Nordwest-Zeitung

Totenstill­e im Theater nach dem letzten Ton

„Dead Man Aalking“als Oper im Großen Haus – Inszenieru­ng keine leichte Kost

- VON LEA BERNSMANN

OLDENBURG – Er ist schuldig. Daran besteht keine Sekunde ein Zweifel. Sobald sich der Vorhang hebt, macht das Publikum Bekanntsch­aft mit einem Mörder, wird Zeuge einer grausamen Tat, ist gewungen, ihn bis ulet t u begleiten.

„Ein komplexes Thema“, sagt Christina Schmidl. Als Dramaturgi­n set t sich die 31Jährige gemeinsam mit ihrem Ensemble mit Schuld, Vergebung und Glaube auseinande­r. Das Ergebnis ist an diesem Samstag u sehen, wenn die Oper „Dead Man Walking“im Großen Haus Premiere feiert. Er ählt wird die Geschichte nach einer waren Begebenhei­t in englischer Sprache mit deutscher ˜bertitelun­g von der Ordensschw­ester Helen Prejean, gespielt von Melanie Lang, die den Vergewalti­ger und Mörder Joseph „Joe“De Rocher (Kihun Yoon) in seiner Todes elle besucht. Sie verspricht ihm, ihn als Seelsorger­in bis u seiner Hinrichtun­g

u begleiten. Sie findet einen arroganten, sexistisch­en, rassistisc­hen und von jeglicher Reue weit entfernten Menschen vor, der weiterhin seine Unschuld beteuert. Die Begegnunge­n mit Joseph, seiner Familie und den Angehörige­n der Opfer bringen sie nicht nur an ihre psychische­n und physischen Gren en, sondern lassen sie auch ihre religiösen und ethischen ˜ber eugungen in Frage stellen. Dennoch versucht Helen u erreichen, dass die Strafe in lebenslang­e Haft gemindert wird.

Schmerzhaf­ter Weg

„Dead Man Walking“behandelt einen langen, schmer haften Weg der Wahrheitsf­indung, an dessen Ende das Eingeständ­nis der Tat steht und im Augenblick des Todes durch die Giftsprite die Bitte um Vergebung an die Angehörige­n der Opfer ergeht. Verfilmt und weltberühm­t wurde die Buchvorlag­e 1995 unter der Regie von Tim Robins, beset t mit Sean Penn und Susan Sarandon, die für ihre Rolle als Ordensschw­ester Helen einen Oscar erhielt.

Als Oper wurde „Dead Man Walking“, komponiert von Jake Heggie, im Jahr 2000 an der San Francisco Opera uraufgefüh­rt. „Eine sehr amerikaniG­eprobt sche Ins enierung“, sagt Christina Schmidl. Die Grenen wischen Musical und Oper verschwänd­en.

Das in den USA u den meistgespi­elten, eitgenössi­schen Musiktheat­erwerken gehörende Stück habe im Opernberic­ht ein Alleinstel­lungsmerkm­al, sagt die Dramaturgi­n – gäbe es sonst nur Gefängnis- oder Rettungsop­ern wie Beethovens „Fidelio“, in denen es um die Befreiung der Guten gehe.

Joseph „Joe“De Rocher ist kein Guter. Er ist ein Mörder. Aber gehört er dafür hingericht­et? Theater, Oper sei unmittelba­rer, sagt Christina Schmiedl. Auch, wenn die Er

ählweise sehr s enisch sei, arbeite man mit sparsamen Projektion­en, einem redu ierten, oft nur angedeutet­em Bühnenbild.

Gesprächss­toff

Das Publikum erlebt größtentei­ls S enen in Warte- und Besucherrä­umen. Neben den wölf Solisten stehen wei Chöre und ein Kindergesa­ngsensembl­e auf der Bühne. Die Vertonung changiert wischen Filmmusik, Minimalmus­ic und ja igen Passagen, die vorrangig in der Gefängnisw­elt aufspielen.

hat das internatio­nal beset te Ensemble fünfeinhal­b Wochen. Es war ein allmählich­es Annähern an die Thematik. „Nach dem ersten Durchlauf herrschte Totenstill­e“, erinnert sich die Dramaturgi­n. „Ich hätte nicht gedacht, dass mir das Stück psychisch so uset t“, sagt sie. „Man fragt sich, wie man anstelle der Ordensschw­ester Helen handeln würde. Etliche Darsteller, unter anderem weibliche Hauptfigur, Melanie Lang, seien US-Amerikaner. Viele wären mit der Todesstraf­e und den Debatten darum aufgewachs­en.

Gesprächss­toff gibt es für die Sänger, Musiker und Schauspiel­er genau wie für das Publikum. Wenn sich der Vorhang schließt, ist klar: Er ist schuldig, kein Zweifel, er ist ein Mörder und Vergewalti­ger. Dafür muss er sterben. Ist das gerecht?

Für die Premiere am Samstag, 23. Mär , 19.30 Uhr gibt es noch Restkarten. Tickets vorhanden sind für die Aufführung­en am 7. April, 18 Uhr, 28. April, 15 Uhr, 7.; 2—;

29. Mai, 19.30 Uhr und 15.; 22;

25. Juni, 19.30 Uhr, sowie —. Juli, 19.30 Uhr. Karten unter

2225-111 und über tickets–staatsthea­ter.de.

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BILD: STEPHAN WALZL Auf der Bühne: Kihun Yoon und Melanie Lang in der Oper „Dead Man Walking“im Staatsthea­ter.

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