„Haben nicht genug Mundschutzmasken“
Auch ambulante Pflegedienste der Diakonie in Oldenburg schlagen Alarm
Die Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen mahnt Problem an. Ein Gespräch mit der Pflegedienstleitung der Station in Oldenburg verdeutlicht die prekäre Situation
OLDENBURG/HANNOVER – Die Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen, Nadya Klarmann, hat eine bessere Versorgung mit Schutzmaterialien für die häusliche und stationäre Langzeitpflege angemahnt. „Es gibt keinen Nachschub mehr. Auch die außerklinische Intensivpflege beklagt den Liefernotstand“, sagte sie am Montag in Hannover. Bisher seien vor allem Krankenhäuser bei der Verteilung berücksichtigt worden. Doch „Pflegende versorgen Zehntausende Patienten zu Hause oder im Pflegeheim. Diese Einrichtungen dürfen nicht durchs Raster fallen“, betonte Klarmann.
In anderen Bundesländern beauftragen die Kliniken Klarmann zufolge bereits Unternehmen mit der Herstellung von waschbarem Schutzmaterial und anderen Schutzartikeln. „Einige Bundesländer sind inzwischen dazu übergegangen, Schutzartikel im eigenen Bundesland herzustellen. Auch das Land Niedersachsen muss jetzt dringend prüfen, welche Ressourcen im Land zur Verfügung stehen.“
Auch in Oldenburg ist das Problem bekannt. „Es ist jeden Tag aufs Neue aufregend“, sagt Christa Hann, Pflegedienstleitung der Diakoniestation Oldenburg. „Die Gedanken kreisen ums Coronavirus.“Immer wieder frage sie sich, wie sie es schaffe, dass die 40 Mitarbei
Noch sind die ambulanten Pflegedienste zumindest mit Handschuhen ausgerüstet – doch beim Mundschutz sieht das schon ganz anders aus.
terinnen gesund bleiben. Schließlich komme man den Patienten bei der Pflege sehr nah.
Alle seien sehr motiviert – vor allem in der aktuellen Situation, so Hann. „Die Mitarbeiterinnen wissen, dass sie gebraucht werden und dass wir in unserem Beruf gerade jetzt alles geben müssen“125 Patienten betreut das Team pflegerisch, bei zwei bis drei Einsätzen pro Tag kommen täglich also mindesten 250 Einsätze zusammen. Die Beratung wurde stark eingeschränkt. Aus den Tagespflegeeinrichtungen, die geschlossen sind, seien noch keine Patienten hinzugekommen. „Wir stehen mit mehreren Einrichtungen in Kontakt und unterstützen uns gegenseitig“, sagt Hann.
Was die Arbeit allerdings schwer mache, sei die nicht ausreichend vorhandene Schutzausrüstung. „Wir haben nicht genug Mundschutzmasken“, sagt Hann. Natürlich gehe
Christa Hann
man ressourcenschonend damit um. Aber: „Ich habe neulich 20 Stück in der Apotheke gekauft für 13 Euro pro Mundschutz. Das muss man sich vorstellen.“Mehr habe auch sie nicht bekommen. Sie verbringe viel Zeit damit, an weitere Mundschutz-Masken zu gelangen. Auch die Desinfektionsmittel werden knapp. „Wir bekommen auch keinen Nachschub mehr“, sagt Hann. Vor kurzem habe sie noch fünf 100-Milliliter-Flaschen sowie 40 kleinere Fläschchen erhalten,
doch auch diese Rationen neigen sich dem Ende zu. „Wir hoffen weiter.“Vor und nach jedem Einsatz stehe immer gründliches Händewaschen an. „Die Mitarbeiterinnen gehen aktuell auch immer mit Handschuhen zu den Menschen.“Mit Mundschutz würden sie vor allem zu den Hochrisikopatienten gehen. „Wir wollen zumindest die schützen, die an einer Atemwegserkrankung leiden.“
Aus der Not heraus habe sie vorbeugend bereits vor einer guten Woche für jede Mitarbeiterin einen selbstgenähten Mundschutz gekauft, erzählt Hann. „Der dient dem Eigenschutz und wirkt beruhigend.“Dennoch sei die Angst groß, was passiere, wenn sich jemand ansteckt. Dann müsse geprüft werden, wo die Mitarbeiterin gewesen ist. „Wir versuchen bereits, Kontakte zu vermeiden. Was wir jedoch nicht wissen, ist, inwiefern sich die Patienten daran halten. Da haben wir keinen Einfluss
drauf “, sagt Hann. „Die Vorstellung, dass sich eine Mitarbeiterin ansteckt, ist schlimm“, sagt Hann. „Wenn ich sie testen lasse, ziehe ich dann alle aus dem Verkehr? Das sind Gedanken, die ständig kreisen.“Auch Fragen, ob sie rechtlich alles richtig mache, würden sie umtreiben. „Das ist sehr belastend.“
Mittlerweile gebe es auch schon viele Absagen von Menschen, die Angst davor hätten, dass eine Mitarbeiterin ihnen das Virus mit ins Haus bringe, sagt Hann. Doch viele, die solche Befürchtungen haben, könnten auf die Hilfe nicht verzichten. „Wir versuchen immer, Bezugspflege zu organisieren, und sind auch bestrebt, das nun einzuhalten“, erklärt Hann. Heißt: Die gleichen Mitarbeiterinnen kümmern sich um die gleichen Patienten.
„Wir geben unser Bestes“, sagt Hann. „Mit gesundem Menschenverstand werden wir diese Krise hoffentlich überwinden.“