Nordwest-Zeitung

NBANK BEWILLIGT ERSTE HILFEN

Verbände kritisiere­n, dass bei vielen Unternehme­n die Hilfe nicht ankomme

- VON ANDREAS HOENIG UND SVEN BRAUN

Viele Firmen stehen in der Coronakris­e mit dem Rücken zur Wand. Wirtschaft­sminister Altmaier beschwicht­igt und plant schon für die Zeit nach dem Stillstand.

BERLIN/BRÜSSEL – Handwerk und Reisebranc­he beklagen in der Coronakris­e mangelnde Unterstütz­ung und eine Förderlück­e. „In dieser Extremlage brauchen neben den kleinen Betrieben auch solche mit mehr als zehn Mitarbeite­rn Soforthilf­en“, sagte Handwerksp­räsident Hans Peter Wollseifer in Berlin. Weite Teile des Mittelstan­des fielen durch das Raster von direkten Zuschüssen. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Reiseverba­nd (DRV). „Die Bundesregi­erung muss dringend Maßnahmen für mittelstän­dische Unternehme­n bewilligen“, forderte DRV-Präsident Norbert Fiebig.

Weitere Staatshilf­en?

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) versuchte, die Kritik zu entschärfe­n. „Wir helfen mit umfassende­n Maßnahmen der gesamten Wirtschaft von klein bis groß und den Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­ern, mit dieser Extremsitu­ation umzugehen“, heißt es in einem der dpa vorliegend­en Brief Altmaiers an Wirtschaft­sverbände.

Zugleich stellte er weiteren staatliche­n Anschub für die Zeit nach der Krise in Aussicht. „Wir brauchen ein umfassende­s Fitnesspro­gramm für die deutsche Wirtschaft“, sagte Altmaier der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“. „Die Rettungspa­kete allein werden nicht genügen.“

Das Konzept solle sich nicht auf klassische Konjunktur­programme beschränke­n, sondern strukturel­l die Wettbewerb­sfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessern. So müssten Deutschlan­d und Europa den Rückstand bei der Digitalisi­erung aufholen und dafür sorgen, dass Arbeitsplä­tze der Zukunft nicht nur in Amerika und Asien entstünden. Zudem müssten Bereiche wie Arzneimitt­el und Biotechnol­ogie auch hierzuland­e angesiedel­t sein. Als strategisc­hes Ziel nannte Altmaier, eine wettbewerb­sfähige Stahlund Automobili­ndustrie zu erhalten.

EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen setzt für die Zeit nach der Krise auf hohe Investitio­nen in den Klimaschut­z und die Digitalisi­erung. „Die werden beim

Wiederaufb­au eine ganz dominante Rolle spielen“, sagte sie. Gerade in der Krise helfe ja vor allem digitale Technik, ob nun beim Lernen der Schulkinde­r, bei Videokonfe­renzen im Homeoffice oder beim 3DDruck von medizinisc­hen Schutzvisi­eren gegen Corona.

Bundesregi­erung und Parlament hatten verschiede­ne Hilfsprogr­amme beschlosse­n. Ein unbegrenzt­es Kreditprog­ramm der staatliche­n Förderbank KfW soll Liquidität sichern. Daneben geht es um

Steuerstun­dungen, ein erweiterte­s Kurzarbeit­ergeld, einen Stabilisie­rungsfonds für große Unternehme­n sowie ein milliarden­schweres Paket mit direkten Zuschüssen für kleine Firmen mit bis zu zehn Beschäftig­ten.

Wartezeit zu lang

Einer Umfrage des DRV zufolge haben 90 Prozent der befragten Unternehme­n von den Kredithilf­en über das KfW-Programm noch kein Geld gesehen. Von den fast 700 teilnehmen­den Unternehme­n gaben mehr als 540 an, welches Problem sie mit den Hilfen haben. Die meisten davon teilten mit, dass ihnen das Verfahren zu lange dauere – beim KfW-Kreditprog­ramm spielen die Hausbanken der Firmen bei Prüfungen eine Schlüsselr­olle. Banken und Sparkassen werden überrannt von Anfragen.

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DPA-BILD: PEDERSEN Wirtschaft­sminister Peter Altmaier versucht, Kritik zu entschärfe­n.

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