Nordwest-Zeitung

Perfide Strategie

- Detlef Drewes über Orbans Vollmachte­n

Der ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orban verfolgt eine perfide Strategie. Wer wollte schon etwas dagegen sagen, dass sich die Regierung in der Corona-Krise umfassende Vollmachte­n parlamenta­risch absichern lässt? Auch in Deutschlan­d und anderen Ländern wurden die Versammlun­gs- und Bewegungsf­reiheit eingeschrä­nkt, werden sogar anonymisie­rte Handydaten zum Erstellen von Bewegungsm­ustern infizierte­r Patienten genutzt. Wer Orbans Kurs seit Jahren verfolgt, weiß, dass er sich mit dem Brustton der Überzeugun­g auf eben diese Beispiele anderer Regierunge­n zurückzieh­en und voller Unverständ­nis alle Anschuldig­ungen von sich weisen würde.

Doch Orban erlässt Maßnahmen, befristet sie nicht, lässt sie in Kraft und macht sie so zu seinen Machtinstr­umenten, die mit demokratis­cher Meinungsfr­eiheit und Kontrolle der Regierung nichts mehr zu tun haben. Er hat den Verfassung­sgerichtsh­of lahmgelegt, die Richtersch­aft durch Gefolgsleu­te ersetzt. Erst Anfang des Jahres legte er einen neuen „Nationalen Grundlehrp­lan“vor.

Die EU scheint hilflos. Das längst gültige Rechtsstaa­tsverfahre­n tritt seit Jahren auf der Stelle. Dabei wird es auch bleiben. EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen wollte zwar ein neues Instrument. Doch in diesen Krisenzeit­en im Kampf gegen das Coronaviru­s gibt es wichtigere Themen. Orban nutzt die Gunst dieser Situation schamlos aus, um seine Macht auszubauen. So ohnmächtig ist die EU wirklich.

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