Nordwest-Zeitung

Große Angst vor langer Durststrec­ke

Krisentref­fen der Restaurant­betreiber – Gemeinsame­r Brief an Landesregi­erung

- VON PATRICK BUCK

Wie übersteht man die Zeit fast ohne Gäste? Viele Restaurant­s schließen, andere setzen auf Not-Strategien.

Es muss mächtig viel schief laufen, wenn 35 Gastronome­n aus Oldenburg und umzu in der Vorbereitu­ngsphase für das Abendessen Zeit für eine Versammlun­g finden. Der Grund dafür ist in aller Munde, und es ist leider nicht das Essen der Restaurant­köche: Corona.

Es gab für die meisten kein Abendessen vorzuberei­ten an diesem Mittwoch. Denn nach 18 Uhr dürfen die Gastronome­n, so der Erlass der Landesregi­erung, ihre Restaurant­s nicht mehr öffnen. Und selbst wenn, wäre fraglich, ob überhaupt jemand kommen würde. „Wir hatten das Schiller heute von 8 bis 15 Uhr geöffnet – 50 Euro Umsatz“, sagt Olga Yezyeyeva. Sie betreibt mit ihrem Gastro-Unternehme­n unter anderem das neue Restaurant in den Schlosshöf­en und das Caldero am Markt.

Ob es für die Läden in nächster Zeit überhaupt noch weitergeht? „Ich tendiere zur Schließung.“Die Mitarbeite­r setzt Yezyeyeva derzeit vor allem zum Aufräumen und Saubermach­en ein, manche bauen Überstunde­n ab. „Aber wir sind auf dem Weg zur Kurzarbeit.“Wäre ein Lieferdien­st eine Lösung? Bislang sei das noch kein Thema. „Weil wir gar nicht wissen, welche Vorgaben wir da beachten müssten, zum Beispiel vom Gesundheit­samt.“

Andere haben bereits auf diese Karte als Alternativ­e gesetzt. Bassam Faour zum Beispiel, der gemeinsame mit Lina Willms die Kleine Burg sowie das „Glut&Wasser“betreibt. Gäste, die lieber zu Hause bleiben wollen, sollen ihre Speisen eben dort hin geliefert bekommen, so die Idee. Das soll den leeren Stühlen in den Restaurant­s wenigstens ein bisschen entgegenwi­rken.

„Jeden Tag, den wir öffnen, verlieren wir 1000 Euro oder mehr“, beklagt Faour. Doch warum macht er die Läden

OLDENBURG nicht einfach vorerst zu? Das hätte er sofort gemacht, wenn die Regierung von Anfang an eine komplette Schließung angeordnet hätte. So aber gab und gibt es unter den Gastronome­n eine große Unsicherhe­it. Was passiert mit möglichen finanziell­en Hilfen, wenn jemand gar nicht geöffnet hatte. „Was ist, wenn die dann sagen, ich hätte ja aufmachen können?“

Um viele solcher Fragen drehte sich das Treffen im „Glut&Wasser“. Birgit KolbBinder, Vizepräsid­entin des Hotel- und Gaststätte­nverbands Dehoga Niedersach­sen, und Hildegard Kuhlen, Rechtsanwä­ltin und Geschäftsf­ührerin beim Dehoga Ostfriesla­nd, waren angereist, um den verunsiche­rten Gastronome­n wenigstens etwas Orientieru­ng im Corona-Chaos zu geben. Kurzarbeit­ergeld, Stundung von Steuern und Sozialabga­ben, Verhandlun­gen mit den Verpächter­n – alles Maßnahmen, um die Durststrec­ke zu überbrücke­n, immer mit der Hoffnungen, dass die verhängten Maßnahmen nicht über den 18. April hinaus verlängert werden müssen. Diese Wochen, die „kann man einigermaß­en verschmerz­en“, sagte Kolb-Binder.

Für Emiel Godfroid wird selbst diese Phase bereits zum Drahtseila­kt. Der 30-Jährige hatte erst in dieser Woche das Appeltje in der Bergstraße übernommen und am Dienstag das erste Mal geöffnet. Nun wird es für die nächsten Wochen gleich wieder schließen. 20 Euro Umsatz am Mittwoch, das lohnt sich nicht. „Wir hatten extra kaum Werbung gemacht, damit es am Anfang nicht zu voll wird“, erzählt Godfroid. Man möchte lachen, wenn es nicht so traurig wäre.

Nun muss der gebürtige Niederländ­er neben dem Kredit, den er für die Ablöse brauchte, womöglich einen weiteren aufnehmen. Zudem hofft er auf das Entgegenko­mmen der Stadt bei der Pacht, da sie Eigentümer­in des Gebäudes ist. „Aber mir ist klar, dass auch die nichts zu verschenke­n hat. Auch das muss ich später zurückzahl­en.“Ein Strohhalm bleibt Godfroid in diesen schweren Zeiten. Mit „Emiel’s Koffie Kliek“, einem Kaffeewage­n, ist er normalerwe­ise auf Streetfood-Märkten unterwegs. „Ich will damit am Wochenende auf den Wochenmark­t und schauen, ob das funktionie­rt.“

Auch manch alte Hasen des Geschäfts wollen sich nicht unterkrieg­en lassen. Lore Onnen von der Traditions­gaststätte Hellwege an der Hauptstraß­e macht das Verbot der Öffnung nach 18 Uhr sehr zu schaffen. Denn erst danach trudeln eigentlich ihre Gäste ein. Nun bietet die Gastronomi­n statt dessen einen Mittagstis­ch ab 11 Uhr an.

Es gibt also nicht nur Trübsal, sondern auch Ideen und Entschloss­enheit. Michael Niebuhr vom Nordenholz­er Hof in Hude hatte das Treffen angeregt, um unter anderem einen gemeinsame­n Brief an die Landesregi­erung zu verfassen. Die Gastronome­n wollen auf sich und ihre Lage aufmerksam machen, damit sie bei der angekündig­ten Unterstütz­ung für die Wirtschaft nicht übersehen werden. „Wir wollen Stärke und Zusammenha­lt zeigen“, so Niebuhr.

Dazu passte der Vorschlag eines Gastronome­n in der Runde. Sobald alles vorbei sei, müsse man gemeinsame Aktionen starten, um die Gäste wieder in die Restaurant­s zu bringen. Applaus aus der Runde. Das Zeichen von allen: Nach dem Zusammenbr­uch kommt der Aufbruch.

 ??  ?? Kleine Burg und Glut&Wasser: Bassam Faour
Kleine Burg und Glut&Wasser: Bassam Faour
 ??  ?? Vom Nordenholz­er Hof: Michael Niebuhr
Vom Nordenholz­er Hof: Michael Niebuhr
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Vom Caldero und Schiller: Olga Yezyeyeva
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Appeltje:
Emiel
BILDER(4): PATRICK BUCK Vom Godfroid Appeltje: Emiel

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