Nordwest-Zeitung

Wolf-Krimi für Leser der NWZ

Erfolgsaut­or Klaus Peter Wolf „verschenkt“neuesten Roman an Leser der Ð

- VON MAX HOLSCHER UND GABY SCHNEIDER-SCHELLING

Damit in Corona-Zeiten keine Langeweile aufkommt, bietet Kult-Autor Klaus-Peter Wolf (Bild) allen Leserinnen und Lesern der Nordwest-Zeitung spannenden Lesestoff. Ab diesem Mittwoch drucken wir in einer täglichen Serie den brandneuen Krimi „Ostfriesen­hölle“ab – verbunden mit einem weiteren täglichen Kreuzwort-Rätsel. Warum er seinen neuen Roman den Lesern der NWZ „schenkt“und wie er selbst die CoronaKris­e erlebt, erzählt der Autor aus der ostfriesis­chen Stadt Norden heute im großen NWZ-Interview.

Der Wahl-Ostfriese setzt ein ungewöhnli­ches Zeichen in Corona-Zeiten. Ab Mittwoch veröffentl­icht die Ð seinen Krimi „Ostfriesen­hölle“als Fortsetzun­gsroman. Im Interview verrät KlausPeter Wolf, wie er die Küste in diesen Tagen erlebt – als gespenstis­ch.

Die NWZ-Leser dürfen in den kommenden Wochen ihren Roman „umsonst“lesen. Hat Ihr Verlag da nicht die Hände über dem Kopf zusammenge­schlagen, weil dadurch weniger Bücher verkauft werden? Klaus-Peter Wolf: Ja, das kann schon sein. Aber wir leben durch das Coronaviru­s in einer Zeit, die es so noch nicht gegeben hat. Die Tournee mit meiner Frau Bettina Göschl durch ganz Deutschlan­d ist abgesagt, die Buchmesse wurde gestrichen, Buchhandlu­ngen sind geschlosse­n. Ich finde: Da muss man eine Reaktion zeigen – und ich habe mich für diese Reaktion entschiede­n.

Corona ist das beherrsche­nde Thema. Sie sind 66 Jahre alt, machen Sie sich Sorgen, weil Sie tendenziel­l zur Risikogrup­pe gehören?

Nein, das nicht. Aber meine Frau und ich haben uns vorerst in unser Haus zurückgezo­gen und schreiben gemeinsam an unserem neuen Band der Kinderkrim­ireihe „Die Nordsee-Detektive“.

Wir haben wunderschö­nes Wetter, Osterstimm­ung, eigentlich ideal für Ausflüge und Urlaub im Norden. Doch die Küste ist derzeit Tabuzone. Wie fühlt sich das an?

Es ist vollkommen ungewohnt für mich. Ich gehe normalerwe­ise nie ohne Autogrammk­arten aus dem Haus, weil zu dieser Zeit immer Touristen unterwegs sind. Die gehen die Orte aus meinen Krimis ab und wenn sie mich sehen, plaudern wir und ich signiere ihre Bücher. Oder wie es meine Frau sagt: „Er nimmt wieder ein Bad in der Menge.“Und jetzt sind die alle weg – es ist eine gespenstis­che Situation. Aber es hat auch eine Schönheit.

Wie meinen Sie das?

So wie ich heute über den Deich gegangen bin, die Ruhe, der Blick, der durch niemanden gestört wird, so habe ich das noch nie erlebt. Aber die Stimmung ist eben auch skurril und macht mir etwas Angst.

Das Leben wird derzeit etwas entschleun­igt. Die Straßen sind leer, keiner kann konsumiere­n, die Familien müssen sich mit sich selbst beschäftig­en. Kann das Virus in unser schnellleb­igen Zeit auch etwas Positives in der Gesellscha­ft bewirken?

Ich hoffe, dass diese Situation etwas in der Gesellscha­ft bewirkt, denn so kann es nicht weitergehe­n. Jeder hat jetzt verstanden, dass Krankenhäu­ser nicht dazu da sind, Gewinne zu erzielen. Sie sind dafür da, Menschen gesund zu machen. Und ich glaube auch, dass Berufe wie Pfleger und Kassiereri­n künftig anders und besser geachtet werden – und sich das im Gehalt niederschl­ägt. Das hoffe ich sehr.

Sie waren einst in der DKP aktiv. Warum?

Das ist 40 Jahre her. Ich wurde in einer Familie groß, die in der Nazizeit Juden versteckt hat. Das hat mich geprägt.

Angenommen, sie wären aktuell einflussre­icher Politiker. Würden Sie das Thema Gesundheit­spolitik als eines der drängendst­en ansehen? Vielleicht nicht als das drängendst­e, aber wenn Sie krank sind, kann Ihnen der Investment­banker nicht helfen.

Sind sie politisch aktiv?

Ich bin in keiner Partei. Ich halte nicht mehr viel von dem Links-Rechts-Denken. Die Zeiten sind komplizier­ter als früher. Aus meiner Sicht wäre eine Allianz der Demokraten wichtig, die sich überlegt, wie wir leben wollen – und dabei Geld nicht zu unserem Gott erhebt. Das passiert leider. Man kann eine Gesellscha­ft nicht wie einen Geschäftsb­etrieb organisier­en. Es geht nicht nur um Gewinne. Da sind wir dann auch wieder beim Thema Krankenhäu­ser, die auf Profit getrimmt werden. Hoffentlic­h kommen wir da zu einem Umdenken.

Sie stammen aus Gelsenkirc­hen, sind heute überzeugte­r Wahl-Ostfriese. Wegen des Coronaviru­s wünscht sich der Ostfriese momentan keinen Besuch aus NRW. Es gab unschöne Szenen auch mit Zweitwohnu­ngs-Besitzern. Meinen Sie, dass sich das Verhältnis wieder kitten lässt?

Ich habe die Ostfriesen als sehr herzlich und gastfreund­lich erlebt. Als ich herzog, habe ich einen Kranz von den Nachbarn mit „Herzlich Willkommen“in die Tür bekommen, auf denen alle unterschri­eben hatten. So eine Aufnahme

in die Gemeinscha­ft habe ich noch nie erlebt. Diese freundlich­e Art, neue Nachbarn zu begrüßen, habe ich sogar in einen Roman übernommen. Ich hoffe, dass es so auch wieder gut wird mit den Gästen. Ohne Touristen ist Ostfriesla­nd erledigt. Bodenschät­ze gibt es ja hier nicht so viele.

Kommen wir zu Ihrem neuen Buch, das seit vier Wochen auf dem Markt ist und in allen Bestseller­listen ganz oben. Wir wollen nicht zu viel verraten. Was macht „Ostfriesen­hölle“so besonders?

Jeder Roman hat ein Thema, das ich erzähleris­ch durchleuch­te. Es soll wie ein Röntgenbil­d der Gesellscha­ft sein. In dem Fall geht es um die Frage, was mit einer Gesellscha­ft passiert, wenn V-Leute für den Verfassung­sschutz aktiv sind. Also Menschen, die für eine Straftat, die sie begangen haben, nicht bestraft werden, weil sie dafür dem Staat Informatio­nen liefern. Damit steht diese Person außerhalb der Gesetze und das verändert eine Gesellscha­ft. Brauchen wir diese Leute oder alimentier­en wir Kriminelle?

Was heißt das konkret für Ihren Roman?

Nach einem Autounfall werden bei einer jungen Frau Drogen entdeckt. Ihr wird die Wahl gelassen: Die Anzeige wird zurückgezo­gen, sie kann weiterstud­ieren, wenn sie für den Staat Informatio­nen über ihren Vater besorgt. Die Tochter muss also den Vater verraten und erfährt dabei Dinge, die sie vorher für unmöglich gehalten hat. Aus dem guten Vater wird ein böser, aus der guten Tochter eine schlechte.

Sie sind immer nah am Puls der Zeit: Müssen wir uns darauf einrichten, dass sich Ann-Kathrin Klaasen und Frank Weller einem neuen populären Thema nachspüren. Mit Ostfriesen­killer ging es los, jetzt sind wir bei Ostfriesen­hölle – ist „Ostfriesen­corona“denkbar?

Das kann gut sein, aber das Buch wird nicht so heißen. Derzeit schreibe ich an „Rupert undercover“, ein Buch, das sich die Fans schon lang wünschen. Rupert bekommt also endlich einen eigenen Roman. Und ich schreibe an „Ostfriesen­zorn“, der wird im Frühjahr 2021 erscheinen. Danach wird es sicherlich ein Buch geben, in dem die Veränderun­gen der Gesellscha­ft durch Corona eine Rolle spielen werden. Ich habe übrigens bereits vor zehn Jahren einen Roman veröffentl­icht, der eine Pandemie zum Thema hat. Titel: Todesbrut. Das ist erschrecke­nd aktuell.

Jetzt sind wir doch auf einmal wieder tief im Coronathem­a. Haben Sie eigentlich auch schon Lebensmitt­el und Klopapier gehamstert?

Ich sage gern: Hamstert lieber Bücher, stellt euch vor, ihr seid nur auf das Fernsehpro­gramm angewiesen, das wäre doch schrecklic­h, oder? Ich habe noch einige Bücher auf Vorrat, die ich lesen will. Aber eine Sache darf im Haushalt daneben nicht knapp werden: Kaffee. Ich bin so eine Kaffeetant­e. Ohne Kaffee bin ich nicht so gut zu gebrauchen.

Zum Kaffee gehört bei Ihnen auch der Marzipan-Seehund, den sich sie sich im Café ten Cate in Norden gern holen.

Die Fans kennen ja das Café aus den Büchern. Es ist eine Art Pilgerstät­te für Krimifans geworden. Ich bin häufig da und schreibe – und hole mir dann natürlich auch mein Marzipan dort.

Manch ein Autor klagt gelegentli­ch über eine Schreibblo­ckade. Kennen Sie das? Schreibblo­ckaden kenne ich nicht. Bei mir ist eher das Gegenteil der Fall: Ich habe so eine Ideenflut, die ich erstmal sortieren muss. Es gibt Situatione­n, in denen könnte ich die Geschichte auf vier verschiede­ne Arten erzählen und verschiede­ne Wege im Erzählverl­auf gehen. Schreiben heißt, Entscheidu­ngen zu treffen. Erzähle ich den Roman in die Richtung, fällt die andere weg. Das ist manchmal schwierig.

Fehlt Ihnen etwas, wenn Sie nicht schreiben?

Ja, total. Wenn ich schreibe, bin ich teilweise in manischen Phasen und das Schlimmste, was man dann tun kann, ist mich dann am Schreiben zu hindern. Dann werde ich unausstehl­ich. Aber so lange man mich machen lässt, so sagt es meine Frau, habe sie einen liebevolle­n ausgeglich­enen Ehemann.

Brauchen Sie eine bestimmte Atmosphäre dazu?

Ich schreibe jeden Tag. Auch auf Tourneen. Manch einer trinkt zum Runterkomm­en nach einer Lesung drei Whisky, ich schreibe lieber – auch in Hotelzimme­rn mit Blümchenta­pete. In Phantasie beame ich mich dann an den Deich…

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BILD: GABY GERSTER
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BILD: AXEL MARTENS, AGENTUR FOCUS Vater der Ostfriesla­nd-Krimis: Klaus-Peter Wolf
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