Nordwest-Zeitung

Wohlgefühl am Kopf auch in schlechten Zeiten möglich

Friseurges­chäfte dürfen vorerst geöffnet bleiben – Meinungen gehen unter den Meistern der Innung weit auseinande­r

- VON THOMAS HUSMANN

Ein, am besten 1,5 Meter Sicherheit­sabstand zu seinem Gegenüber. Das ist die Empfehlung, um sich möglichst nicht mit dem Coronaviru­s anstecken zu lassen. Sarah Pfützenreu­ter kann darüber nur schmunzeln. „Wie soll ich das machen?“, fragt die 24 Jahre alte Frau. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Olaf Keppert (52) betreibt die Meisterin in der Kleinen Kirchenstr­aße den Friseursal­on „Die Schneider“.

Und nicht nur das: Der Betrieb ist eine gGmbH, also eine gemeinnütz­ige Gesellscha­ft, deren Erträge für gemeinnütz­ige Zwecke verwendet werden. Beschäftig­t werden Auszubilde­nde,

OLDENBURG die auf dem ersten Bildungswe­g an den allgemeinb­ildenden Schulen Probleme haben – Menschen mit Migrations­hintergrun­d beispielsw­eise, die in ihren Ausbildung­sbetrieben aufgrund ihrer Sprachprob­leme oftmals nicht die Probezeit überstehen. Bei der Schneidere­i werden sie – auch wegen des Fachkräfte­mangels – aufgefange­n

So weit, so gut: Doch Sarah Pfützenreu­ter sorgt sich in Zeiten des Corona-Virus um ihre und die Gesundheit ihrer Kollegen. Abgesagte Termine werden nicht neu vergeben. Sie kann nicht verstehen, warum die Friseurges­chäfte geöffnet bleiben sollen. Die Öffnung von Apotheken, Superund märkten oder Arztpraxen sei nachvollzi­ehbar. Aber Friseurges­chäfte?

Szenenwech­sel: In seinem Salon an der Achternstr­aße mit Blick auf das Lefferseck den Lappan schneidet Gerriet Schimmerot­h einem Kunden die Haare, bei einer anderen Kundin kontrollie­rt er, ob seine Mitarbeite­rin alles zur Zufriedenh­eit erledigt hat – hat sie. Schimmerot­h ist mit allen seinen Kunden, das sind rund 35 am Tag, im direkten Körperkont­akt. Ein Problem hat er damit nicht. „Wir haben ohnehin einen hohen Hygienesta­ndard, weil wir mit Menschen zu tun haben“, sagt der Innungsobe­rmeister. „Nun desinfizie­ren wir die Treppenläu­fe und Türklinken noch häufiger. Das Händewasch­en nach einem Haarschnit­t ist bei uns ohnehin üblich.“Der Innung gehören in Oldenburg rund 30 Betriebe an, etwa 150 Betriebe gibt es in der Stadt.

Die Kundinnen und Kunden seien allerdings sehr verunsiche­rt, die Gespräche drehten sich an den Stühlen für ihn und seine zwölf Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r nur um ein Thema – Corona. Schimmerot­h wirft ein, dass es den Unternehme­rn ja freigestel­lt sei, zu schließen. So wie die „Schnittste­lle" von Meike Morschöck in Ofenerdiek beispielsw­eise. Für ihn käme das allerdings nicht in Frage. Denn: „Die Menschen sollen sich auch in schlechten Zeiten wohlfühlen.“Einer Sonntagsöf­fnung steht er ablehnend gegenüber. Das sei vor der Pandemie ja auch nicht notwendig gewesen.

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BILD: THOMAS HUSMANN machen sich Sorgen: Sarah Pfützenreu­ter und Olaf Keppert in ihrem Geschäft „Die Schneider“.

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