Billiges Heizöl löst Kaufrausch aus
Rohöl so günstig wie vor 17 Jahren – Starke Nachfrage der Verbraucher bremst Preisverfall
Nicht nur die Coronakrise ist dafür verantwortlich. Russland und die Opec streiten sich.
HAMBURG – Der drastische Preisrückgang bei Rohöl und Produkten wie Benzin und Heizöl entlastet die Verbraucher in Deutschland. Wie alle Wirtschaftsbereiche ist auch der Ölmarkt von den Folgen der Coronavirus-Epidemie betroffen, doch die erklärt nur einen Teil der heftigen Preisbewegungen. Denn auf dem Weltmarkt für Rohöl ist eine Rabattschlacht ausgebrochen.
Russland und das Ölförderkartell Opec haben sich verzankt. Nun hat Saudi-Arabien seine Produktion hochgefahren und drückt große Mengen Rohöl in den Markt. Das wirkt preissenkend. Russland hält mit, es kommt zu einem Überangebot.
Auf der Nachfrageseite gab es schon zu Beginn des Jahres Sorgen um die Konjunktur – und dann kam das Coronavirus. China drosselte seine Industrieproduktion, viele andere Länder fuhren ihre Wirtschaftsleistung herunter. „Wegen der Coronavirus-Krise findet aktuell die stärkste Nachfragezerstörung seit der großen Finanz- und Wirtschaftskrise statt“, kommentieren Experten der Commerzbank.
Viel Angebot und wenig Nachfrage haben einen beispiellosen Preisrutsch ausgelöst. Der Weltmarktpreis für Rohöl über alle Sorten hinweg reduzierte sich von knapp 69 Dollar pro Fass (159 Liter) Anfang Januar auf gerade noch 26 Dollar am Freitag. Das ist ein weit stärkerer Rückgang als bei anderen Rohstoffen oder am Aktienmarkt. Man muss sehr weit zurückblicken, um ähnliche Preise zu finden, ungefähr 17 Jahre.
Folglich sind auch alle Produkte für Verbraucher günstiger geworden, die aus Rohöl gemacht sind. Der Preis für Heizöl reduzierte sich den Daten der Messgeräte-Firma Tecson zufolge von seinem
Jahreshoch von 71,20 Euro im Januar auf nunmehr 57,20 Euro im bundesweiten Schnitt (für 100 Liter beim Kauf von 3000 Litern, inkl. MwSt). Dabei ist der Preis zuletzt wieder angestiegen, zwischenzeitlich lag er noch um einige Euro niedriger. Auch sind große regionale Unterschiede von bis zu zehn Euro zu beobachten.
Hintergrund ist die große Nachfrage nach Heizöl, die von den tiefen Preisen ausgelöst wurde, und vielleicht auch von der Coronavirus-Angst. „Der gesamte Handel bedauert es sehr, derzeit keine besseren Preise anbieten zu können“, sagt der Heizöl-Makler Josef Weichslberger. „Das verhindern vor allem die weiterhin extrem hohe Nachfrage und die dadurch völlig ausgeschöpften Lager- und Lieferkapazitäten. Die Lieferzeiten liegen vielerorts bei zehn bis zwölf Wochen.“Das hält die Preise hoch. Tatsächlich kostet Heizöl ungefähr so viel wie auch schon bei einem RohölPreis von 55 Dollar je Barrel. Da ist noch Luft nach unten.