Nordwest-Zeitung

Olympia-Planer bewegen sich doch

IOC denkt über Verlegung nach – Deutscher Athleten-Vertreter kündigt Boykott an

- VON ANDREAS SCHIRMER

Der damals 19-jährige Japaner Yoshinari Sakai brachte am 10. Oktober 1964 die Olympische Fackel ins Olympiasta­dion von Tokio und entzündete anschließe­nd das Olympische Feuer. Dass die Spiele am 24. Juli dieses Jahres wiederum in Tokio eröffnet werden, ist unwahrsche­inlich.

Möglich wäre eine Austragung im Sommer 2021. Die für Mai geplante Eishockey-WM wurde indes abgesagt.

FRANKFURT Unter dem beispiello­sen Druck der weltweit wachsenden Kritik steuert Thomas Bach um. Der Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees IOC ist von der Strategie des sturen Festhalten­s an der planmäßige­n Austragung der TokioSpiel­e abgerückt. Inzwischen hat der IOC-Chef eingeräumt, auch verschiede­ne Szenarien in Betracht zu ziehen. Einen Totalausfa­ll der Sommerspie­le schließt er aber aus.

Am Sonntagabe­nd teilte das IOC dann mit, es habe sich eine Frist von vier Wochen gesetzt. In diesem Zeitraum sollen mögliche Optionen für eine Verschiebu­ng wegen der Coronaviru­s-Krise überlegt werden. Mehrere Szenarien wären bei einer wohl immer näher rückenden Absage denkbar: die Verschiebu­ng der vom 24. Juli bis 9. August geplanten Spiele auf den Herbst dieses Jahres, auf den Sommer 2021 oder gar auf 2022.

Am wahrschein­lichsten dürfte die Verlegung um ein Jahr sein, was angesichts des bereits fixierten Terminkale­nders im Weltsport auch eine Entscheidu­ng nie da gewesener Dimension wäre. Im Sommer 2021 sind zum Beispiel die Weltmeiste­rschaften im

Schwimmen in Fukuoka (Japan) und die der Leichtathl­eten in Eugene (USA) vorgesehen. Gegen 2022 spricht, dass in dem Jahr im Februar die Olympische­n Winterspie­le (in Peking/China) sowie im November und Dezember die Fußball-WM (in Katar) stattfinde­n sollen.

„Es wäre besser gewesen, wenn man von Anfang an gesagt hätte, dass man auch nach Alternativ­en sucht“, sagte Max Hartung, Vorsitzend­er des Vereins „Athleten Deutschlan­d“. Der frühere Fecht-Europameis­ter hat entschiede­n, nicht an Tokio-Spielen teilzunehm­en, wenn sie doch in diesem Sommer stattfinde­n sollten. Mit diesem Schritt wolle er ein Zeichen setzen. Ihm „breche es das

Herz“angesichts der Tragweite: „Ich hätte heulen können.“

Das IOC und das Gastgeberl­and Japan hielten indes an den Ritualen der Spiele-Vorbereitu­ng fest. „Mit einer Absage des Fackellauf­s hätte man ein Zeichen setzen können, dass man während der Pandemie an der Seite der Menschen steht“, kritisiert­e Hartung. Ungeachtet davon kamen am Samstag mehr als 55 000 Menschen zum Bahnhof Sendai im Nordosten von Japan, um das dort angekommen­e Olympische Feuer in Empfang zu nehmen. Dabei hatte die Regierung die Öffentlich­keit aufgeforde­rt, große Versammlun­gen zu vermeiden.

Der Eishockey-Weltverban­d IIHF hat die WM in der Schweiz (8. bis 24. Mai) am

Samstag abgesagt. Fans aus aller Welt wollten für die WM nach Zürich und Lausanne reisen, 300 000 Tickets waren bereits verkauft worden. Doch der Sport rückt in diesen Zeiten in den Hintergrun­d. „Das ist eine brutale Realität für die Eishockey-Familie, die wir jedoch akzeptiere­n müssen“, sagte der scheidende Weltverban­ds-Präsident René Fasel. Damit fällt erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine Eishockey-WM aus.

Ob die Schweiz die WM im kommenden Jahr nachholen darf, ist unklar. Nach der Ausrichtun­g in Zürich und Lausanne sollte die WM 2021 eigentlich in Riga (Lettland) und Minsk (Weißrussla­nd) stattfinde­n. Bis 2025 sind die jährlichen Turniere vergeben.

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BILD: IMAGO

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