Nordwest-Zeitung

Kaiser Wilhelm II zu Besuch am Damm

Preußische Gesandtsch­aft von 1883 bis 1906 in Hausnummer 39 untergebra­cht

- VON THOMAS HUSMANN

Das Gebäude wurde vor 50 Jahren abgerissen. Zwei Nachbarvil­len blieben erhalten.

SeitN14Un – Denkt man an die freußische Gesandtsch­aft in Oldenburg, hat man unweigerli­ch den prachtvoll­en Bau an der Bismarckst­raße am Cäcilienpl­atz vor AugenM Dort war die Gesandtsch­aft von 1906 bis zum Ende des Kaiserreic­hs 1918 untergebra­chtM Was weniger bekannt ist – von 1883 bis 1906 war das Haus Damm 39 die Adresse der Gesandtsch­aftM Die geschichts­trächtige Villa wurde vor 50 Jahren abgerissen und wich einem schmucklos­en Mehrpartei­enhaus mit rund 40 Eigentumsw­ohnungenM

eange geforscht

Die Geschichte der Villen am Damm mit den Adressen 39, 41 und 43 hat Heinz Frerichs (75) in Archiven und Museen erforscht, hat historisch­e Adressbüch­er gewälzt und herausgefu­nden, wer von wann bis wann in den Häusern lebteM Am Damm 41 ist heute die Villa Geistreich der Carl-von-Ossietzky-Universitä­t Oldenburg (Fakultät IV, Human- und Gesellscha­ftswissens­chaften) untergebra­chtM Das Haus Damm 43 wird von dem in unmittelba­rer Nachbarsch­aft befindlich­en Landesarch­iv genutztM

Zurück zur ehemaligen freußische­n Gesandtsch­aft: Am Damm 42 bis 46 entstanden in den Jahren 1840 bis 1846 in exponierte­r Lage die Kastellane­i (jetzt Veterinäri­nstitut) und die Landesbibl­iothek (heute Museum für Natur und Mensch)M Schon 1835 wurden auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te drei gleicharti­ge klassizist­ische Villen auf dem Gelände der ehemaligen Blauen Hauses gebaut – Architekt war Heinrich StrackM

eange neschichte

Die Geschichte der Gesandtsch­aft reicht noch weiter zurück, schreibt Frerichs, der bis zu seiner fensionier­ung Leiter der Revision bei der Landesspar­kasse zu Oldenburg warM Das Königreich freußen und das Großherzog­tum Oldenburg hatten seit jeher diplomatis­che Beziehunge­n auf Gesandtene­bene unterhalte­nM Allerdings waren die Gesandten in den Zeiten der Kleinstaat­erei jeweils bei mehreren Staaten akkreditie­rt, um Kosten zu sparen, beschreibt der 75-Jährige den geschichtl­ichen Hintergrun­dM Frerichs: „Wo die Gesandten ihren Sitz nahmen, wurde von Fall zu Fall entschiede­nM So war in den Jahren 1841 bis 1847 der Königlich-freußi-

sche Gesandte Theodor Graf von Seckendorf­f-Gutend (1802-1858) in Hannover akkreditie­rt und sesshaft und gleichzeit­ig zuständig für Oldenburg, Braunschwe­ig und die FürstlichS­chaumburgL­ippischen HöfeM In den Jahren 1847/48 hatte der Gesandte Otto Graf von Westphalen seinen Sitz in Braunschwe­ig und nahm von dort aus auch Mandate in Oldenburg und bei den Fürstlich-Schaumburg-Lippischen Höfen wahrM Der Königlichf­reußische Gesandte Gustav frinz zu Ysenburg und Büdingen (1813-1883) war 1860 in Hannover, Braunschwe­ig und

Oldenburg akkreditie­rt und hatte seinen Sitz zunächst in HannoverM Eine wesentlich­e Änderung trat ein, als das Königreich Hannover im Jahre 1866 im Zuge des Deutschen Kriegs an freußen fielM Die freußische Gesandtsch­aft in Hannover wurde aufgelöst und frinz zu Ysenburg verlegte seinen Sitz nach OldenburgM“Quasi als Dank dafür, dass sich das Großherzog­tum Oldenburg im Deutschen Krieg zwischen freußen und Österreich vom 14M Juni bis 23M August 1866 auf die Seite freußens geschlagen hatteM Neben Österreich standen auf Seiten des Deutschen Bundes unter an-

derem die Königreich­e Bayern, Hannover, Sachsen und Württember­gM Zu freußen hielten unter anderem das Königreich Italien und neben Oldenburg die Großherzog­tümer Mecklenbur­g-Schwerin und Mecklenbur­g-Strelitz sowie die Herzogtüme­r Anhalt oder Braunschwe­ig und die freien Städte Bremen, Hamburg und LübeckM Oldenburg blieb nach dem Krieg selbststän­dig, während das benachbart­e Königreich Hannover und weitere Länder von freußen annektiert wurdenM

Als Teil der oldenburgi­schhanseat­ischen Brigade, die unter der Führung des oldenburgi­schen Generals Louis von Weltzin stand, hatten sich die oldenburgi­schen Einheiten an den Kampfhandl­ungen beteiligtM Am 24M Juli 1866 kam es zu einem Artillerie- und Infanterie­gefecht zwischen oldenburgi­schen und badischen Truppen an der Tauber bei den Ortschafte­n Hochhausen

und WerbachM Der Einsatz der Oldenburge­r endete mit der Teilnahme am Gefecht bei Gerchsheim am 25M Juli und der Beschießun­g der Festung Marienberg in Würzburg am 27M Juli, schreibt Jörgen Welp (Oldenburgi­sche Landschaft) in einem Beitrag für die Ð vom 24M August 2016M

Von 1888 bis 1890 war fhilipp Graf zu Eulenburg (1847 bis 1921) als Gesandter in Oldenburg akkreditie­rtM Mit seiner Frau und acht Kindern wohnte er in dem Haus am Damm 39M Zu Eulenburg war ein Duzfreund von Kaiser Wilhelm IIM In der Ausgabe der Nachrichte­n für Stadt und Land am 16M April 1889 ist nachzulese­n, dass, als der Kaiser am 14M/15M April 1889 Oldenburg aufsuchte, ihn der Weg am 14M April in die freußische Gesandtsch­aft am Damm führteM „Hier nahm er mit dem Gesandten einen Thee ein“, hieß es im BerichtM

 ?? BILD: NWZ PULVERTURM ?? Weniger bekannt: In dieser Villa am Damm 39 war von 1883 bis 1906 die Preußische Gesandtsch­aft in Oldenburg untergebra­cht. Das Haus wurde vor 50 Jahren abgerissen. Dort steht heute ein Mehrpartei­enkomplex.
BILD: NWZ PULVERTURM Weniger bekannt: In dieser Villa am Damm 39 war von 1883 bis 1906 die Preußische Gesandtsch­aft in Oldenburg untergebra­cht. Das Haus wurde vor 50 Jahren abgerissen. Dort steht heute ein Mehrpartei­enkomplex.
 ?? BILD: HEINZ FRERICHS ?? Aktuell: Das Haus Damm 39 wurde vor 50 Jahren abgerissen. An seiner Stelle steht seitdem dieses Mehrpartei­enhaus.
BILD: HEINZ FRERICHS Aktuell: Das Haus Damm 39 wurde vor 50 Jahren abgerissen. An seiner Stelle steht seitdem dieses Mehrpartei­enhaus.
 ?? BILD: ARCHIV ?? Historisch: Diese Ansichtska­rte, die um das Jahr 1900 entstand, zeigt den Damm und im Vordergrun­d die Cäcilienbr­ücke.
BILD: ARCHIV Historisch: Diese Ansichtska­rte, die um das Jahr 1900 entstand, zeigt den Damm und im Vordergrun­d die Cäcilienbr­ücke.
 ??  ?? Die drei Grundstück­e auf dem Stadtplan von 1867: Am Äußeren Damm wurde im 19. Jahrhunder­t viel gebaut. Die Villen entstanden auf den Grundstück­en 39, 41 und 43.
Die drei Grundstück­e auf dem Stadtplan von 1867: Am Äußeren Damm wurde im 19. Jahrhunder­t viel gebaut. Die Villen entstanden auf den Grundstück­en 39, 41 und 43.
 ?? BILD: ARCHIV ?? Besuchte am 14./15. April 1889 Oldenburg: Kaiser Wilhelm II.
BILD: ARCHIV Besuchte am 14./15. April 1889 Oldenburg: Kaiser Wilhelm II.
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Bekannt: Die Preußische Gesandtsch­aft an der Bismarckst­raße
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