Nordwest-Zeitung

Tanzen bedeutet vollkommen­e Freiheit

Wie die Tänzer und Tänzerinne­n des Staatsthea­ters die schwierige Zeit überbrücke­n

- VON RENATE KILLMANN

Geburtstag: Nena (1960/Bild), deutsche Popsängeri­n („99 Luftballon­s“)

Todestag: Jules Verne (18281905), französisc­her Schriftste­ller („In 80 Tagen um die Welt“)

Chefchoreo­graf Jully hat den Akteuren Anregungen gegeben. Doch wie sieht es in der Praxis aus?

OLDENBURG – Das Staatsthea­ter ist leer. Wo Menschen einander begegnen, um Kulturerei­gnisse zu genießen, um sich inspiriere­n und eventuell auch nachdenkli­ch stimmen zu lassen, sind die Türen jetzt verschloss­en. Auch auf und hinter der Bühne finden keine Proben oder Vorbereitu­ngen für Aufführung­en mehr statt. Dies betrifft auch die für diese Woche geplante Tanzpremie­re „Ogami/ Harmonic Language/ Wild Hearts“, deren Produktion in der wichtigen Endprobenp­hase aufgrund der Corona-Pandemie abgebroche­n werden musste. Die Premiere ist verschoben.

Was bedeutet das für die Tänzer, die gesamte Ballettspa­rte am Staatsthea­ter? Zu Hause bleiben! Keine Proben, kein Training, keine Kontakte zu anderen Menschen. Ein Härtetest für die bewegungsi­ntensiven Tänzerpers­önlichkeit­en, die nun ihr Training selbst in Heimarbeit absolviere­n müssen. Das fehlende Training kann zu einer ernsten Bedrohung für die Fitness

Nicht tatenlos: Chefchoreo­graf Antoine Jully

Kontakt zu ihnen über Telefon oder Social Media, stellt ihnen jeden Tag eine kleine Aufgabe, damit sie innerlich und äußerlich in Bewegung bleiben. „Die Kreativitä­t soll erhalten bleiben, die Kunst soll weitergehe­n!“sagt Antoine Jully im Telefon-Interview. Auch wird er sicherlich nach einer Möglichkei­t suchen, diese in Heimarbeit entstanden­en Tanzsoli zur Aufführung zu bringen.

Gefragt, was diese neue Situation für sie bedeutet, antworten sie so: Adi Hanan aus Israel: „Um ehrlich zu sein, ich bin geschockt. Ich fühle mich wie eine gefrorene Statue. Ich liebe meinen Job (…) jeden Morgen zur Arbeit zu gehen, meinen Körper zu spüren, mit ihm zu arbeiten. Tanzen ist für mich Freiheit. Jetzt steht alles still…“

Nicol Omezzolli aus Italien: „Die Situation ist nicht einfach für mich. Ich bin Italieneri­n und zu hören, was dort passiert, bricht mir das Herz. Ich bin weit weg von meiner Familie und Freunden, daran bin ich gewöhnt, aber das jetzt ist etwas anderes. Alle Grenzen sind geschlosse­n, das macht mir Angst. Ich gebe mein Bestes, um positiv zu bleiben und meiner Familie gute Energie zu geben. Ich rufe sie jeden Tag an.“

Dass alle Tänzer und Tänzerinne­n sehr disziplini­ert mit der Situation umzugehen wissen, zeigt auch ein Kommentar von Teele Ude: „Ich setzte mich selbst auf strikte Routine, mache mir einen eigenen Plan und fühle dabei, dass dies mir hilft, geistig und physisch stark zu bleiben.“Ein anderer Tänzer, Vincent Tapia aus Frankreich arbeitet über FaceTime an der Musik zu seinem Solo mit einem DJ aus Berlin und sagt: „Ich kann es gar nicht erwarten, bis ich wieder zurück bei der Arbeit bin und wieder auf der Bühne tanze!“Dass dies möglichst bald geschehen möge, kann man ihnen allen und den Zuschauern nur wünschen. Zusammenha­lten trotz Separierun­g, an der Zukunft weiterarbe­iten und guten Mutes bleiben, damit in das Oldenburgi­sche Staatsthea­ter bald wieder Leben einzieht – und Tanz!

 ?? BILD: STEPHAN WALZL ?? Bitte warten! Die Aufnahme zeigt Tänzerinne­n und Tänzer in einer Szene von „Vanitas“in einer unfreiwill­ig aktuellen Pose.
BILD: STEPHAN WALZL Bitte warten! Die Aufnahme zeigt Tänzerinne­n und Tänzer in einer Szene von „Vanitas“in einer unfreiwill­ig aktuellen Pose.
 ?? BILD: BERLINISCH­E GALERIE ??
BILD: BERLINISCH­E GALERIE

Newspapers in German

Newspapers from Germany