tenziale, aber eine Fusion ist immer auch ein aufwendige­r und höchst komplexer Prozess.“

Janßen sieht es ähnlich: „Komplizier­te Unternehme­nsstruktur­en, unterschie­dliche Unternehme­nskulturen und eine Vielzahl von Mitarbeite­rn mit sich dann überschnei­denden Aufgaben müssen zusammenge­führt werden. Beide Häuser müssten in beträchtli­chem Ausmaß Stellen abbauen, um Synergieef­fekte zu realisiere­n. Das führt zu großer Unruhe bei Mitarbeite­rn und Kunden. So würde es in Oldenburg sicherlich nicht länger die Filialen der Deutschen Bank und der Commerzban­k geben, sondern eine davon müsste schließen. Der Fokus auf die Kunden wird zunächst verloren gehen, weil die Banken sich mit sich selbst beschäftig­en.“Außerdem bekämen die Banken durch die Fusion kein neues Eigenkapit­al, sondern sie legen nur ihr bestehende­s Eigenkapit­al zusammen.

Nach Bilanzsumm­e wäre ein fusioniert­es Institut vermutlich eines der zehn bis zwölf größten weltweit, erklärte Prokop. „Vorteile einer Fusion mögen manche darin sehen, dass sie die Möglichkei­t bietet, bestehende Unternehme­nsstruktur­en und -strategien konsequent­er zu reformiere­n, als dies den beiden Instituten ohne Fusion von innen heraus möglich wäre“, erklärte Prokop. Ob sich der Aufwand auch vor dem Hintergrun­d der ungewissen Erfolgsaus­sichten lohnt, bleibe abzuwarten. Eines ist für Janßen schon sicher: „Für das neue Institut gibt es natürlich einen großen Vorteil. Es wäre so groß, so wichtig und so schwer zu ersetzen, dass es in der nächsten Krise mit einer Rettung durch Steuergeld­er rechnen kann.“

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