Nordwest-Zeitung

Laute Baustelle

Kritik an Rottenwarn­ung und Nacharbeit – Stadt: Arbeiten sind durch das Gesetz gedeckt

- VON CHRISTOPH KIEFER

Großer Lärm geht derzeit von den Bauarbeite­n an der Bahnstreck­e aus. Kritiker der Maßnahmen mutmaßen, dass sie bestraft werden .......................

Der Ausbau der Bahnstreck­e zwischen Pferdemark­t und Neusüdende belastet Anlieger Tag und Nacht mit Lärm. Die Bahn-Initiative IBO vermutet: Die Oldenburge­r werden für ihren Widerstand gegen das Ausbauproj­ekt bestraft.

OLDENBURG – „Das ist Lärmterror“, sagt Christian Röhlig. Der Sprecher der Interessen­gemeinscha­ft für die Bürger und ihre Umwelt im Großraum Oldenburg (IBO) ist empört über die aktuellen Bauarbeite­n.

Neben dem Lärm der Baumaschin­e ist vor allem die sogenannte Rottenwarn­anlage eine Zumutung für viele Anlieger. „Die macht ohrenbetäu­benden Lärm“, sagt Röhlig und verweist auf alternativ­e Warnsystem­e für die Arbeiter. In Oberhausen habe die Stadt erreicht, dass jeder Arbeiter über Kopfhörer gewarnt werde. „Da hören die Anlieger zwar den Baulärm, aber nicht zusätzlich die lauten Warnsignal­e. Aber in Oldenburg schlafen Politik und Verwaltung“, ärgert sich Röhlig, der an der Arp-Schnitger-Straße wohnt und persönlich betroffen ist.

Die Stadt weist die Vorwürfe zurück. „Grundsätzl­ich hält sich die DB Netz AG an die Vorgaben, zumal nur temporär gegen Lärmvorsch­riften verstoßen wird“, sagte ein Sprecher der Verwaltung. Das Interesse an Nachtarbei­ten überwiege, da ansonsten ein ordnungsge­mäßer öffentlich­er Zugverkehr tagsüber nicht möglich sei. Temporärer Lärm sei hinzunehme­n. „Insofern sehen wir derzeit keine Verstöße gegen diese Vorschrift­en.“

„Nicht zugelassen“

Die Bahn erklärte, die Kopfhörer seien für die Arbeit mit Großmaschi­nen nicht zugelassen. „Nur für Vegetation­sarbeiten in punktuelle­n Bereichen gibt es ein zugelassen­es System“, sagte ein Sprecher. Dort, wo die Arbeiten punktuell und kurzzeitig Grenzwerte überschrei­ten, so der Sprecher, biete die Bahn Anwohnern Ausweichqu­artiere an.

„Höllenmasc­hine“

Röhlig beklagt, dass „die Tröten“auch anspringen, wenn keine Arbeiten auf der Strecke stattfinde­n. Am vergangene­n Samstag sei die Bahnstreck­e komplett gesperrt worden. „Aber die Höllenmasc­hinen gingen trotzdem an.“Am Samstag habe die Anlage mindestens sechs Mal ausgelöst, obwohl kein Zug gefahren sei. „Am Freitag haben wir 14 Rottenwarn­ungen gezählt, dabei sind nur sechs Züge gekommen.“Der BahnSprech­er sagte, es gebe auch neben der Großmaschi­ne Bautrupps im Gleis. Am Samstag habe die Großmaschi­ne in den Bereich auf der Pferdemark­tbrücke hineingera­gt. Deshalb seien auch dort Schienenko­ntakte angebracht gewesen. Die Anlage sei durch Züge Richtung Leer ausgelöst worden.

Der Lärmpegel, der nach gesetzlich­en Vorgaben nachts maximal 40 Dezibel (dBA) betragen dürfe, erreiche bei der Rottenwarn­ung 100 dBA und mehr, sagt Röhlig. „Wenn Maschinen in der Nähe sind, sogar 126 dBA.“Am Freitag und Samstag sei es der IBO gelungen, über einen Anruf bei der Bahn in Hannover die Warnanlage­n abstellen zu lassen, weil nicht mehr gearbeitet worden sei. „Aber muss die IBO jetzt jeden Abend die Bundespoli­zei anrufen?“

Erika Wulf ist Bahnanlieg­erin an der Tangastraß­e und wehrt sich vor allem gegen die nächtliche Ruhestörun­g. „Das bis 22 Uhr Lärm herrscht, müssen wir akzeptiere­n. Aber nicht nachts“, sagt die 80-Jährige. „Lärm führt zu Schlafentz­ug, das schwächt das Immunsyste­m.“Gerade in der jetzigen Zeit sei das wichtig wie nie.

Die IBO vermutet hinter dem „Lärmterror“eine Strafaktio­n der Bahn, weil sich die Stadt Oldenburg und viele Anlieger so massiv gegen den Ausbau der Bahnstreck­e wehren. „Es scheint, als seien die Geräusche der Anlage eine Machtdemon­stration der

Bahn gegen die in dieser Zeit zur Untätigkei­t verdammten Oldenburge­r“, heißt es auf der Homepage des Vereins.

IBO-Sprecher Röhlig blickt besorgt auf Ostern. Die Bahn kündige Arbeiten bis in die Nacht von Karfreitag an. Da der Bauzug am Montagvorm­ittag – offenbar technisch bedingt – in Höhe Ziegelhofs­traße stand und nicht in Betrieb war, befürchtet Röhlig, die Arbeiten könnten sich nach hinten verschiebe­n. „Ich würde mich nicht wundern, wenn die Bahn selbst am Ostersonnt­ag arbeiten.“

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BILD: TORSTEN VON REEKEN Unübersehb­ar und unüberhörb­ar: Ein Arbeitszug ist auf den Gleisen, hier Höhe Ziegelhofs­traße, im Einsatz.
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BILD: SASCHA STÜBER Ruhestörun­g: Eine Rottenwarn­anlage steht in Höhe des Gartens von Erika Wulf in der Tangastraß­e

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