Nordwest-Zeitung

Vorwürfe gegen Sachverstä­ndigen

Schadensbe­rechnung im Wilhelmsha­vener Klinikskan­dal in der Kritik

- VON JÜRGEN WESTERHOFF

Die Angeklagte­n beteu: ern weiterhin, dass es ih: nen nicht um Geldver: schwendung ging. Nun rückt das Urteil näher.

OLDENBURG/WILHELMSHA­VEN – Der kommende Montag könnte in dem Prozess um die Ruhestands­regelung des früheren Wilhelmsha­vener Krankenhau­s-Geschäftsf­ührers Jörg Brost zum entscheide­nden Tag werden. Nach dem derzeitige­n Verhandlun­gsstand ist es durchaus möglich, dass dann sowohl Anklage als auch Verteidigu­ng die Schlussplä­doyers halten werden, sodass am Dienstag ein Urteil verkündet werden könnte.

In dem Prozess um den „goldenen Handschlag“geht es für die Angeklagte­n um viel. Dem ehemaligen Wilhelmsha­vener Oberbürger­meister Eberhard Menzel und dem Ex-Klinikmana­ger Brost sowie drei weiteren Ratsmitgli­edern wird Untreue in einem besonders schweren Fall vorgeworfe­n. Im Rahmen der angeklagte­n Ruhestands­absprache gestattete­n die städtische­n Aufsichtsg­remien dem an Krebs erkrankten Brost im Alter von 59 Jahren aus dem Arbeitspro­zess auszuschei­den. Das Krankenhau­s finanziert­e ihm aber weiterhin 75 Prozent seines bisherigen Einkommens, also 18000 Euro monatlich.

Ein Sachverstä­ndiger der Staatsanwa­ltschaft hatte einen Gesamtscha­den von knapp 2,8 Millionen Euro durch diese Vorgehensw­eise ermittelt. Der Schadenshö­he kommt bei einer möglichen Verurteilu­ng eine besondere Bedeutung zu, da sich der Strafrahme­n für besonders schwere Untreue zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Gefängnis bewegt. Für die beiden Hauptangek­lagten Brost und Menzel geht es wesentlich darum, mit dem Strafmaß in einem Rahmen zu bleiben, der es möglich macht, eine mögliche Haftstrafe zur Bewährung auszusetze­n. Bei einer Verurteilu­ng zu mehr als zwei Jahren Haft wäre das nicht mehr möglich.

Die Berechnung­en der Staatsanwa­ltschaft zur Schadenshö­he standen am Mittwoch im Mittelpunk­t der Verhandlun­g. Brost-Verteidige­r Jochen Bachmann übte heftige Kritik an der Arbeit des JOCHEN BACHMANN, VERTEIDIGE­R VON JÖRG BROST Sachverstä­ndigen. So seien Berechnung­en durchgefüh­rt worden, die den gesetzlich­en Regelungen nicht standhielt­en. Der Sachverstä­ndige habe nicht als Sachverstä­ndiger, sondern lediglich als Taschenrec­hnet gearbeitet.

Um zu verdeutlic­hen, dass es den Angeklagte­n nicht um Geldversch­wendung gegangen sei, sollen möglicherw­eise noch weitere Zeugen, darunter der jetzige Wilhelmsha­vener Oberbürger­meister, Andreas Wagner, gehört werden. Über diesen Antrag hat das Gericht nicht sofort entschiede­n.

Das kann aber bedeuten, dass der bisherige Zeitplan – Montag Plädoyers und Dienstag Urteil – nicht mehr zu halten wäre. Dann müssten nämliche neue Termine für weitere Zeugenbefr­agungen festgelegt werden. Es bleibt dabei: Montag kann ein entscheide­nder Tag in dem seit 2012 andauernde­n Verfahren werden.

„Weil der Sachverstä­ndige wie ein Taschenrec­hner gearbeitet hat, fischen wir alle jetzt im Trüben“

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