Apotheken an der Belastungsgrenze
Ist ein Besuch jedes Mal notwendig? – Expertin beantwortet häufig gestellte Fragen
In Apotheken wird unter Hochdruck gearbeitet. Das belastet – und gefährdet – Mitarbeiter.
OLDENBURG/IM NORDWESTEN In diesen Tagen muss Apothekerin Dr. Gabriele RöscheisenPfeifer ihre Kunden oft beruhigen. Täglich fragen viele Patienten um Rat, die Meldungen zum Coronavirus vermehren sich stündlich – einen Überblick zu behalten, ist beinahe unmöglich. Viele wollen umfassende Informationen zu Medikamenten und Desinfektion, aber auch Infos über Präparate zur Immunabwehr oder Impfungen. Nicht nur in der Dobben-Apotheke in Oldenburg ist die Nachfrage besonders hoch. Das belastet natürlich besonders die Mitarbeiter.
„Die meisten Apotheken haben mittlerweile zehneinhalb oder elf Stunden geöffnet, dazu kommen Nacht- und Wochenenddienste“, sagt Röscheisen-Pfeifer, Bezirksapothekerin in Oldenburg. Die Apothekerkammer Niedersachsen hat sich nun geäußert und bringt die Möglichkeit ins Spiel, dass Apotheken zumindest am Mittag kurzzeitig schließen. „Dann könnten die Filialen einen Schichtbetrieb installieren, damit auch die Mitarbeiter geschützt sind“, erklärt Röscheisen-Pfeifer. Sie ist zudem Vorstands-Mitglied der Apothekerkammer.
Mit der Idee möchte die Kammer auch Problemen bei der familiären Alltagsstrukturierung und der Gesundheit der Mitarbeiter vorbeugen. Denn mit dieser Maßnahme sei das Risiko einer Ansteckung für die gesamte Belegschaft vermindert. Die einzelnen Schichten würden nicht mehr in Kontakt miteinander kommen; der tägliche Betrieb wäre bei einer Infektion dennoch gesichert. Auch eine geringere Frequentierung der Apotheken von Kunden sei eine Möglichkeit, für etwas mehr Sicherheit sorgen zu können.
Deshalb bietet die NWZ einen Überblick zu häufigen Fragen.
Kann ich mir Medikamente auch liefern lassen
Sehr viele Filialen nehmen derzeit auch online Bestellungen an. Am Telefon sei das ebenfalls möglich – inklusive fachlicher Beratung, betont Röscheisen-Pfeifer. Nicht jeder Patient muss in eine Apotheke kommen. Viele Apotheken bieten auch lokale Lieferdienste an, bei denen die Medikamente kontaktlos überreicht werden.
Gibt es andere Hilfen – vor allem für Ältere
Momentan gibt es sogenannte Nachbarengel in mehreren Orten. „Das sind Menschen, die in der Apotheke ihre Telefonnummer hinterlassen, damit wir diese älteren Patienten weitergeben können, die Hilfe beim Einkauf benötigen“, sagt Röscheisen-Pfeifer. „Das finde ich toll.“Über die Internetseiten nebenan.de, facebook.de und nwzonline.de/gemeinsam-stark gibt es ebenfalls mehrere Angebote. Viele Senioren seien in diesen Medien leider noch nicht unterwegs. Ältere Patienten sollten sich aber dennoch irgendwie helfen lassen.
Welche Schutzmaßnahmen ergreifen Apotheken
Viele Apotheken sichern sich in den Filialen gegenüber potenziell Kranken ab. Zum Teil müssten Kunden auch draußen vor der Tür warten, da nicht mehr so viele gleichzeitig bedient würden, so Röscheisen-Pfeifer. Am Eingang stehen meist Desinfektionsspender, einige Apotheken haben mittlerweile Plexiglasscheiben an der Kasse aufgebaut, um direkten Kontakt mit den Kunden zu vermeiden. Geld und Medikamente können über eine kleine Öffnung am unteren Scheibenrand
getauscht werden. Außerdem wird viel gelüftet und ständig desinfiziert.
Wer braucht Desinfektionsgel
Die Oldenburger Apothekerin sagt: „Gesunde Menschen brauchen nicht ständig ein Mittel dabeizuhaben.“Sich öfter mal gründlich die Hände zu waschen, das würde im Alltag ausreichen. Deshalb sei es wichtig, die wenig verfügbaren Desinfektionsprodukte für Kranke und Ältere in den Regalen zu lassen. „Wir geben bei uns nur noch Desinfektionsmittel heraus, wenn wir sicher sind, dass der Kunde es benötigt.“Zumindest dürften Apotheken jetzt ja eigene Mittel produzieren, damit würde der derzeitige Lieferengpass teilweise überwunden.
Wie gehen Mitarbeiter mit Fragen zum Virus um Fragen im Gespräch zu klären: Viele Informationen, die verbreitet werden, seien nicht verifizierbar. „Halten Sie sich an das Robert Koch-Institut.“Das sollten generell alle Apotheken machen, sagt Röscheisen-Pfeifer.
Wie sieht es derzeit mit der Impfmittel-Verfügbarkeit aus
Gegen den Corona-Erreger gibt es noch keine Impfmöglichkeit. Impfungen gegen Pneumokokken (Bakterien, aus denen sich eine Lungenentzündung entwickeln kann) sind schon so gut wie ausverkauft. Da nicht direkt in großem Maße nachproduziert werden kann, kommt es schon jetzt zu einem Lieferengpass des Impfstoffs. Momentan sollten sich gesunde Menschen nicht dagegen impfen lassen, damit Kranke und Ältere noch einen Impfstoff bekommen, so die Apothekerin.