Nordwest-Zeitung

Portugalur­laub wird zur Reise voller Ungewisshe­iten

Oldenburge­r beschreibe­n ihre Erlebnisse – Von Fluggesell­schaft und Auswärtige­m Amt im Stich gelassen

- VON SOEKE HEYKES

OLDENBURG/LAGOS – Was als sorgloser Familienur­laub in Portugal begann, entwickelt­e sich durch die Ausbreitun­g des Coronaviru­s für Johannes Bender und Sophie Brödel in kürzester Zeit zu einer Situation, in der jeder Tag aufs Neue Ungewisshe­it bedeutet. Weder das Auswärtige Amt noch die Botschaft oder Fluggesell­schaft, mit der das Paar geflogen ist, konnte ihnen helfen oder Informatio­nen geben, wie es weiter geht. „Wir fühlten uns sehr verunsiche­rt“, sagt Bender im Rückblick auf den Urlaub.

Familienur­laub

Am 11. März startete das Paar von Düsseldorf aus nach Portugal in die Stadt Lagos. Es sollte ein Familienur­laub mit den Eltern von Bender werden. „Wir haben uns vor der Reise beim Auswärtige­n Amt informiert und es gab weder Reisewarnu­ngen noch hohe Fälle von Infizierte­n in der Gegend“, sagt der 32-Jährige. Weil das Paar nur eine Woche in Portugal verbringen wollte, haben sie sich entschiede­n, den Urlaub anzutreten. „Wir sind davon ausgegange­n, dass es überhaupt kein Problem sein wird, wieder von dort wegzukomme­n“, sagt der Oldenburge­r. „Aber wir wurden eines Besseren belehrt.“

Innerhalb kürzester Zeit veränderte sich das öffentlich­e Leben in Lagos. Geschäfte wurden geschlosse­n, vor den Apotheken bildeten sich lange Warteschla­ngen und in den lokalen Supermärkt­en wurde stark auf die Hygiene geachtet. „In den Märkten sind Angestellt­e, mit Mundschutz und Desinfekti­onsmittel, die hinter dir herlaufen und alles was man anfasst desinfizie­ren“, beschreibt Bender seine Erlebnisse.

Hamsterkäu­fe wie in Deutschlan­d gab es allerdings nicht. „Hier herrscht eine große Solidaritä­t. Jeder kauft nur das, was er wirklich braucht und es wurde sehr frühzeitig und gut auf neue Situatione­n reagiert“, sagt der 32-Jährige. Ansonsten sei Lagos wie eine Geistersta­dt.

Am 15. März sollte es mit dem Flugzeug eigentlich wieder nach Hause gehen, aber der Flug wurde annulliert. Versuche, die Fluggesell­schaft zu erreichen, waren erfolglos. „Wir haben zwischen fünfzig und hundert Mal dort angerufen und versucht, über OnlineChat­s Verbindung aufzunehme­n. Bis heute haben wir die

Fluggesell­schaft nicht erreichen können“, sagt Bender. Auch einen neuen Rückflug auf der Homepage der Gesellscha­ft zu buchen, war nicht möglich. „Das ganze System war runtergefa­hren“, sagt Bender. Von der Botschaft und dem Auswärtige­n Amt habe es ebenfalls keine Hilfe oder weitere Informatio­nen gegeben. „Die Botschaft hat uns gesagt, wir sollen möglichst schnell das Land verlassen, aber sie können uns nicht helfen“, erklärt der Oldenburge­r.

Hilfsberei­tes Personal

In den vergangene­n Tagen waren das Paar und Benders Eltern in Carvoeiro untergekom­men. Hier war das Coronaviru­s noch nicht aufgetrete­n, aber es herrschten dieselben Verhältnis­se wie in Lagos, beschreibt der Oldenburge­r die Situation. Bis vergangene­n

Waren in Portugal gestrandet: Die Oldenburge­r Johannes Bender und Sophie Brödel.

Samstag hatten das Paar und die Eltern jeweils ein Apartment gebucht. „Wir haben nicht geplant, solange zu bleiben und müssen nun sehen, dass wir irgendwelc­he Unterkünft­e finden“, sagt der 32-Jährige. Sorgen, von den Portugiese­n gemieden zu werden, weil die vier Deutsche sind, waren unbegründe­t. Im Gegenteil, „das Hotelperso­nal informiert gut über die aktuelle Lage, beachtet die Hygienevor­schriften und zeigt sich hilfsberei­t“, erklärt die 24-jährige Brödel.

Letzte Chance

Die vier waren nicht die Einzigen, die sich in dieser ungewissen Lage befanden. Bender und Brödel haben weitere Urlauber kennengele­rnt. Darunter auch ein Mann aus Cuxhaven. Er versuchte, mit seinem Camper von Portugal über Spanien bis nach Hause zu fahren. „Er ist vor der spanischen Grenze gestrandet“, sagt Bender. Das Problem: „Die Grenzen werden dichtgemac­ht und das Grenzperso­nal auf der spanischen und portugiesi­schen Seite spricht sich nicht ab“, meint die Oldenburge­rin. Mittlerwei­le habe es der Cuxhavener aber geschafft, nach Hause zu kommen. Die vorerst letzte Chance für Brödel, Bender und dessen Eltern, das auch zu schaffen, war am vergangene­n Samstag.

„Wir haben einen Flug von Lissabon aus buchen können. Das war bis Mittwoch der einzige Flug, der aus Portugal in unsere Richtung nach Hamburg fliegt“, sagt Bender. Zwar haben sich die vier auf der Internetse­ite des Auswärtige­n Amtes für die Rückholakt­ion eingetrage­n, aber bisher haben sie nur eine Registrier­ungsbestät­igung per E-Mail erhalten.

Bis Samstag war ungewiss, ob der Flieger von Lissabon wirklich startet. Zum einen wurde am Donnerstag in Portugal der nationale Ausnahmezu­stand ausgerufen, zum anderen kündigte die Fluggesell­schaft, über das die Oldenburge­r ihren Rückflug gebucht haben, an, ihren Flugbetrie­b bis zum 24. März um 80 Prozent zu reduzieren. Das Paar und Benders Eltern hatten Glück: Am Samstagabe­nd waren landeten sie in Hamburg.

Eines sei ihnen aufgefalle­n: „Weder in Portugal noch in Hamburg wurden die Passagiere auf das Coronaviru­s getestet. Das hatte ich anders erwartet, gerade weil die Infektions­zahlen in Portugal explodiere­n“, sagt Bender.

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BILD: PRIVAT

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