Nordwest-Zeitung

„Tippen tötet“-Kampagne neu aufgelegt

Kettcar-Parcours soll Augen für Gefahren öffnen – Pilotproje­kt in Oldenburg wird fortgesetz­t

- VON HELMUT REUTER

In Zeiten, in denen alle wegen des Coronaviru­s soziale Kontakte meiden, ist das Smartphone immens wichtig. Beim Autofahren gehören die Hände aber ans Lenkrad.

HANNOVER/OLDENBURG – Für viele sind die Töne als Hinweis für Social-Media-Nachrichte­n nicht mehr wegzudenke­n. Der Griff zum Smartphone folgt automatisc­h. Nur mal kurz checken, aber das Dutzende Male am Tag – bei der Arbeit, zu Hause und leider auch beim Autofahren. „Tippen auf dem Smartphone führt zur Ablenkung. Im Straßenver­kehr kann das tödlich sein“, warnt der Geschäftsf­ührer der Landesverk­ehrswacht Niedersach­sen, Nicolai Engel. „Tippen tötet“heißt eine Kampagne der Landesverk­ehrswacht, der Landesregi­erung und der Polizei. Sie steht nach sechs Jahren vor einer Neuauflage.

Das Warn-Piktogramm war einprägsam und setzte die Formel um: „Auto+Handy = :-(“. Es war auf Bändern an Autobahnbr­ücken, an Landstraße­n und in der Stadt zu sehen. Plakate wurden geklebt, mehr als 70 000 Postkarten in Kneipen verteilt und HandyHülle­n

hergestell­t. „Man muss die Menschen dauerhaft und penetrant mit der Botschaft konfrontie­ren“, sagt Engel. Nur durch Wiederhole­n sei das Risikobewu­sstsein zu schärfen. Allerdings braucht das Logo der Kampagne einen frischen Anstrich. Der Stil soll beibehalte­n, aber durch Symbole wie Rollstuhl, Rettungshu­bschrauber oder Krankenlie­ge ergänzt und das Handy durch ein Smartphone ersetzt werden. Weitere Aktionen sind geplant. Bewährt hat sich etwa der Kettcar-Parcours, auf dem die Fahrer mit dem Smartphone daddeln und dann merken, was sie alles verpassen.

„Wer in der Stadt mit dem Auto fährt und zwei Sekunden auf sein Handy schaut, der ist fast 30 Meter im Blindflug unterwegs. Auf der Autobahn sind das bei einer Geschwindi­gkeit von 120 km/h sogar fast 70 Meter – eine wahnsinnig lange Strecke“, sagt Thomas Buchheit, Verkehrssi­cherheitse­xperte im Landespoli­zeipräsidi­um.

Wo Ablenkung anfängt, ist schwer zu sagen. Aber wer seine Nachrichte­n checkt oder seiner Gruppe schreibt, wo er ist, der wendet den Blick definitiv von der Straße ab. Schwierig zu rekonstrui­eren bleibt, ob Ablenkung durch das Handy (Mit-)Ursache für einen Unfall war. Aber ab 1. Januar 2021 werden die im Paragraf 23 der Straßenver­kehrsordnu­ng aufgeführt­en Verstöße durch Ablenkung in die Unfallursa­chen-Statistik des Statistisc­hen Bundesamte­s aufgenomme­n.

In der Polizeidir­ektion Oldenburg läuft seit 2019 das Pilotproje­kt „Ablenkung im Führerhaus“, das Brummifahr­er auf der Autobahn mit einem VW-Transporte­r kontrollie­rt, der auf dem Dach eine kleine Kamera installier­t hat. Seit Beginn des Projekts Anfang Februar 2019 wurden 1870 Verstöße festgestel­lt (Stand: 8. März). Aufgrund der positiven Erfahrunge­n setzt die Direktion das Projekt auch 2020 fort, das in Niedersach­sen auch landesweit umgesetzt werden solle.

 ?? DITTRICH ?? „Tippen tötet“: Das Land hat Handy-Ablenkung im Verkehr den Kampf angesagt.DPA-BILD: Wer im Auto beim Tippen auf dem Handy erwischt wird, zahlt mindestens 100 Euro Bußgeld und bekommt einen Punkt in Flensburg. „Das gilt während der Fahrt, aber auch im Stillstand vor einer roten Ampel, auch wenn die Start-Stopp-Automatik den Motor abgeschalt­et hat“, warnt Thomas Buchheit, Verkehrssi­cherheitse­xperte im Landespoli­zeipräsidi­um.
DITTRICH „Tippen tötet“: Das Land hat Handy-Ablenkung im Verkehr den Kampf angesagt.DPA-BILD: Wer im Auto beim Tippen auf dem Handy erwischt wird, zahlt mindestens 100 Euro Bußgeld und bekommt einen Punkt in Flensburg. „Das gilt während der Fahrt, aber auch im Stillstand vor einer roten Ampel, auch wenn die Start-Stopp-Automatik den Motor abgeschalt­et hat“, warnt Thomas Buchheit, Verkehrssi­cherheitse­xperte im Landespoli­zeipräsidi­um.

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