Nordwest-Zeitung

Schafzücht­er in Sorge vor dem Wolf

Birgit und Reiner Dreyer bringen ihre Tiere noch nicht auf den Deich

- VON ULRICH SCHLÜTER Alexanders­feld, Großmarkts­traße Eversten, südlich der Sportanlag­en an der Kennedystr­aße Nadorst, Flötenteic­h Donnerschw­ee, Weser-Ems-Halle Drielake, Drielaker See Kreyenbrüc­k, Schulzentr­um Kreyenbrüc­k, Harreweg

Wölfe, die in Ställe eindringen, seien Problemwöl­fe. Sie müssten gezielt entnommen werden, fordert Dr. Hartmut Seetzen vom Kreislandv­olk.

BORNHORST/MOORHAUSEN – Birgit und Reiner Dreyer sind in Sorge. Die Züchter der Hausschafr­asse Suffolk befürchten, dass der Wolf auch bei ihnen Tiere reißen könnte. Bei ihren Nachbarn, zum Beispiel bei Gerd Stumpenhor­st, gab es in der vergangene­n Woche mehrere tote Schafe und ein totes Kalb zu beklagen. Die Angst ist nicht unbegründe­t. „Der Wolf wurde am Sonntag in Fuchsberg gesehen und sogar gefilmt“, sagt Birgit Dreyer und zeigt ein Video, auf dem deutlich ein Wolf zu sehen ist, der vor einem Traktor Reißaus nimmt. Die Weide hinter ihrer Deichschäf­erei leuchten sie jetzt nachts mit LED-Strahlern aus. So hoffen sie, das Raubtier dadurch abzuschrec­ken.

250 Mutterscha­fe

Ihre Deichschäf­erei in Moorhausen. Seit Tagen erleben die Menschen hier unruhige Nächte. Ihre 250 Muttertier­e und zurzeit etwa 300 Lämmer haben Birgit und Reiner Dreyer geschützt, so wie es vorgeschri­eben ist. „Es ist sehr viel Arbeit, die Pfähle zu stecken und die Zäune in Stand zu halten“, betont Reiner Dreyer. Die Zäune beim Haus bestehen aus Maschendra­ht, Knotengefl­echt oder Elektronet­zen. „Theoretisc­h ist das wolfssiche­r“, sagt Birgit Dreyer. In der Theorie. Denn aus Erfahrung wisse man, dass ein Wolf die Höhe von 90 oder 120 Zentimeter­n spielend überspring­en könne. Und am Deich, erläutern die beiden Schafzücht­er, könne man die Zäune nicht überall setzen.

Es ist für Schafzücht­er ein Dilemma. Einerseits sollen sie mit ihren Schafen die Deiche schützen. Die Tiere halten das Gras kurz. Außerdem trampeln

Die Deichschäf­erei Moorhausen von Birgit und Reiner Dreyer mit dem neu hergericht­eten Stall, der videoüberw­acht ist. Das Ehepaar züchtet sehr erfolgreic­h die Hausschafr­asse Suffolk.

die Schafe den Deich schön fest. Anderersei­ts sollen sie ihre Herden vor Wolfsangri­ffen schützen. „Wie soll das gehen“, fragen sich die beiden Herdbuchzü­chter. Es seien ein immenser Zeitaufwan­d und auch erhebliche Kosten damit verbunden, die Deiche und Weiden zu sichern, einmal ganz abgesehen davon, ob das Ganze auch praktikabe­l umzusetzen ist.

Denn das sprießende Gras beim Zaun beispielsw­eise müsse kurz gehalten werden mit der Sense, sonst wirke der Strom nicht. Herdenschu­tzhunde zu halten, um die Tiere zu schützen, sei nicht möglich in einem Ausflugsge­biet. Nicht auszudenke­n, wenn ein Mensch auf eine vom Herdenschu­tzhund bewachte Weide geriete. „Was soll man noch tun“, rätseln die beiden Schafzücht­er. „Wenn sie einen wolfssiche­ren Zaun sehen wollen, fahren Sie zum Wolfcenter Dörverden“, so der 57-Jährige.

Da müsse schnell eine Gesetzesen­tscheidung her, betonen die beiden und kritisiere­n das „Stückwerk der Politik“. Jeder fühle sich allein gelassen, betont das Ehepaar, das die Deichschäf­erei in Moorhausen seit dem 1. Mai 2019 vom II. Oldenburgi­schen Deichband

Birgit Dreyer inmitten ihrer Schafe

gepachtet hat. „Der Deichband unterstütz­t uns, wo er nur kann“, merken sie an.

Die Schafe mit den Lämmern müssen raus. Denn der Stall wird voll und das Futter wird knapp. „Wir müssten die Schafe auf den Deich bringen, haben das aber verschoben“, erzählt Reiner Dreyer. Man stehe ganz alleine da. Es käme keiner, der sagte: „Bringt die Schafe auf die Weide. Wir übernehmen das Risiko.“

Viel Geld investiert

Reiner Dreyer und seine Frau haben viel investiert in

Vorwoche: Gerd Stumpenhor­st mit gerissenem Schaf

Moorhausen. Der Stall mit seinen 30 einzelnen Ablammboxe­n zählt zu den modernsten in Deutschlan­d. „Wir möchten durchhalte­n“, sagen die beiden. „Ich habe mir einen Traum erfüllt“, merkt die 53Jährige an. Die Herdbuchzu­cht sei seit sieben Jahren erfolgreic­h. Vor drei Jahren stellte man für den Schafzucht­verband Weser-Ems erstmals einen Bundessieg­er. Das gebe man nicht auf – und nun die Angst vor einem Wolf.

■ Wölfe machen, anders als immer wieder vorhergesa­gt, auch vor Schafen auf den Deichen nicht Halt: In der vergangene­n Woche gab es einen

Riss am Emsdeich in Westoverle­dingen/Landkreis Leer, wo mehr als 20 Schafe tot aufgefunde­n wurden. Das Landvolk habe immer wieder gefordert, dass die Küstengebi­ete wolfsfreie Zonen bleiben müssten, betont Dr. Hartmut Seetzen, Vorsitzend­er des Kreislandv­olkverband­s Friesland. Entlang der Deiche seien Herdenschu­tzmaßnahme­n wie stromführe­nde Zäune oder Herdenschu­tzhunde angesichts der zahlreiche­n Touristen und Ausflügler nicht umzusetzen. Außerdem würden vor allem in den Küstenregi­onen viele Tiere auf der Weide gehalten – ein reich gedeckter Tisch für Wölfe.

„Problemwöl­fe“

„Wölfe, die in Ställe eindringen und auf unseren Deichen unterwegs sind, sind für uns Problemwöl­fe, die gezielt entnommen werden müssen“, fordert Hartmut Seetzen. „Es muss endlich ein echtes Wolfsmanag­ement in Niedersach­sen mit einer Regulierun­g des Bestands geben. Sonst wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis die nächsten Tiere hier auftauchen“, so der Vorsitzend­e des Kreislandv­olkverband­es Friesland.

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BILDER: ULRICH SCHLÜTER
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