„Unverantwortlich, Spiele auszutragen“
Sporthistoriker Lorenz Peiffer spricht über ausgefallene Olympische Spiele und Fehler des IOC
Dreimal wurden bisher die Spiele der Neuzeit abgesagt, dennoch werden sie in den Chroniken geführt. Peiffer erklärt warum und welche Botschaft das IOC sendet, wenn das Feuer an Tokio weitergegeben wird.
Herr Peiffer, in diesem Jahr könnten die Olympischen Spiele zum erst vierten Mal in der Geschichte der Neuzeit abgesagt werden. 1916 sollten sie in Berlin stattfinden, der Erste Weltkrieg verhinderte sie. Peiffer: Die Spiele – damals wurden Sommer- und Winterspiele noch zusammen ausgetragen – waren bereits 1912 in Stockholm durch das IOC an Berlin vergeben worden. Daraufhin wurde sehr schnell mit dem Bau des Deutschen Stadions in Grunewald begonnen, das bereits im Juni 1913 zeitgleich mit dem 25-jährigen Thronjubiläums des deutschen Kaisers Wilhelm II. eingeweiht wurde. Am 1. August 1914 begann der Erste Weltkrieg, aber das IOC hat erst einmal abgewartet.
Warum?
Peiffer: Sehen Sie, die Spiele liefen damals völlig anders ab. Wir müssen uns davon lösen, den Sport damals mit dem von heute zu vergleichen. Es gab einen Zeitplan, der eine für jene Zeit unglaubliche Vielfalt an Sportveranstaltungen vorgesehen hatte. Für Februar 1916 war eine Wintersportwoche im Schwarzwald und in Berlin geplant, im Mai sollte es in Berlin eine Spielwoche geben, im Juli eine Stadionwoche und im August eine Schlusswoche. Erst Anfang
1932/1984
Los Angeles
1904 1908/1948/ 2012
1920
Amsterdam
Antwerpen
1900/1924 1992
St. Louis
Barcelona
1976 1996
1968 1928 1912
Mexiko-Stadt
1952
Stockholm
1936 1972 1960 1896/2004 2016
Helsinki
Berlin
Rom
Athen
Rio de Janeiro
1980 Übersicht über die Olympischen Sommerspiele der Neuzeit und wo sie stattgefunden haben. Aufgeführt sind nur die Spiele, die auch stattgefunden haben.
Moskau
2008 1988 1956
Seoul
1964/2020 2000
Sydney
Melbourne