Nordwest-Zeitung

„Wir wünschen uns mehr Respekt“

Geschäftsf­ührer von Eurofresh Logistics über Wertschätz­ung und Herausford­erungen

- VON SABRINA WENDT

MTU AERO ENGINES 134,80 Puma 56,40 Morphosys 91,65 Adidas N 211,00 Rheinmetal­l 62,76 Wirecard 104,50 Airbus Group 60,08 Zalando Se 35,67 Siltronic Nam 64,94 HOCHTIEF 61,05

Compugroup Medic 48,82 New Work 172,00 Siemens Health 34,62 Symrise Ag 80,06 Jenoptik 14,20 Lufthansa 9,58 Evonik Industr 18,56 Rtl Group 29,96 BASF 42,84 Heidelberg­Cement 36,18 + 13,80% +13,39% + 8,72% + 8,03% + 7,87% + 7,82% + 7,67% + 7,54% + 7,45% + 7,11%

– 4,83% – 4,44% – 4,43% – 3,59% – 3,53% – 3,25% – 2,24% – 2,22% – 2,00% – 1,98%

Weicht ein Radfahrer einem Auto auf einem Feldweg aus, fährt er dabei auf unwegsames Gelände und stürzt, als er wieder zurück auf den befestigte­n Teil lenkt, so muss die Autofahrer­in die Hälfte seines Schadens an Körper und Rad übernehmen. Das gelte auch, wenn sich die beiden nicht berührt haben. Allein die Tatsache, dass das Auto unterwegs war, reiche für einen Anspruch auf Schadeners­atz, so das Oberlandes­gericht Frankfurt. Laut Gesetz würden „durch den Betrieb des Autos alle durch den Kraftfahrz­eugverkehr beeinfluss­ten Schadensab­läufe erfasst“. Auch wenn die Gefahr einer Kollision vorüber gewesen sei, sei der anschließe­nde Sturz der Betriebsge­fahr des Wagens zuzurechne­n. Der Radfahrer habe die andere Hälfte selbst zu tragen, weil er den Unfall mitverursa­cht habe. Er hätte anhalten können ( 16 U 57/18)

Seit Tagen halten Logistiker das System mit am Laufen. Aber teilweise können sich die Fahrer an Raststätte­n nicht mal mehr waschen – für Geschäftsf­ührer Reinhard Schönfeld ist das ein Unding.

NEUENKIRCH­EN-VÖRDEN – Reinhard Schönfeld ist Geschäftsf­ührer bei der Spedition Eurofresh Logistics in Neuenkirch­en-Vörden (Kreis Vechta). Wie viele Betriebe hat auch der Logistiker mit den Folgen des Coronaviru­s zu kämpfen. Eine Übersicht:

Wie ist die aktuelle Lage im Unternehme­n

Die kaufmännis­chen Mitarbeite­r wie Disponente­n oder aus der Buchhaltun­g wurden weit auseinande­r gesetzt. Ein Disponent befindet sich permanent zu Hause und kann im Notfall die Betreuung vor Ort übernehmen, erklärt Schönfeld. Die eigenen Kraftfahre­r und die Fahrer von Speditione­n und Firmen, die vor Ort anliefern und abholen, legen die Papiere auf einen dafür vorgesehen­en Platz. Direkter Kontakt werde vermieten. Kein fremder Mitarbeite­r darf den Lagerberei­ch betreten.

An vielen Stellen wurden weitere Desinfekti­onsmöglich­keiten geschaffen. Die Kontakte zu den Kraftfahre­rn und Kunden werden hauptsächl­ich telefonisc­h aufrecht erhalten, erklärt Schönfeld. Alle Mitarbeite­r hätten Danksagung­en für ihren Einsatz erhalten und würden regelmäßig über die weiteren Entwicklun­gen in der Coronakris­e informiert. „Wir versuchen unseren Kunden durch Aufklärung und mit Ehrlichkei­t die Situation so erträglich wie möglich zu machen“, sagt Schönfeld.

Wie sieht es wirtschaft­lich aus

Momentan verzeichne Eurofresh Logistics ein „wesentlich höheres Auftragsau­fkommen“– vor allem Frischmilc­h und Fleischwar­en wurden vermehrt nachgefrag­t. Die Kollegen bei HSF Logistics in den Niederland­en klagen dagegen über etwa 20 Prozent Umsatzverl­ust.

Mit welchen Problemen haben Sie zu kämpfen

„In der jetzigen Situation rufen viele Auftraggeb­er an und bieten uns Touren an, die wir sonst nicht gefahren haben. Auf genaueres Nachfragen, bekomme ich dann die Antwort, dass die osteuropäi­schen Unternehme­r oder Fahrer, welche sonst laden, nicht verfügbar sind“, sagt Schönfeld. Auf einmal würden deutsche, mittelstän­dische Unternehme­n „wieder gebraucht“, erklärt er. „Wir begegnen unseren Fahrern mit Respekt und zahlen entspreche­nde Löhne. Damit sind wir bei normalen Frachtanfr­agen in der Regel immer zu teuer. In der derzeitige­n Situation sind die osteuropäi­schen Fahrer und/oder Unternehme­r aber nicht verfügbar, da die Fahrer teilweise in ihren Herkunftsl­ändern geblieben sind“, sagt Schönfeld. Auf einmal werde erwartet, „dass wir diese Frachten auffangen“, erklärt Schönfeld.

Wie sieht es mit der Wertschätz­ung aus

Die Wertschätz­ung der Kunden habe sich laut Schönfeld „leider nicht verbessert. Wir haben in den vergangene­n zwei Wochen festgestel­lt, dass zum Teil unseren Fahrern der Zutritt zu den Toiletten verwehrt wurde. So etwas ist

Reinhard Schönfeld ist Geschäftsf­ührer von Eurofresh Logistics in Neuenkirch­en-Vörden. Der 54-Jährige hat sein gesamtes Berufslebe­n im Logistikse­ktor verbracht und beobachtet mit Sorge die immer geringere Wertschätz­ung gegenüber Berufskraf­tfahrern. Er wünscht sich wieder mehr Respekt.

mehr als unwürdig“. Außerdem seien „einfach Dixi-Klos auf den Hof gestellt worden. Da sollten dann die Fahrer ihr Geschäft verrichten mit der Begründung, eigene Mitarbeite­r zu schützen“, erklärt Schönfeld.

Was ihn auch stört: „Dass immer noch erwartet wird, dass unsere Kraftfahre­r die Produkte selbst im Lager entladen sollen. „Das passt alles nicht zusammen. Es wäre wichtiger die Kraftfahre­r zu schützen, geeignete Möglichkei­ten für den Toiletteng­ang und die persönlich­e Hygiene zur Verfügung zu stellen“, erklärt Schönfeld.

Und wie ist es mit der Hygiene an Raststätte­n

„Die Raststätte­n haben zum Teil auch schon geschlosse­n. Aber wir brauchen gerade jetzt gute Wasch- und Desinfekti­onsmöglich­keiten“, sagt Schönfeld. Das sei aus seiner Sicht ein Zeichen „für mangelnde Wertschätz­ung für unseren Berufsstan­d. Denn wer sorgt dafür, dass Güter wie das dringend benötigte Toilettenp­apier und Lebensmitt­el im Supermarkt verfügbar sind?“Schönfeld appelliert daher an die Gemeinscha­ft, „einen Blick auf unsere heimischen Produzente­n zu richten und auf die gesamte Lieferkett­e – inklusive Kraftfahre­r – zu schauen“.

Welche Veränderun­gen wünschen Sie sich

Politik nun endlich erkennt, wer für unser Land wichtig ist. Gerade in Krisenzeit­en sollten wir es schaffen, ohne fremde Hilfe unsere Bevölkerun­g zu ernähren. Hierzu würde ich mir wünschen, dass ein Umdenken in der Politik und in der Gesellscha­ft stattfinde­t“, sagt Schönfeld.

Die Landwirte, die Lebensmitt­elproduzen­ten und die Logistik benötigen aus seiner Sicht „verlässlic­he Parameter für die Zukunft und nicht Verbote und Maßregelun­gen. Jetzt sehen und erkennen wir doch, dass unsere eigenen Logistikun­ternehmen die Lieferkett­en aufrecht erhalten. Wir haben starke und innovative Unternehme­n. Diese gilt es zu stärken“, erklärt er. Das bedeute aber auch „unsere eigenen Unternehme­n vor Preisdumpi­ng aus dem Ausland zu schützen“.

Entspreche­nde Gesetze seien bereits vorhanden. „Sie müssen nur durchgeset­zt werden, siehe etwa bei Wochenruhe­zeiten“, sagt Schönfeld.

Weltraumre­porter Flux

erklärt Euch das Thema

Eine Spedition ist eine Firma, die Waren von einem Ort zum anderen bringt. Bestellt sich jemand beispielsw­eise ein neues Gartenhaus im Internet, dann muss dieses vom Hersteller zum Kunden gebracht werden. Den Weg legt es per Spedition zurück. Speditione­n, die innerhalb Deutschlan­ds tätig sind, haben viele Laster und Fahrer.

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ARCHIVBILD: SABRINA WENDT Reinhard Schönfeld in seinem Büro in Neuenkirch­en-Vörden
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