NBANK BEWILLIGT ERSTE HILFEN
Verbände kritisieren, dass bei vielen Unternehmen die Hilfe nicht ankomme
Viele Firmen stehen in der Coronakrise mit dem Rücken zur Wand. Wirtschaftsminister Altmaier beschwichtigt und plant schon für die Zeit nach dem Stillstand.
BERLIN/BRÜSSEL – Handwerk und Reisebranche beklagen in der Coronakrise mangelnde Unterstützung und eine Förderlücke. „In dieser Extremlage brauchen neben den kleinen Betrieben auch solche mit mehr als zehn Mitarbeitern Soforthilfen“, sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer in Berlin. Weite Teile des Mittelstandes fielen durch das Raster von direkten Zuschüssen. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Reiseverband (DRV). „Die Bundesregierung muss dringend Maßnahmen für mittelständische Unternehmen bewilligen“, forderte DRV-Präsident Norbert Fiebig.
Weitere Staatshilfen?
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) versuchte, die Kritik zu entschärfen. „Wir helfen mit umfassenden Maßnahmen der gesamten Wirtschaft von klein bis groß und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, mit dieser Extremsituation umzugehen“, heißt es in einem der dpa vorliegenden Brief Altmaiers an Wirtschaftsverbände.
Zugleich stellte er weiteren staatlichen Anschub für die Zeit nach der Krise in Aussicht. „Wir brauchen ein umfassendes Fitnessprogramm für die deutsche Wirtschaft“, sagte Altmaier der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Die Rettungspakete allein werden nicht genügen.“
Das Konzept solle sich nicht auf klassische Konjunkturprogramme beschränken, sondern strukturell die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessern. So müssten Deutschland und Europa den Rückstand bei der Digitalisierung aufholen und dafür sorgen, dass Arbeitsplätze der Zukunft nicht nur in Amerika und Asien entstünden. Zudem müssten Bereiche wie Arzneimittel und Biotechnologie auch hierzulande angesiedelt sein. Als strategisches Ziel nannte Altmaier, eine wettbewerbsfähige Stahlund Automobilindustrie zu erhalten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt für die Zeit nach der Krise auf hohe Investitionen in den Klimaschutz und die Digitalisierung. „Die werden beim
Wiederaufbau eine ganz dominante Rolle spielen“, sagte sie. Gerade in der Krise helfe ja vor allem digitale Technik, ob nun beim Lernen der Schulkinder, bei Videokonferenzen im Homeoffice oder beim 3DDruck von medizinischen Schutzvisieren gegen Corona.
Bundesregierung und Parlament hatten verschiedene Hilfsprogramme beschlossen. Ein unbegrenztes Kreditprogramm der staatlichen Förderbank KfW soll Liquidität sichern. Daneben geht es um
Steuerstundungen, ein erweitertes Kurzarbeitergeld, einen Stabilisierungsfonds für große Unternehmen sowie ein milliardenschweres Paket mit direkten Zuschüssen für kleine Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten.
Wartezeit zu lang
Einer Umfrage des DRV zufolge haben 90 Prozent der befragten Unternehmen von den Kredithilfen über das KfW-Programm noch kein Geld gesehen. Von den fast 700 teilnehmenden Unternehmen gaben mehr als 540 an, welches Problem sie mit den Hilfen haben. Die meisten davon teilten mit, dass ihnen das Verfahren zu lange dauere – beim KfW-Kreditprogramm spielen die Hausbanken der Firmen bei Prüfungen eine Schlüsselrolle. Banken und Sparkassen werden überrannt von Anfragen.