Mängelliste 55 Seiten lang
Was der Rechnungshof jetzt vom Verteidigungsministerium fordert
Die Prüfer wollen die Instandsetzung künftig genau im Blick halten. Die Kosten sollen nicht weiter explodieren.
BERLIN/ELSFLETH/BREMERHAVEN – Das Urteil fällt vernichtend aus und deutet auf eklatante Fehler des Bundesverteidigungsministeriums im Fall des Segelschulschiffs „Gorch Fock“hin. Der Bundesrechnungshof hat am Freitag seinen 55-seitigen Abschlussbericht über die Prüfung der Instandsetzung des Dreimasters dem Haushaltsausschuss des Bundestages vorgelegt. Es listet zahlreiche Mängel auf und fordert umfassende Konsequenzen und strenge Kontrollen. Das als geheim eingestufte Papier liest sich wie eine Dokumentation des Versagens.
Der 1958 gebaute Dreimaster liegt seit 2016 in einem Trockendock in Bremerhaven, wo er von der Elsflether Werft repariert wird. Es gab dabei eine Kostenexplosion von 10 auf bis zu 135 Millionen Euro, wovon bisher 69 Millionen Euro bezahlt wurden. Die Sanierung wird von Ermittlungen wegen Korruption und Untreue überschattet. Nun ist in einer Vereinbarung mit der Werft vorgesehen, dass das Schiff für weitere 11 Millionen Euro bis zum Sommer schwimmfähig werden soll. Danach soll es für maximal 48 Millionen Euro wieder hochseetauglich gemacht werden.
Die Rechnungsprüfer listen nun einen Aufgabenkatalog für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und ihren Stab auf, um den Schaden in der Affäre zu begrenzen und weitere Fehlentwicklungen zu vermeiden: Externe maritime Experten sollen prüfen, ob die Qualität der bisherigen Arbeiten an dem Schiff ausreichen. Es soll nach der Sanierung eine 20-JahresGarantie für den Schiffsbetrieb geben. Eine erneute Prüfung der Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu einem Neubau wird gefordert. Schadenersatzforderungen an die Werft und umfassende Veränderungen bei den Abläufen im Ministerium werden angemahnt.
Der Bundesrechnungshof habe zudem gebeten, „zumindest sicherzustellen, dass die nun vereinbarte Kostenobergrenze auf keinen Fall überschritten wird“, heißt es in dem Bericht, der unserer Berliner Redaktion vorliegt. Das Bundesverteidigungsministerium habe dies zugesichert.
Die Vorwürfe der Rechnungsprüfer sind schwer: So habe die Bundeswehr die bisherige Instandhaltung der „Gorch Fock“nicht ausreichend dokumentiert und vor der Sanierung auch keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt. Damit habe die Basis für eine solide Planung gefehlt.
Man werde die Instandsetzung der „Gorch Fock“durch die Elsflether Werft auch in Zukunft „prüferisch begleiten“, heißt es jetzt im Bericht des Rechnungshofes. Es klingt wie eine Drohung.
Es ist ein Dokument des Versagens. Der Abschlussbericht des Bundesrechnungshofes über die Prüfung der Sanierung des Segelschulschiffs „Gorch Fock“liest sich wie ein einziger Mängelbericht. Die Rechnungsprüfer lassen keinen Zweifel daran, dass sie die Verantwortung für das Desaster, das die Steuerzahler Millionen kostet, bei der Führung des Bundesverteidigungsministeriums sehen. Der Erhalt des Dreimasters um jeden Preis wirft jede Menge Fragen auf.
Warum wurde mit der Sanierung begonnen, ohne dass Klarheit über Kosten und Wirtschaftlichkeit bestand? Wieso versagten da alle Kontrollmechanismen und dies offenbar wiederholt? Und hat eine Ministerin, die dies zulässt oder nicht bemerkt, die offenbar von ihrem eigenen Stab getäuscht worden ist, ihr Haus noch im Griff? Höchste Zeit, dass die Staatsanwaltschaft genauer hinschaut, ihre Ermittlungen ausweitet und nicht nur auf die dubiose, mit den Instandsetzungsarbeiten beauftragte Werft richtet. Der Wirtschaftskrimi entwickelt sich zu einer Polit-Affäre. Die Empfehlungen des Bundesrechnungshofes enthalten klare Ansagen: Bis hierher und nicht weiter!
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