Nordwest-Zeitung

SDigitale Medien als Chance begreifen“

Kultusmini­ster Grant Hendrik Tonne will Schulen -it -ürs moderne Lernen machen

- VON LARS LAUE, BÜRO HANNOVER

Der SPD-Politiker macht Damp- in Sachen Digitalisi­erung. In-ormatik könnte demnächst zum P-licht-ach werden.

FRAGE: Kerr Tonne, 30000 Euro soll jede Schule in Niedersach­sen aus dem Digitalpak­t Schule erhalten – worin sollen die Schulen das Geld konkret investiere­n?

TONNE: Es ist vorgesehen, grundsätzl­ich jede Schule im Rahmen des Förderverf­ahrens mit einem Sockelbetr­ag in Höhe von 30 000 Euro auszustatt­en. Auch hier sind bei Investitio­nen die Vorgaben des Digitalpak­ts zu beachten. Der Sockelbetr­ag soll garantiere­n, dass möglichst alle Schulen profitiere­n und keine Schule abgehängt wird. Hierauf aufbauend wird es weitere Gelder geben, da wird natürlich die Anzahl der Schülerinn­en und Schüler eine wichtige Rolle spielen. Zum neuen Schuljahr soll jeder Schulträge­r wissen, wie hoch die gesamte Fördersumm­e für jede seiner Schulen ist. Gefördert werden können vor allem schulische­s WLAN, interaktiv­e Tafeln, digitale Arbeitsger­äte für die technisch-naturwisse­nschaftlic­he Bildung oder die berufsbezo­gene Ausbildung, im begrenzten Maße auch schulgebun­dene mobile Endgeräte wie Tablets. FRAGE: Wie viel Geld bekommt Niedersach­sen insgesamt aus dem Digitalpak­t und wie ist die weitere digitale Förderung der rund 3000 Schulen geplant?

TONNE: Über den Digitalpak­t erhält Niedersach­sen 470 Millionen Euro. Hinzu kommt eine Eigenbetei­ligung von zehn Prozent, so dass damit rund 520 Millionen Euro in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen. Derzeit erarbeiten wir eine Förderrich­tlinie, auf deren Basis die Schulträge­r Anträge für ihre Schulen stellen. Die Förde- rungen dürfen auch nur basierend auf einem Medienentw­icklungsko­nzept ausgeschüt­tet werden. So wollen wir absichern, dass nicht einfach Technik angeschaff­t, sondern diese auch pädagogisc­h-didaktisch sinnvoll eingesetzt wird. Diese Voraussetz­ungen gelten für den Sockelbetr­ag ebenso, wie für weitere Mittel aus dem Digitalpak­t. FRAGE: Gibt es regionale Unterschie­de darin, wie weit die jeweiligen Schulen in puncto Digitalisi­erung sind? Oder sind beispielsw­eise weiterführ­ende Schulen generell weiter als Grundschul­en?

TONNE: Niedersach­sens Schulen sind vielfältig und unterschie­dlich, das gilt auch für den Einsatz digitaler Medien im Unterricht und die digitale Infrastruk­tur. Bisher hing vieles am jeweiligen Engagement der Schulträge­r, der Schulleitu­ngen und Lehrkräfte. Jetzt haben wir mit den Mitteln aus dem Digitalpak­t die Chance, alle Schulen zukunftsfä­hig aufzustell­en. Grundsätzl­ich spielt der Einsatz von digitalen Medien in Grundschul­en eine geringere Rolle als im weiterführ­enden Bereich. Das halte ich auch für richtig, denn in der Grundschul­e muss es zu allererst um die Kernkompet­enzen Lesen, Schreiben, Rechnen gehen. Aber auch hier wollen wir Medienbild­ung fördern. Gut aufgestell­t sind bereits viele berufsbild­ende Schulen. FRAGE: Wie sollen die Lehrer in die Lage versetzt werden, Schüler auf einen verantwort­ungsvollen Umgang mit der digitalen Welt vorzuberei­ten? Hilft ein Schul-Pflichtfac­h Informatik, wie es der Verband der niedersäch­sischen Gymnasiald­irektoren fordert? TONNE: Es ist völlig richtig, die Debatte nicht auf die Technik zu reduzieren. Es geht auch nicht um Ersatz, sondern um Ergänzung bewährter Lernformen. Der Einsatz zum Beispiel eines Tablets ist kein Wert an sich. Es geht darum, einen Mehrwert zu schaffen für das Wissen und die Kompetenze­n der Schülerinn­en und Schüler. Sei es mit Blick auf die Medienbild­ung – also die Kenntnisse über Chancen und Risiken digitaler Technik – oder sei es im jeweiligen Fachunterr­icht über das große Potenzial des individuel­len Lernens für Schülerinn­en und Schüler. Beides geht nur mit Lehrkräfte­n, die pädagogisc­h und didaktisch vorbereite­t sind. Jährlich nehmen bereits rund 20000 Lehrkräfte an Fort- und Weiterbild­ungen aus dem Feld der Medienbild­ung teil. Bei der Veranstalt­ung „Mobile Schule“an der Uni Oldenburg waren 1000 Lehrkräfte. Das zeigt: Das Interesse ist hoch, ebenso wie der Bedarf nach Schulung und Input. Ich halte zudem viel davon, Informatik zu stärken und perspektiv­isch nicht nur als Wahl-, sondern als Pflichtfac­h anzubieten.

FRAGE: Sie haben das Projekt „4ildung 50607 ins Leben gerufen8 Wie sieht aus Ihrer Sicht die 4ildung der 9ukunft in Niedersach­sen aus? Wann verlassen die :inder morgens nicht mehr mit Schulranze­n oder ;ucksack, sondern nur noch mit einem Tablet-<omputer das Haus?

TONNE: Das Projekt Bildung 2040 liegt mir so am Herzen, weil wir in der Tagespolit­ik meist ausschließ­lich eine Defizitdeb­atte führen, aber kaum eine Chancendeb­atte: Zu wenig Lehrkräfte, zu wenige Erzieher, zu viele Probleme! Diesen negativen Tenor zu durchbrech­en und Raum zum freien Denken über Bildung zu geben, ist das Ziel. Ich glaube, die Menschen haben sehr konkrete Vorstellun­gen und Visionen, wie in unseren Kindergärt­en und Schulen gelehrt und gelernt werden sollte in Zukunft. Ich werde diesem spannenden Prozess nicht im Ergebnis vorgreifen. Aber klar ist: Der Schulbesuc­h, das gemeinsame Lernen mit anderen Kindern und Jugendlich­en, das wird bleiben. So werden über das reine Wissen hinaus Tagesstruk­tur, Verantwort­ungsbewuss­tsein und soziale Kompetenz vermittelt. Punkte, die jetzt und in Zukunft wichtig bleiben, mit und ohne Tablet. Bildung 2040 bietet zudem die Möglichkei­t, das Lernen mit digitalen Medien als Chance zu begreifen und es zur Normalität in Schule werden zu lassen.

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DPA-BILD: STRATENSCH­ULTE Die Schulen in Deutschlan­d sollen vom Bund fünf Milliarden Euro für digitale Geräte und Lernprogra­mme in Schulen erhalten.

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