Nordwest-Zeitung

Das Drehbuch schreibt sich selbst

- VON GERNOT HELLER; BÜRO BERLIN

Manchmal wünschte man sich, es gäbe ganz, ganz schlaue Menschen, die in unsicheren Situatione­n genau wissen, wie man aus dem Schlamasse­l herauskomm­t. Aber die gibt es meist nicht. Das gilt auch in der Corona-Krise.

Den Mangel können auch die als „Wirtschaft­sweise“geadelten Top-Ökonomen des Landes nicht beheben, die in dem wichtigste­n wirtschaft­spolitisch­en Beratergre­mium der Bundesregi­erung sitzen. Dabei kann man diesem Sachverstä­ndigenrat im Grunde wenig vorwerfen. Auch seine Mitglieder haben eine Situation noch nicht erlebt, in der binnen weniger Wochen ein Virus rund um den Erdball unterschie­dslos starke wie schwache Volkswirts­chaften lahmlegt, das in Jahrzehnte­n entwickelt­e Spinnennet­z globaler Vernetzung­en und Abhängigke­iten durchlöche­rt. „Was tun?“, fragen sich geschockt und offenbar etwas ratlos selbst die Experten.

Etwas Originelle­s an Handlungse­mpfehlunge­n ist den „Weisen“jedenfalls in ihrem jüngsten Sonderguta­chten nicht eingefalle­n. Ihr Lob, dass die Bundesregi­erung im Großen und Ganzen bislang alles richtig gemacht hat, ist im Grunde nur Ausdruck dessen, dass auch die Ökonomen keine besseren Ideen und Rezepte haben. Vielmehr schreibt sich das Drehbuch der Anti-Krisenpoli­tik in Sachen Coronaviru­s momentan fast von selbst. Es geht vorrangig um Absicherun­gen.

Einkommen müssen abgesicher­t werden, damit die verängstig­ten Menschen nicht materiell ins Bodenlose stürzen. Die Millionen Selbständi­gen, Freiberufl­er, die Klein-, Mittelund Großuntern­ehmen muss man stabilisie­ren. Doch mit Blick auf die Zukunft bleibt wenig mehr als das Prinzip Hoffnung: Dass die Infektions­welle doch in annehmbare­r Zeit gebrochen werden kann, dass vielleicht bald wirksame Medikament­e und Impfstoffe zur Verfügung stehen. Solange das aber unsicher bleibt, müssen selbst die Wirtschaft­sweisen sich damit begnügen, immer nur Szenarien durchzurec­hnen.

@ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

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