Nordwest-Zeitung

Lauter Protest gegen Spaniens König

Tausende schlagen im ganzen Land während der Rede von König Felipe auf Töpfe und Pfannen

- VON EMILIO RAPPOLD

Medien sprechen von einem „historisch­en Topfschlag­en“gegen das Königshaus. Der Unmut macht das Virus in Madrid, Barcelona und Bilbao plötzlich zur Nebensache.

MADRID So etwas hat es in Spanien wohl noch nie gegeben. Als König Felipe in seiner Residenz Palacio de la Zarzuela nordwestli­ch von Madrid vor die Kamera trat, um den Bürgern im Kampf gegen die Coronakris­e Mut zuzusprech­en, ging es los: Tausende Menschen gingen am späten Mittwochab­end im ganzen Land auf Balkone und an die Fenster, um auf Töpfe und Pfannen zu schlagen und gegen das ihrer Überzeugun­g nach korrupte Königshaus zu protestier­en. Das Motto: „Corona Ciao“, Corona tschau. Nein, nicht das heimtückis­che Virus ist mit „Corona“gemeint,

sondern die Krone.

Medien sprachen von einem „historisch­en Topfschlag­en“, von einem „massiven“Protest. In Madrid war der Krach nicht nur im Arbeiter-Vorort Vallecas und in den von vielen Studenten und Intellektu­ellen bewohnten Vierteln La Latina und Malasaña ohrenbetäu­bend. Auch in eher

konservati­ven und eigentlich königstreu­en Stadtteile­n wie Almagro, Rios Rosas und Trafalgar war die Aktion, zu der auf WhatsApp und in sozialen Netzwerken aufgerufen worden war, eindrucksv­oll laut.

„Hau endlich ab, Felipe“, schrie ein Mädchen aus einem Fenster unweit der U-BahnStatio­n Iglesias, und prompt brandete bei den Nachbarn Jubel auf.

Befolgt wurde der Aufruf außerdem nach Medienberi­chten unter anderem in Barcelona und ganz Katalonien, in Galicien, im Baskenland und auf Mallorca.

Das Image der spanischen Monarchie bekommt seit Jahren immer mehr, immer tiefere Kratzer. Da war zum Beispiel jene umstritten­e Elefantenj­agd von Felipes Vater Juan Carlos in Botsuana. Oder der Korruption­s- und Steuerbetr­ugsskandal um den Mann von Felipes Schwester Cristina, Iñaki Urdangarin, der zu knapp sechs Jahren Haft verurteilt wurde.

An den Unis veranstalt­en Studenten immer häufiger Kundgebung­en und Abstimmung­en gegen die Royals. In den vergangene­n Tagen wurden die Gemüter aber von einer neuen Finanzaffä­re um Juan Carlos zusätzlich gewaltig angeheizt. Immer mehr Spanier fordern nun, dass der Königshof die umstritten­en Gelder für den Kampf gegen die

Coronakris­e spendet.

Juan Carlos, der 2014 zugunsten seines Sohnes abgedankt hatte, soll 2008 Schmiergel­d in Höhe von 100 Millionen US-Dollar aus SaudiArabi­en kassiert haben. Die Justiz in der Schweiz und auch in Spanien ermittelt deshalb gegen den 82-Jährigen.

Aber auch Felipe, der bisher als „Saubermann“galt, gerät nun in die Schusslini­e. Sein Name war nämlich – offenbar ohne sein Wissen – als Begünstigt­er einer dubiosen Offshore-Stiftung aufgetauch­t. Dass er am Sonntag öffentlich mit seinem Vater brach, auf sein Erbe verzichten will und Juan Carlos auch noch das Gehalt von rund 194 000 Euro jährlich strich, brachte nicht viel ein. Auch nicht, dass er in seiner Rede an die Nation am Mittwoch beteuerte: „Das Virus wird uns nicht bezwingen“. Selbst die dem Königshaus nahestehen­de Zeitung „La Razón“schrieb nach der Ansprache, die Lage sei dieser Tage für die Casa Real „sehr schwierig“geworden.

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DPA-BILD: BARRIENTOS Tausende Menschen gingen in Spanien auf Balkone, vor Türen und an Fenster, um auf Töpfe zu schlagen.

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