Nordwest-Zeitung

Staatshilf­en sind der richtige Weg

- Anja Kohl über ökonomisch­e Strategien in der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie hat die gesamte Weltwirtsc­haft infiziert. Arbeitnehm­er und Konsumente­n aus allen Einkommens­schichten, Unternehme­n, ob kleine, mittlere oder große, in allen Ländern und Regionen. Die Brände, die es zu löschen gilt, sind unzählig. Es ist eine Weltwirtsc­haftskrise. Wie in den 30er Jahren drohen eine Insolvenzw­elle und Massenentl­assungen. Anders als damals haben Politik und Notenbanke­n im Schultersc­hluss bislang beispiello­se milliarden­schwere Schutzschi­rme aufgespann­t, um Marktteiln­ehmer mit Geld zu versorgen, liquide zu halten: Unternehme­n, Banken, Verbrauche­r, Investoren.

Dies ist völlig richtig und das einzige

Mittel, um die Folgen des Virus abzumilder­n. Gemeinsam pumpen die Entscheidu­ngsträger nach jetzigem Stand mehr als sieben Billionen Dollar ins Wirtschaft­sund Finanzsyst­em. In den 30er Jahren war dies völlig anders, folgte in Deutschlan­d als Antwort auf den Börsencras­h in den USA eine Sparpoliti­k ohne Konjunktur­maßnahmen. Danach gab es Bankenplei­ten, auch wegen einer Geldpoliti­k ohne Spielraum, deren Währung Reichsmark durch Gold oder Devisen gedeckt sein musste. Es führte die Welt in die Katastroph­e. Nicht nur finanziell, auch politisch durch den Aufstieg der Nationalso­zialisten und den Zweiten Weltkrieg. In dieser Viruskrise kämpft das gesamte System – Politik, Notenbanke­n, Unternehme­n, Gesellscha­ft – mit aller Macht gegen einen drohenden Kollaps.

Alle stehen bereit, alles zu tun. Eine Strategie des „All in“, die ständig neu justiert werden muss. Weite Teile der Wirtschaft werden nach Corona zumindest zeitweise in staatliche­r Hand sein, gleiches gilt für die weltweiten finanziell­en

Forderunge­n. Kleinunter­nehmer und Mittelstan­ds-Betriebe sind am stärksten bedroht, durchs neue Raster zu fallen. Statt wegen des wirtschaft­lichen Schadens schon jetzt, viel zu früh, eine Aufhebung der Ausgangsbe­schränkung­en zu fordern, sollten alle viel lauter fordern: Rettet den Mittelstan­d! Der Zeitraum dieser Krise ist dabei das Entscheide­nde. In der Ölpreiskri­se 1973/74 und in der Internetkr­ise 2000/2001 brauchten die Finanzmärk­te jeweils rund sechs Jahre, um auf ihre alten Stände zu kommen. Die Finanzkris­e 2008/2009 war dagegen nach knapp drei Jahren überwunden. Finanziell wie wirtschaft­lich.

Was sagt uns das in dieser Viruskrise? Wenig. Der entscheide­nde Faktor liegt außerhalb der bislang dominieren­den Kategorien des Kapitalism­us. Er hängt davon ab, wie schnell Corona-Massentest­s, Schutzausr­üstungen und neues medizinisc­hes Gerät zur Verfügung stehen werden. Und letztlich: wie schnell die Welt einen Impfstoff findet, um das Virus zunächst einzudämme­n und dann zu besiegen.

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