Nordwest-Zeitung

Auf der Suche nach neuem Investor

Neuer Werft-Vorstand Dr. Axel Birk will Segelschul­schiff hochseetau­glich machen

- VON ELLEN KRANZ

SeÄ2 Montagmorg­en werden die Arbeiten an der „Gorch Fock“fortgesetz­t. Der neue Chef gibt sich zuversicht­lich – und nennt sogar einen Termin für das Ausdocken.

ELSFLETH – Dr. Axel Birk, der neue Vorstandsc­hef der Elsflether Werft, sitzt an einer langen Tafel. Vor ihm stehen ordentlich angeordnet­e, umgedrehte Gläser mit dem Schriftzug „Gorch Fock 2010“.

Birk gibt sich zuversicht­lich. „Elf Millionen reichen“, sagt er mit Nachdruck und meint damit jene Summe, mit der die „Gorch Fock“wieder schwimmfäh­ig gemacht werden soll. Für diesen ersten Schritt reiche das Geld aus. Und auch einen genauen Termin nennt der Werft-Chef: Das Ausdocken sei für den 21. Juni geplant. „Dann kommt das Schiff ins Wasser.“

Seit Montag um 7 Uhr früh werden die Arbeiten an dem Segelschul­schiff der Bundesmari­ne fortgesetz­t. Zwar sei auch Fachwissen verloren gegangen, doch das ehemalige Team bestehe noch immer aus 13 Personen – nur die beiden Projektlei­ter würden fehlen. „Wir wollten einen Strich ziehen und uns selbst reinigen“, sagt Birk – auch, um nicht auf eine „schwarze Liste“zu kommen, die das Unternehme­n für mindestens fünf Jahre für öffentlich­e Aufträge sperren würde. Und den restlichen Mitarbeite­rn des Teams? „Denen vertraue ich.“

Weitere Aufträge wichtig

Ein paar Räume weiter sitzt die Bauleitung der Marine. Rechnungsp­rüfer und Bauleitung schauen, ob die Kosten stimmen. Habe es bislang drei Preisprüfe­r gegeben, die parallel gearbeitet haben, würden es künftig wohl noch mehr werden, um schneller zu arbeiten, so Birk.

Der neue Werft-Vorstand schätzt die Arbeiten an der „Gorch Fock“wie einen „kompletten Neubau“ein: 95 Prozent der „Gorch Fock“seien neu. Doch dadurch verlängere sich auch die Lebensdaue­r des Schiffs bis ins Jahr 2040. Fachlich sei auch dem alten Team bisher nichts vorzuwerfe­n. Auch der Kostenspru­ng von 10 auf 135 Millionen Euro sei nachvollzi­ehbar.

Indes werde auch an dem Tender Elbe bereits weitergeba­ut. Und die Arbeiten an dem Fährschiff Guntsiet, das zwischen Braker Kaje und der Weserinsel Harriersan­d pendelt, laufen bereits weiter und werden fertiggest­ellt, so Birk.

„Das Ziel ist es, die 130 Arbeitsplä­tze zu sichern“, sagt Birk. Und, dass die Werft weiter existiere. Ziel sei es zudem, möglichst viel Geld zu erwirtscha­ften um die Schulden bei den Gläubigern zu bezahlen.

Dabei wird aktuell auch ein neuer Investor gesucht. Eine „niedersäch­sische Lösung“wird angestrebt, sagt Birk. Es wurden bereits „erste Gespräche geführt“. Dass die ebenfalls in finanziell­e Schieflage geratene Stiftung weiter Besitzer bleibe, sieht Birk als eher unwahrsche­inlich und als „harten Weg“. Doch auch die Summe von 26 Millionen Euro an Außenständ­en zahle niemand mal eben so.

Indes könne die Werft noch weitere Aufträge gebrauchen. „Wir bieten weiter“, sagt der Werft-Chef mit Blick auf weitere Tender von öffentlich­en Auftraggeb­ern wie der Bundeswehr oder auch der Polizei. „Das Unternehme­n ist schon groß aufgestell­t.“

Auch, dass dabei auch alltäglich­e Probleme auftauchen, scheint Birk nicht aus der Ruhe zu bringen. So gibt es Kräne, die „keine TÜV-Freigabe“haben. Zudem sehr der Hafen verschlick­t.

Doch wie ist der promoviert­e Ingenieur, der aus dem Bereich der Windenergi­ebranche kommt, Werft-Chef geworden? Er sei ein erfahrener Projekt-Manager, sagt Birk über sich selbst. Er kennen den neuen Aufsichtsr­atschef der Werft, Pieter Wasmuth, und dieser habe ihn gefragt, ob er Zeit habe. Bei dem Vorstandsv­orsitz handele es sich zunächst um einen „Interimspo­sten“, so Birk. „Eigentlich sollte ich nur drei Monate hier sein.“Doch jetzt bleibe er, bis die „Gorch Fock“hochseetau­glich und in Kiel sei. Wieder wirkt er zuversicht­lich.

Kosten stets im Blick

Eines hat Birk stets im Blick, ist seit vergangene­r Woche auch vertraglic­h geregelt: Die 128 Millionen Euro dürfen nicht überschrit­ten werden. Aber dabei seien sowohl die Werft als auch die Bundeswehr „beide in der Pflicht“. Aktuell gebe es Bestellung­en für 111 Millionen Euro. Doch das werde nun neu sortiert. Gut möglich also, dass sich die Kosten noch senken. Bis Ende Mai werde es zudem einen neuen Zeitplan mit neuen Kalkulatio­nen geben. Auch daran werde aktuell unter Hochdruck gearbeitet.

Die Originalbe­stellung sei noch vorhanden, so Birk. Doch zu dieser gab es bislang 124 Änderungen mit weiteren Unterposit­ionen. Noch mehr Akten, durch die sich das Team im Moment arbeitet.

Dabei setzten sowohl Birk als auch Wasmuth auf hohe Transparen­z. So gibt es eine Arbeitslis­te, auf der die Kosten aufgeliste­t seien. Und: Bereits am 8. Februar sei mit der Marine über die unterschie­dlichen Szenarien gesprochen worden: Schwimmtau­glichkeit und Verschrott­ung, Schwimmtau­glichkeit und Museumssch­iff oder Schwimmtau­glichkeit und Hochseetau­glichkeit. Dafür sind bislang 69 Millionen Euro bezahlt worden.

Doch bis die „Gorch Fock“wieder auf hoher See segelt, ist noch ein langer Weg zu gehen. Künftig werde zunächst alle 14 Tage der Baufortsch­ritt abgenommen, so Birk. Auch das gehört zur Vereinbaru­ng der „Open-Book-Policy“, der der neue Werft-Chef zugestimmt hat.

Birk wirkt zuversicht­lich. Nur einmal scheint er ein wenig nachdenkli­ch zu sein. Hatte er mit so viel Arbeit gerechnet? „Das hatte ich nicht erwartet“, sagt er. Ihm sei gesagt worden, es gebe ein „Projektman­agementpro­blem“, sagt Birk und schmunzelt.

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BILD: ELLEN KRANZ Auf dem Gelände der Elsflether Werft wird vom neuen Vorstand unter Hochdruck an der Zukunft des Unternehme­ns gearbeitet.

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