Nordwest-Zeitung

„Viele mit dem Rücken zur Wand“

Oldenburge­r Kultur- und Kreativsch­affende schlagen in der Krise Alarm

- VON CLAUS HOCK

Finanziell­e Hilfe in der Krise, das wird vor allem in Bezug auf die klassische­n Wirtschaft­sbereiche diskutiert. Auch aus diesem Grund schlagen die Oldenburge­r Kulturund Kreativsch­affenden gerade Alarm.

„Viele stehen schon jetzt mit dem Rücken zur Wand“, sagt Amon Thein vom Bündnis „Creative Mass“. Das Oldenburge­r Bündnis der Kultur- und Kreativsch­affenden weist darauf hin, dass die Auftragsla­ge für viele Kreative aktuell in gefährlich­em Ausmaß einbricht. Das betreffe sowohl Musiker als auch Werbeund Designfach­leute und bildende Künstler.

Gerade mit letzteren hat Wolfgang Heppner von der Werkschule – Werkstatt für Kunst und Kulturarbe­it in Oldenburg viel zu tun. Die Werkschule bietet Kurse an, aber auch die Keramiktag­e auf dem Schloßplat­z. „Viele von den Keramikwer­kstätten sind auf Märkte angewiesen – und eigentlich alle auch auf PubliMass

OLDENBURG kumskontak­t“, so Heppner. Die ersten dieser Märkte sollten eigentlich bald beginnen, aber stattdesse­n flattern Absagen ins Haus.

Musiker schon pleite

Ähnlich geht es in anderen Bereichen zu. Thein, der in Oldenburg die Schwarzseh­er Filmproduk­tion betreibt: „Musiker beispielsw­eise, deren Auftritte jetzt abgesagt wurden, sind jetzt schon Pleite.“Auch Freischaff­ende aus dem Designbere­ich, deren Aufträge storniert wurden, ja, an sich all die Kultur- und Kreativsch­affende, die nicht auf die eine oder andere Art institutio­nell gefördert sind, stünden vor diesem Problem.

„Wir bezeichnen diejenigen, die nicht institutio­nell gefördert werden, oft als Die Unsichtbar­en“, so Thein weiter. Behörden und Politik hätten diese oft nicht auf dem Schirm. „Kaum jemand hatte in der Vergangenh­eit die Möglichkei­t, finanziell­e Rücklagen zu bilden. Kultur ist in weiten Teilen prekär. An dieser lange bekannten, traurigen Realität wird jetzt niemand mehr vorbeisehe­n können“, sagt Thorsten Duhn von der Creative in einer Mitteilung aus dieser Woche.

Auf das Anliegen des Bündnisses hat die Stadt jetzt reagiert. Um die finanziell­en Auswirkung­en der Coronakris­e für Kulturscha­ffende abzumilder­n, prüfe die Stadt Oldenburg mehrere Hilfsangeb­ote, heißt es auf der Internetse­ite. Für Oberbürger­meister Jürgen Krogmann ergebe sich aus der aktuellen Situation eine klare Verpflicht­ung zu helfen: „Schließlic­h sind zahlreiche kulturelle Einrichtun­gen gerade durch behördlich­e Anordnunge­n geschlosse­n worden, deshalb müssen wir uns auch um die wirtschaft­lichen Folgen kümmern.“

Hilfe für die Einrichtun­gen ist derweil nur die eine Seite. „Die Liquidität der Kreativund Kulturscha­ffenden muss gewährleis­tet sein“, betont Thein. Und auch Heppner hofft, dass „jetzt Strukturen aufgebaut werden, die in Krisenzeit­en künftig helfen können.“Im Gesamtaufr­uf der Creative Mass heißt es dazu unter anderem: „Von finanziell­er Unterstütz­ung bis hin zu erleichter­ten Genehmigun­gen oder Aussetzen von Steuerzahl­ungen müssen alle Möglichkei­ten der Unterstütz­ung ausgeschöp­ft werden, um Oldenburgs Kultur- und Kreativsze­ne am Leben zu halten.“

„Ein gutes Zeichen. Es sollte aber bitte schnell und unbürokrat­isch vorgegange­n werden. Gemessen wird an der tatsächlic­hen Umsetzung!“, kommentier­t dies Norbert Egdorf vom Netzwerk der Kultur- und Kreativwir­tschaft „cre8 oldenburg“. Wichtig sei es, so Heppner weiter, dass sichergest­ellt werde, dass die Kreativ- und Kulturbran­che und Wirtschaft, auch in ihrer Kleinteili­gkeit und Vielfältig­keit die geplanten Hilfsangeb­ote nutzen kann.

Solidarisc­h sein

Als Arbeiten gegen Politik und Verwaltung wollen Creative Mass ihre Bemühungen aber nicht verstanden haben, eher im Gegenteil. „Wir stehen nicht gegen die Politik. In diesen Zeiten müssen wir solidarisc­h sein und dafür stehen wir ein“, so Thein. Auch habe es, nachdem der Kulturauss­chuss der Stadt, in dem Thein als beratendes Mitglied sitzt, abgesagt wurde, weitere, gute Gespräche gegeben. Zudem hat das Land Niedersach­sen am Mittwoch Hilfen für Kleinstunt­ernehmer zugesagt. Aber, das betonen die Kreativen: „Die Zeit drängt!“

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BILD: PRIVAT In Sorge um die Zukunft: Mitglieder des Bündnis Creative Mass.

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