So geht Werder mit der Zwangspause um
Wie die Bremer sich in der Corona-Krise auf einen möglichen Saison-Endspurt vorbereiten
Die Vorbereitungen auf einen möglichen Abstiegskampf laufen bei Werder weiter. Geschäftsführer Filbry erklärt, was ein Abbruch finanziell bedeuten würde.
BREMEN Am vergangenen Montag war Werder Bremen noch einer der ganz wenigen Vereine, bei dem die Spieler gemeinsam trainierten. Seit Dienstag aber ruht auch an der Weser der Ball. Am Mittwoch dann kam im Zuge der Corona-Krise die Nachricht, dass beim Fußball-Bundesligisten vorerst bis zum 30. März kein Teamtraining stattfindet. „Wir gehen davon aus, dass vor Mai nicht gespielt wird“, sagte Werders Geschäftsführer Klaus Filbry der „Süddeutschen Zeitung“. Und dennoch muss Trainer Florian Kohfeldt seine Mannschaft auf die Möglichkeit vorbereiten, dass die Saison zu Ende gespielt wird – und da würde eben ein kräftezehrender Abstiegskampf mit vielen Spielen und wenigen Pausen auf Werder warten, für den die Bremer bestmöglich gewappnet sein müssten.
Wie trainieren die Bremer Fußballer
„Wir wollen die Zeit nutzen, um individuell konditionelle Reize setzen zu können. Daher haben wir die Spieler bis zum 30. März mit individuellen Trainingsplänen ausgestattet“, sagt Kohfeldt. Die Bundesliga hat ihren Spielbetrieb vorerst nur bis zum 2. April ausgesetzt. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Pause länger sein wird, und dass – falls tatsächlich weitergespielt wird – viele Englische Wochen im Mai und Juni auf Werder warten. „Die Situation ist nicht vergleichbar mit der Sommeroder Winterpause, bei denen es um Regeneration geht, sondern es wird trainiert. In einem solchen Fall ist es teilweise sinnvoller, individuelle Trainingsziele vor Augen zu haben, statt gemeinsam zu trainieren“, so der Trainer des Tabellenvorletzten. Jeder hätte klare Anweisungen, alle hätten Uhren mitbekommen, „auf denen die Läufe einprogrammiert sind“. Dazu kommen Kraft- und Stabilitätsübungen.
Was fehlt in dieser Zeit
Zwar spricht Kohfeldt von „vollen Trainingstagen“, dennoch fehlt natürlich einiges an der normalen täglichen Arbeit – wie zum Beispiel taktische Dinge. „Wenn sich der spielfreie Zeitraum verlängert, überlegen wir, den Spielern mithilfe von Videos neuen Input zu geben. Das ist aktuell noch nicht geplant“, berichtet Kohfeldt. Der Wettbewerb in der Bundesliga verändere sich enorm durch die Pause. „Wir werden vermutlich alle drei Tage spielen und müssen uns viel schneller regenerieren. Das ist nun eine ganz andere Vorbereitung, als wenn du jedes Wochenende im Einsatz wärst“, so Kohfeldt.
Wäre ein Abbruch für Werder nicht sogar besser
Das Szenario, dass die Saison abgebrochen wird, erscheint trotz aller Bemühungen der DFL, die Spielzeit mit Geisterspielen zu beenden, durchaus realistisch. Was das für die Teams bedeuten würde, steht in den Sternen – weil es dafür einfach keinen Plan gibt. Ein Abbruch ohne Absteiger würde Werder retten. Eine Wertung der Hinrunden-Tabelle würde Werders Abstieg bedeuten, hier standen die Bremer auf Platz 17. Auch bei einer Wertung der aktuellen Tabelle müsste Werder als 17. in Liga zwei. Vorstellbar ist kaum eines dieser Szenarien, weshalb die Verunsicherung bei allen Vereinen und der DFL groß ist. Werder betont, dass man die Saison am liebsten zu Ende spielen wolle. „Wir sind Sportler! Wir haben einen Wettkampf begonnen und wollen ihn beenden. Dass diese Saison bisher sehr enttäuschend verlief, ist kein großes Geheimnis, aber wir allen haben den Ehrgeiz über diesen Weg in der Liga zu bleiben“, sagt Kohfeldt.
Wie geht’s den Verletzten
Selbst in der Zwangspause reißen die schlechten Nachrichten nicht ab. Die Verletzung von Ömer Toprak ist schlimmer als gedacht, der Innenverteidiger fällt noch rund acht Wochen aus. Eine Rückkehr von Niclas Füllkrug (Kreuzbandriss) schließt Kohfeldt zudem aus: „Bei Niclas würde ich keinerlei Hoffnung verbreiten. Ich sehe keine Möglichkeit, dass er vor dem 30. Juni bereits wieder in den Spielbetrieb einsteigt.“
Was würde ein Abbruch finanziell bedeuten
Die Verluste wären groß, dennoch würde Werder einen Saisonabbruch finanziell überstehen. „Es gibt zum Beispiel bereits Kreditlinien, es gibt auch andere Ideen, etwa um anfallende Kosten um eine gewisse Zeit aufzuschieben und auf den Worst Case vorbereitet zu sein. Dass wir hier morgen die Lichter ausknipsen, würde ich so nicht sehen“, sagte Filbry. Allein 16 Millionen Euro würden Werder durch einen Abbruch an TV-Einnahmen flöten gehen. Hinzu kommen ausbleibende Gelder der Sponsoren und wegfallende Ticketeinnahmen. „Wenn es wirklich zum Super-GAU kommt, dann müssen wir alle Solidarität zeigen, denn dann geht’s wirklich ums Überleben. Da gehören dann die Spieler auch dazu“, betonte Filbry, dass auch ein Gehaltsverzicht der Profis dann zum Thema wird. Eine Saison über den 30. Juni hinaus halte er für unrealistisch: „Eine dreistellige Anzahl von Verträgen in der ersten und zweiten Liga laufen zu diesem Datum aus. Entweder wir schaffen es bis zum 30. Juni, mit allen erdenklichen Maßnahmen, oder wir haben eine Saison, die abgebrochen wird.“