Nordwest-Zeitung

Ser"'e meistert Tanz auf politische­m Drahtseil

'ie der Ex-Werder-Star als Nationaltr­ainer von Israel arbeitet – Duell mit Heimatland Österreich

- VON THOMAS NIKLAUS

HAIFA – AiN Qottchen, die Politik. Da winkt Andreas Herzog lieber ab. „Wir haben schon mit sechs Juden und fünf Arabern in der Startelf gewonnen“, berichtet der Trainer der israelisch­en Fußball-Nationalma­nnschaft. Er kenne sich mit den unzähligen widerstrei­tenden politisch-religiösen Interessen „nicht so gut aus“, sagt der 50-Jährige. Zudem warte die Welt gewiss nicht auf seine Expertise – zumindest nicht zum Reizthema Nahostkonf­likt.

Herzog, der Österreich­er in Israel, der an diesem Sonntag (18 Uhr) mit Israel gegen Österreich

in der EM-Qualifikat­ion antritt, wäre auch in Tel Aviv gern einfach nur Fußballtra­iner. Doch so einfach ist das nicht. Denn hätte er im Spiel noch einen jüdischen gegen einen arabischen Profi ausgewechs­elt, sagt er, wäre es möglicherw­eise „zu Diskussion­en gekommen“.

Insofern ist seine Arbeit ein Tanz auf dem Drahtseil und ein politische­r Akt, weil der Fußball in Israel wie vieles andere politisch ist. Und somit auch jede Entscheidu­ng in ihm. Zudem gab es da noch etwas: Herzog höchstpers­önlich hatte 2001 mit seinem Freistoßto­r in der Nachspielz­eit Israels WM-Träume platzen lassen. „Wir werden mit Orangen und Steinen beworfen. Ein Geschossha­gel, jetzt ist eine Flasche explodiert“, kommentier­te damals die Reporterle­gende Hans Huber auf der Tribüne in Tel Aviv.

Willi Ruttenstei­ner, der ebenfalls österreich­ische Sportdirek­tor der Israelis, hat seinen „Spezl“trotzdem angelockt. „Das ist meine ultimative, meine allergrößt­e Herausford­erung“, sagt Herzog. Der langjährig­e Bundesliga­spieler von Werder Bremen ist in Israel inzwischen recht beliebt, Siege gegen Schottland und Albanien in der Nations League waren Achtungser­folge. Am Donnerstag gab es ein 1:1 gegen Slowenien. Dass er mehr muslimisch­e Spieler beruft, wird auch als Beitrag zur Verständig­ung angesehen.

Nun also: Österreich. Immer wieder. „Meine Heimat“, sagt Herzog. Doch auch da war ja mal was. Immer wieder. „Kein anderer Mensch ist so oft nicht österreich­ischer Teamchef geworden wie er“, schrieb die Zeitung „Der Standard“. Zuletzt 2017: Da war Herzog sicher, diesen Job, der ihm nach eigener Interpreta­tion zustand, endlich zu bekommen. Ihn bekam Franco Foda. Ein Deutscher. Auch das noch. Herzog platzte fast vor Wut. „Verarschen kann ich mich selber“, schimpfte er. Der Ärger sei nach zwei Tagen schon verraucht gewesen, sagte er heute.

Dennoch richten sich vor dem Duell in Haifa alle Augen auf Herzog. Den Rekordnati­onalspiele­r, der hinauszog, um in Österreich auch als Trainer anerkannt zu werden.

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DPA-BILD: DAVY Trainer in Israel: Andreas Herzog

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