Wir müssen über den Weg reden
Wer runter fährt, muss irgendwann wieder hoch fahren. Deswegen gibt es keinen falschen Zeitpunkt, um darüber nachzudenken, wie das am besten geschehen soll – und wenn man schon einmal dabei ist auch darüber, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind.
Die Kosten für die weitgehende Stilllegung des gesellschaftlichen Lebens drohen außer Kontrolle zu geraten – ökonomisch, sozial und politisch. Das zeichnet sich bereits wenige Tage nach dem Inkrafttreten der ersten Maßnahmen ab. Der ökonomische Einbruch ist massiv. Die Wirtschaftsweisen rechnen mit Wachstumseinbrüchen von bis zu 20 Prozentpunkten. Das hält kein Land aus. Der Ökonom Clemens Fuest hat recht: „Debatten, die zwischen der wirtschaftlichen Erholung und der Bekämpfung der Epidemie einen unauflöslichen Zielkonflikt sehen, führen in eine Sackgasse.“
Sozial versinken wir im schwarzen Loch der Autoritätshörigund -gläubigkeit. In einer Gesellschaft, in der die grundlegendsten Freiheitsrechte per Dekret massiv beschnitten werden und das auch noch breit gefeiert wird, läuft etwas schief. Die Aggressivität manch selbst ernannten Quarantäne-Wächters steigt proportional zur Dauer der Beschränkungen. Da beginnt ein Prozess, der die Fundamente einer freiheitlichen Ordnung untergräbt. Das hält sie auf Dauer nicht aus.
Diejenigen, die per Dekret ein Land in Hausarrest schicken, versuchen unterdessen mit Geld Versagen des Staates zu kaschieren – und richten mit monströser Verschuldung, Gießkannensubvention auch für selbst ohne Corona nicht lebensfähige Unternehmen, Eingriffe in Eigentumsrechte sowie Ideen für Verstaatlichungen möglicherweise irreparable Schäden an der Marktwirtschaft an. Im unmittelbaren Krisenmanagement – einer der Kernaufgaben des Staates – ist dagegen vieles in die Grütze gegangen: Nicht nur, dass materiell keine Notvorsorge getroffen war, nicht einmal ein versuchter Import von Schutzmasken via Kenia bekamen staatliche Stellen hin. Zu Beginn der Krise blieben Grenzen offen, und noch heute landen Flugzeuge aus Corona-Brennpunkten. Grundlegende hoheitliche Aufgaben wurden und werden versäumt.
Im Vietnamkrieg sagte vor rund 50 Jahren ein US-Offizier zynisch nach einer Operation: „Wir mussten das Dorf zerstören, um es zu retten.“Sind wir auf dem Weg dorthin? Die Frage mindestens stellt sich. Das Ziel ist doch: Möglichst wenig Menschen sterben, und die freiheitliche Demokratie bleibt erhalten. Wenn das so ist, sollte man genau die Frage stellen, wie es Carsten Linnemann (CDU), der Präsident der Bundesärztekammer oder der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) tun: Müssen wir die Strategie ändern? Brauchen wir anstatt eines allgemeinen Einfrierens des Lebens nicht vielmehr gezielte Isolation der Risikogruppen? Und dazu noch: Sollten wir nicht endlich von Ländern wie Taiwan oder Korea lernen?
Angesichts der sich auf allen Ebenen türmenden Kosten des „Lockdowns“scheint das mindestens ein plausibler Vorschlag zu sein. @ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de