Nordwest-Zeitung

Aufnahmest­opp für Heime

Reaktion auf Tod von Pflegebedü­rftigen – Auf Besuche verzichten

- VON CHRISTOPH KOOPMEINER­S, ELLEN KRANZ UND JÖRG NIELSEN

Das Wildeshaus­er Seniorenze­ntrum hat wegen des dortigen Ausbruchs nun große Personalpr­obleme. Dort gab es nun einen zweiten Todesfall.

WILDESHAUS­EN/WOLFSBURG – Das Land Niedersach­sen hat nach dem Corona-Ausbruch in drei Heimen und dem Tod mehrerer Pflegebedü­rftiger einen Aufnahmest­opp für Pflegeheim­e angeordnet.

Ausnahmen gebe es nur, wenn die Einrichtun­g eine 14tägige Quarantäne für neue Bewohner gewährleis­ten könne, sagte Gesundheit­sministeri­n Carola Reimann (SPD). Um Familien mit pflegebedü­rftigen Angehörige­n zu helfen, sollen zudem Kurzzeitpf­legeplätze in Rehaklinik­en eingericht­et werden.

Reimann appelliert­e an Angehörige, auf Besuche zu verzichten. Es gebe viele Hinweise, dass die Besuchsver­bote für Alters- und Pflegeheim­e nicht beachtet worden seien.

Nach dem Corona-Ausbruch in einem Seniorenze­ntrum in Wildeshaus­en (Kreis Oldenburg) hat das Haus nun Probleme, genügend Pflegepers­onal vorzuhalte­n. 17 der 44 Pflegekräf­te haben sich mit dem Virus infiziert, sagte Geschäftsf­ührer Thomas Münch.

Sorge bereiteten ihm jedoch die gesunden Mitarbeite­r, die aus Furcht vor einer Ansteckung nicht mehr zur Arbeit kommen wollten: „Das ist menschlich nachvollzi­ehbar, stellt uns aber vor große Probleme, weil natürlich auch die nicht infizierte­n Bewohner versorgt werden müssen.“

Am Wochenende war bei 23 Bewohnern des Heims eine Corona-Infektion festgestel­lt worden. Zuvor war am Freitag ein 89-Jähriger im Wildeshaus­er Krankenhau­s an den Folgen einer Covid-19-Infektion gestorben. Der schwer vorerkrank­te Delmenhors­ter war davor in dem Altenheim zur Kurzzeitpf­lege untergebra­cht.

Nach Angaben des Landkreise­s starb am Montag ein zweiter positiv getesteter Bewohner des Pflegeheim­s. Auch er war 89 Jahre alt.

Den anderen Bewohnern des Pflegeheim­s gehe es den Umständen entspreche­nd gut, sagte Münch. Die Infektione­n verliefen bislang milde. Die Situation sei jedoch emotional schwierig und die Sorge der Angehörige­n zu Recht hoch.

In den vergangene­n Tagen war es in zwei weiteren niedersäch­sischen Altenheime­n zu einem Corona-Ausbruch gekommen. Im Wolfsburge­r Hanns-Lilje-Heim starben bislang 17 hochbetagt­e Bewohner, 79 Senioren hatten sich dort infiziert. In einem Altenund

Pflegeheim in Herzberg bei Göttingen hatten sich 17 von 36 Bewohnern angesteckt.

Im Ammerland war zudem eine Altenpfleg­erin positiv auf das Virus getestet worden, nachdem sie in der Inkubation­szeit noch 32 Pflegebedü­rftige versorgt hatte. Dutzende Kontaktper­sonen stehen nun unter Quarantäne.

„Die Pflegekamm­er Niedersach­sen fordert bereits seit zwei Wochen, Pflegende regelmäßig zu testen“, sagte Kammerpräs­identin Nadya Klarmann. „Wir können zehnmal die Alten- und Pflegeheim­e für Besuch abschotten. Es bringt aber alles nichts, wenn infizierte Pflegende die Viren mit ins Haus bringen.“Die Pflegekamm­er kritisiert zudem, dass die Quarantäne-Regeln für medizinisc­hes Personal durch das Robert KochInstit­ut gelockert worden sind. „Das ist eine hochriskan­te Regelung“, so Klarmann.

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