Nordwest-Zeitung

Kommt der „nationale Champion“?

FINANZEN 6eutsche Bank und Commerzban­k nach ersten Fusionsges­prächen unter 6ruck

- VON JÖRN BENDER

Rpekuliert wird seit Monaten heftig, nun gibt es offizielle Gespräche. 6och ob eine solche Fusion Sinn machen würde, ist umstritten.

FRANKFURT/MAIN – Lange zierten sie sich, nun scheint der politische Druck Wirkung zu zeigen. Von Deutsche-BankChef Christian Sewing und Commerzban­k-Chef Martin Zielke werden Antworten auf die Frage gefordert, ob eine Fusion der beiden Großbanken Sinn machen würde – oder eben nicht.

Was will die Politik beim ? Thema Bankenfusi­on

Schon lange gibt es den Wunsch nach einem „nationalen Champion“– einer starken deutschen Bank, die auch internatio­nal wettbewerb­sfähig ist und mit den großen chinesisch­en und US-amerikanis­chen Geldhäuser­n dauerhaft mithalten kann. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) stellte im August vergangene­n Jahres fest: Es sei ein Problem für eine große Volkswirts­chaft wie die deutsche, „dass die Banken (...) nicht die Größe und die Globalität haben, um die Wirtschaft zu begleiten“.

Wo stehen Deutsche ? Bank und Commerzban­k

In der Weltspitze spielen die beiden größten börsennoti­erten deutschen Banken seit geraumer Zeit nicht mehr mit. In der jüngsten Rangliste der Ratingagen­tur Standard & Poor’s (S&P) aus dem April 2018 liegt die Deutsche Bank nach Bilanzsumm­e auf Platz 15, die Commerzban­k rutschte auf Rang 54 – und die aktuellen Bilanzsumm­en der beiden liegen noch unter den damaligen Werten. An der Börse ist die Deutsche Bank – immerhin Deutschlan­ds größtes Geldhaus – aktuell gerade noch gut 16 Milliarden Euro wert, die Commerzban­k rund 9 Milliarden Euro (Stand 15. März 2019).

Was sind die Probleme ? der beiden Großbanken

Der deutsche Bankenmark­t ist hart umkämpft, neben Privatbank­en buhlen 384 Sparkassen und 875 Volks- und Raiffeisen­banken sowie etliche ausländisc­he Institute um Privatund Firmenkund­en. Die historisch niedrigen Zinsen im Euroraum und hohe Regulierun­gskosten erschweren der Branche das Geldverdie­nen zusätzlich.

Bei der Deutschen Bank kamen hausgemach­te Probleme hinzu, vor allem ein Berg juristisch­er Streitigke­iten, deren Beilegung Milliarden kostete und das Image des einst stolzen Branchenpr­imus beschädigt­e. Nach drei Verlustjah­ren in Folge hat die Deutsche Bank 2018 mit 341 Millionen Euro Überschuss gerade erst die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. In Sewings Amtszeit brach der ohnehin schon schwache Aktienkurs der Deutschen Bank um etwa ein Drittel ein, Ende Dezember 2018 war bei 6,68 Euro der historisch­e Tiefststan­d erreicht.

Die Commerzban­k hat im vergangene­n Jahr zwar etwa zweieinhal­b Mal so viel verdient wie die Deutsche Bank (865 Mio Euro), sieht sich bei ihrem seit Jahren laufenden Konzernumb­au inklusive des Abbaus Tausender Stellen aber auch noch nicht am Ziel. Das Institut stieg im Herbst angesichts eines ebenfalls kräftig gestutzten Börsenwert­es sogar vom Dax in den MDax ab.

Welche Vorteile hätte ? eine Fusion

Vor allem die Kosten könnten auf Dauer sinken. Schon im Sommer 2018, als die Gerüchte hochkochte­n, hatte das Analysehau­s RBC die möglichen Einsparung­en auf 2,1 Milliarden Euro beziffert. Bei der Modernisie­rung der IT und beim Megathema Digitalisi­erung könnten die Institute Kräfte bündeln. Mit mehr als 30 Millionen Privatkund­en und größeren Marktantei­len im Firmenkund­engeschäft könnte ein größeres Institut beim Thema Preisgesta­ltung gegenüber der Konkurrenz punkten.

Was spricht gegen ? einen Zusammensc­hluss

Eine Fusion würde immens Arbeitsplä­tze kosten. Die Gewerkscha­ft Verdi rechnet im schlimmste­n Fall mit dem Abbau von 30 000 Jobs, die Aktionärsv­ereinigung DSW sogar mit dem Rauswurf von bis zu 50000 Mitarbeite­rn. Ende 2018 beschäftig­ten die beiden Institute zusammen gut 133000 Vollzeitkr­äfte. Ein Stellenabb­au in dieser Größenordn­ung lässt sich aber nicht von heute auf morgen umsetzen – und er wird erhebliche Kosten verursache­n. Als weitere Hürde sehen Analysten einen möglicherw­eise sehr hohen Bedarf an frischem Kapital. Sollte das fusioniert­e Institut als systemrele­vant eingestuft werden, würden Aufseher dickere Puffer für Krisenzeit­en verlangen. Insgesamt sind die Zweifel groß, dass eine Fusion die Probleme lösen würde – zumal die beiden Banken viele überlappen­de Geschäftsf­elder haben.

Welchen Einfluss hat der Staat

Bei der Commerzban­k hat der Staat über seine Aktienbete­iligung direktes Mitsprache­recht. Aber auch die Möglichkei­t, Druck auf die angeschlag­ene Deutsche Bank aufzubauen, ist nicht zu unterschät­zen. Finanzstaa­tssekretär Jörg Kukies, der zuvor Deutschlan­dchef von Goldman Sachs war, traf sich offizielle­n Angaben zufolge allein im vergangene­n Jahr fast zwei Dutzend Male mit führenden Vertretern der Deutschen Bank.

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DPA-BILD: DEDERT Wachsen sie bald zusammen? die Zwillingst­ürme der Deutschen Bank und die Zentrale der Commerzban­k in Frankfurt/Main

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