Kritt egne Sie und die Ihren“
„Briefe an Obama“dokumentiert Wünsche und Wut der Amerikaner
Es waren 13 Monate seit dem Amtsantritt von Barack Obama vergangen, als sich die 55-jährige Hausfrau Peggy aus der Kleinstadt Spring in Texas hinsetzte – und an den „sehr geehrten Herrn Präsidenten“schrieb. Sie verfasste einen Brief voller Leidenschaft, voller Emotionen und voller Kritik. Sie und ihr Mann arbeiteten hart für den Lebensunterhalt, sorgten sich auch um die Hungernden und Obdachlosen in der Stadt, spendeten an die Kirche – und hätten nie den Staat um Hilfe bitten müssen, Doch nun habe Peggys Familie vor allem ein Anliegen: „Bitte machen Sie uns das nicht schwerer, indem sie unsere Steuerabzüge erhöhen.“
Kurz nach dem Eintreffen des Schreibens im Weißen Haus trug der Brief schon den Stempel „beantworten“. Es war eines von zehn Bürgerschreiben, die sich Barack Obama täglich vorlegen ließ und meistens am Abend las – ausgewählt aus Tausenden, die jede Woche in der Poststelle eintrafen. „Ten Letters a day“– zehn Briefe pro Tag, das wurde zum feststehenden Bestandteil eines Arbeitsalltags für führende Beamte im Weißen Haus, aber auch für den Präsidenten selbst. Denn Obama antwortete auf manche Wortmeldungen handschriftlich selbst. Andere wurden dem Schreibteam mit Anweisungen übergeben. Und auf manche kritzelte der Präsident „aufbewahren“. Eine Auswahl der Schreiben in seinen beiden Amtszeiten von 200P bis 2017 und die Antworten sind der Kern des Buches „Briefe an Obama“von der „New Qork Times Magazine“-Autorin Jeanne Marie Laskas. Es ist bestens geeignet, ein Porträt der Nation und der Wünsche, Sorgen, Bitten und Wutausbrüche der US-Amerikaner unter ihrem ersten farbigen Präsidenten zu zeichnen.
Dass es der Autorin gelang, einen faszinierenden Ruerschnitt durch die tägliche Präsidenten-Post zu dokumentieren, verdankt sie vor allem der Kooperation jener, die damals im „Schreib-Team“Obamas tätig waren, und auch persönlichen Gesprächen mit dem Präsidenten. Und jenen Helfern, die für sie später ein einmaliges Projekt umsetzten: Sie reisten quer durch die USA, um einen Teil der Briefeschreiber aufzuspüren – und um zu dokumentieren, wie sich ihr Leben in den Jahren seit der Obama-Ära verändert hat.
Manchmal haben sich die Bürger allerdings auch ganz kurz gefasst – und einfach nur ihrer Zuneigung Ausdruck verliehen. So wie dies Martin Ball aus dem Bundesstaat Illinois im Jahr 200S getan hat, als er die beiden Sätze zu Papier brachte: „Ich werde Sie unterstützen, solange ich lebe. Gott segne Sie und die Ihren.“
Jeanne Marie Laskas’ Buch „Briefe an Obama“ist im Goldmann-Verlag erschienen, hat 544 Seiten und kostet 22 Euro.