Ser"'e meistert Tanz auf politischem Drahtseil
'ie der Ex-Werder-Star als Nationaltrainer von Israel arbeitet – Duell mit Heimatland Österreich
HAIFA – AiN Qottchen, die Politik. Da winkt Andreas Herzog lieber ab. „Wir haben schon mit sechs Juden und fünf Arabern in der Startelf gewonnen“, berichtet der Trainer der israelischen Fußball-Nationalmannschaft. Er kenne sich mit den unzähligen widerstreitenden politisch-religiösen Interessen „nicht so gut aus“, sagt der 50-Jährige. Zudem warte die Welt gewiss nicht auf seine Expertise – zumindest nicht zum Reizthema Nahostkonflikt.
Herzog, der Österreicher in Israel, der an diesem Sonntag (18 Uhr) mit Israel gegen Österreich
in der EM-Qualifikation antritt, wäre auch in Tel Aviv gern einfach nur Fußballtrainer. Doch so einfach ist das nicht. Denn hätte er im Spiel noch einen jüdischen gegen einen arabischen Profi ausgewechselt, sagt er, wäre es möglicherweise „zu Diskussionen gekommen“.
Insofern ist seine Arbeit ein Tanz auf dem Drahtseil und ein politischer Akt, weil der Fußball in Israel wie vieles andere politisch ist. Und somit auch jede Entscheidung in ihm. Zudem gab es da noch etwas: Herzog höchstpersönlich hatte 2001 mit seinem Freistoßtor in der Nachspielzeit Israels WM-Träume platzen lassen. „Wir werden mit Orangen und Steinen beworfen. Ein Geschosshagel, jetzt ist eine Flasche explodiert“, kommentierte damals die Reporterlegende Hans Huber auf der Tribüne in Tel Aviv.
Willi Ruttensteiner, der ebenfalls österreichische Sportdirektor der Israelis, hat seinen „Spezl“trotzdem angelockt. „Das ist meine ultimative, meine allergrößte Herausforderung“, sagt Herzog. Der langjährige Bundesligaspieler von Werder Bremen ist in Israel inzwischen recht beliebt, Siege gegen Schottland und Albanien in der Nations League waren Achtungserfolge. Am Donnerstag gab es ein 1:1 gegen Slowenien. Dass er mehr muslimische Spieler beruft, wird auch als Beitrag zur Verständigung angesehen.
Nun also: Österreich. Immer wieder. „Meine Heimat“, sagt Herzog. Doch auch da war ja mal was. Immer wieder. „Kein anderer Mensch ist so oft nicht österreichischer Teamchef geworden wie er“, schrieb die Zeitung „Der Standard“. Zuletzt 2017: Da war Herzog sicher, diesen Job, der ihm nach eigener Interpretation zustand, endlich zu bekommen. Ihn bekam Franco Foda. Ein Deutscher. Auch das noch. Herzog platzte fast vor Wut. „Verarschen kann ich mich selber“, schimpfte er. Der Ärger sei nach zwei Tagen schon verraucht gewesen, sagte er heute.
Dennoch richten sich vor dem Duell in Haifa alle Augen auf Herzog. Den Rekordnationalspieler, der hinauszog, um in Österreich auch als Trainer anerkannt zu werden.