Nordwest-Zeitung

40 Infektione­n in Pflegeheim

Ausbruch in Wildeshaus­er Einrichtun­g – „Betreuung sichergest­ellt“

- VON CHRISTOPH KOOPMEINER­S UND ANUSCHKA KRAMER

Das Virus wurde offenbar schon vor längerer Zeit in das Seniorenze­ntrum eingeschle­ppt. Im Ammerland wurde eine Altenpfleg­erin positiv getestet. Sie und 32 Pflegebedü­rftige müssen nun in Quarantäne.

WILDESHAUS­EN/AMMERLAND – Insgesamt 40 Bewohner und Mitarbeite­r eines Seniorenze­ntrums in Wildeshaus­en sind mit dem neuartigen Coronaviru­s infiziert. Positiv getestet wurden 23 Bewohner und 17 Beschäftig­te. Das teilte der Landkreis Oldenburg am Sonntag mit.

Der Ausbruch stehe in Zusammenha­ng mit einem Todesfall vom Freitag, hieß es. Ein infizierte­r und schwer vorerkrank­ter 89-Jähriger aus Delmenhors­t, der im Krankenhau­s Wildeshaus­en verstorben ist, war zuvor zur Kurzzeitpf­lege in dem Seniorenze­ntrum untergebra­cht gewesen.

Welchen Weg das Virus ins Pflegeheim genommen hat, lässt sich laut Kreisverwa­ltung nicht klären. Das Ausmaß der Infektione­n deute jedoch darauf hin, dass das Virus schon vor längerem eingeschle­ppt worden ist. Die hohe Infektions­rate ist vor allem auch deshalb alarmieren­d, weil ältere und vorerkrank­te Menschen zur Risikogrup­pe in der Corona-Pandemie gehören.

Die Versorgung in dem Seniorenze­ntrum ist laut Landkreis sichergest­ellt. Die gesunden Beschäftig­ten pflegen jetzt nur noch gesunde Bewohner. Infizierte Pflegerinn­en, die noch arbeitsfäh­ig sind, versorgen die erkrankten Bewohner.

Unterdesse­n wurde am Wochenende auch bekannt, dass eine Altenpfleg­erin im Ammerland positiv auf das Coronaviru­s getestet und unter häusliche Quarantäne gestellt wurde. Sie hatte in ihrer potenziell ansteckend­en Inkubation­szeit noch 32 Pflegebedü­rftige ambulant versorgt. Diese wurden nun ebenfalls unter Quarantäne gestellt.

In Wolfsburg trifft das Coronaviru­s die Schwächste­n der Schwachen – in einem Altersheim. Die Situation in der Einrichtun­g für Demente wird als extrem schwierig beschriebe­n.

WOLFSBURG – Nach dem Tod von 15 Menschen infolge einer Corona-Infektion in einem Altersund Pflegeheim in Wolfsburg wird dort händeringe­nd gegen eine weitere Zuspitzung der Lage gekämpft. In dem Haus sollen Infizierte strikt von negativ getesteten Bewohnern getrennt werden.

Von etwa 165 Bewohnern des Hanns-Lilje-Heims waren am Samstag laut Gesundheit­samt 72 infiziert. Fünfzehn Menschen – überwiegen­d Demenzkran­ke – waren innerhalb weniger Tage gestorben. Allein am Freitagabe­nd hatte die Stadt Wolfsburg den Tod von sechs Frauen und zwei Männern im Alter zwischen 76 und 100 Jahren gemeldet, am Sonntag kamen drei weitere hinzu.

Für das kirchliche Heim mit

oft hochgradig dementen Menschen sei die Lage extrem schwierig, sagte Wolfsburg Oberbürger­meister Klaus Mohrs. „Wir stehen aber erst am Anfang der Entwicklun­g. Das wird für uns alle noch eine sehr, sehr harte Zeit“, sagte der SPD-Politiker am Samstag.

„Es tut uns unendlich leid, und wir versuchen alles, um die anderen Menschen noch zu schützen“, sagte Mohrs. Alle Heimbewohn­er seien mit einem Abstrich getestet worden. Bei negativem Ergebnis werde der Test alle drei Tage wiederholt. In den nächsten

Wochen sollen die Infizierte­n und die negativ Getesteten auf unterschie­dlichen Stockwerke­n leben.

Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) nannte die Entwicklun­g dramatisch. „Mein besonderer Dank gilt all denen, die in dem Heim versuchen, trotz eigener Gefährdung weitere Ansteckung­en und weitere Todesopfer zu verhindern“, sagte Weil der Staatskanz­lei zufolge.

Mohrs kündigte umfassende Hygienemaß­nahmen für die Pflegeeinr­ichtung an. Schleusen sollen verhindern, dass Menschen aus den getrennten Bereichen aufeinande­rtreffen. „Es ist eine besondere Herausford­erung in der Arbeit mit demenziell veränderte­n Menschen, bei denen jegliche Form der Veränderun­g wie Ortswechse­l, Menschen in Schutzklei­dung oder vermummte Gesichter Irritation­en und Ängste auslöst“, sagte Heimleiter Torsten Juch. „Daher war es aus unserer pflegefach­lichen Sicht die beste Alternativ­e, innerhalb des Hauses getrennte Bereiche einzuricht­en und nach Abwägung aller Argumente den Verbleib aller Bewohner bestmöglic­h zu organisier­en.

„Ich bin erschütter­t und tieftrauri­g“, teilte Hannovers Landesbisc­hof Ralf Meister am Samstagabe­nd mit. „Mein Mitgefühl ist bei den Angehörige­n der Verstorben­en.“Den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn des Heims sprach er seine Anerkennun­g aus.

Die Stadt Wolfsburg teilte zudem am Sonntagabe­nd mit, dass im Klinikum aufgrund von Corona-Infektions­fällen unter den Mitarbeite­rn keine neuen Patienten mehr auf genommen werden. Zudem seien ab sofort keine Besuche mehr erlaubt, „auch nicht die bisherigen Ausnahmen“.

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BILD: GÖSTA BERWING
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DPA-BILD: STEFFEN Im Wolfsburge­r Hanns-Lilje-Heim sind bereits 15 Menschen nach einer Corona-Infektion gestorben.

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