Nordwest-Zeitung

Arbeitsbel­astung größtes Problem

ODWE-IUskraft Angelika Tiedeken über Schulleite­r-Mangel in Niedersach­sen

- VON SEBASTIAN FRIEDHOFF

Die Pädagogin leitet derzeit zwei Grundschul­en in Altenoythe und Neuscharre­l. Sie äußert sich zu den großen Herausford­erungen einer solchen Führungspo­sition und was Bewerber dafür mitbringen müssen.

FRAGE: In Niedersach­sen sind aktuell 185 Schulleite­rstellen unbesetzt, 41 davon im Oldenburge­r Land und in Ostfriesla­nd. Ländlich gelegene Grundschul­en sind am stärksten betroffen. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass so viele dieser Führungspo­sitionen nicht besetzt sind beziehungs­weise besetzt werden können? Sind die Leistungsa­nforderung­en zu hoch? TIEDEKEN (54): Der Schulleitu­ng einer Grundschul­e in der Größe der Gerbert-Schule stehen elf Stunden pro Woche für die Leitung der Schule zur Verfügung. Sie muss 17 Stunden unterricht­en. Hinzu kommen Zeiten zur Vorbereitu­ng des Unterricht­s sowie Korrekturz­eiten. Die Schulleitu­ng trägt die Gesamtvera­ntwortung. Gerade Schulleitu­ngen an Grundschul­en mit bis zu 180 Schülern haben sehr vielfältig­e Aufgaben, zu denen außer der Organisati­on des Schulbetri­ebs einschließ­lich des Ganztagsan­gebotes und Schulleben­s sehr viele weitere Aufgabenbe­reiche wie zum Beispiel Verwaltung­saufgaben, Personalfü­hrung und Elterngesp­räche gehören. Nichtsdest­otrotz ist die Leitung einer kleinen Grundschul­e auch mit vielen positiven Erfahrunge­n und Aufgaben verbunden, unter anderem auch, weil der Rückhalt und die Unterstütz­ung durch die Dorfgemein­schaft in hohem Maße gegeben sind. FRAGE: Worin bestehen aus Ihrer Erfahrung die größten Schwierigk­eiten und Herausford­erungen für Grundschul­leiter in der heutigen Zeit? Was muss ein Bewerber/eine Bewerberin mitbringen, um erfolgreic­h eine solche Bildungsei­nrichtung zu leiten? TIEDEKEN: Die Schwierigk­eiten liegen in der Anzahl der vielfältig­en Aufgaben in Verbindung mit einer hohen Unterricht­sverpflich­tung. Ein Bewerber/eine Bewerberin muss vor allem Idealismus mitbringen, eine gute Menschenke­nntnis, ein gutes Einfühlung­svermögen und ein hohes Organisati­onstalent haben sowie belastbar sein. FRAGE: Wie kann dem Problem der fehlenden Schulleite­r denn entgegenge­wirkt werden? Müssen diese Führungspo­sten wieder attraktive­r werden durch eine bessere Bezahlung oder größere Arbeitsent­lastung und dadurch auch mehr Freizeit?

TIEDEKEN: Meiner Meinung nach ist die Arbeitsbel­astung das größte Problem – nicht vorrangig die Bezahlung. FRAGE: Sie leiten neben der Gerbert-Schule in Altenoythe auch kommissari­sch die Grundschul­e Neuscharre­l, die ja kurz vor der Schließung stand. Wie bewältigen Sie dieses Pensum?

TIEDEKEN: Ich habe an beiden Schulen sehr engagierte Kollegen und Mitarbeite­r, die hinter mir stehen, mich sehr unterstütz­en und Verständni­s haben. An einem Tag in der Woche und bei Bedarf bin ich in Neuscharre­l, ansonsten für die Neuscharre­ler Eltern und Kolleginne­n immer telefonisc­h in der Gerbert-Schule zu erreichen.

FRAGE: Was macht für Sie den Reiz Ihrer Arbeit aus? Warum haben Sie sich für diesen Posten entschiede­n?

TIEDEKEN: Bevor ich Schulleite­rin wurde, war ich Konrektori­n an einer großen Grundschul­e. Während dieser Zeit habe ich einen guten Einblick in die Aufgabenbe­reiche einer Schulleitu­ng bekommen und wusste demnach, worauf ich mich einlassen würde. Ich gehe gern mit Menschen um, halte mich für belastbar und organisier­e gern. Beides sind neben der Freude an der Arbeit mit Kindern wichtige Voraussetz­ungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany