In virtueller Tagung geht’s um Existenzen
An diesem Dienstag beraten die Vereine der 1. und 2. Liga über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise
Der Bundesliga-Fußball ruht bis vorerst Ende April. Wie geht danach weiter – kurzfristig, mittelfristig und langfristig?
FRANKFURT – Die erste virtuelle Mitgliederversammlung in der Geschichte der Deutschen Fußball Liga hat existenziellen Charakter. Wenn sich an diesem Dienstag die Bosse der 36 Profivereine der 1. und 2. Bundesliga mit DFL-Chef Christian Seifert wegen der Coronavirus-Pandemie in einer Videokonferenz zusammenschalten, geht es um nichts weniger als die Bewältigung der größten Krise im deutschen Fußball seit dem Zweiten Weltkrieg. „Ohne die Einnahmen aus TV, Ticketing und Sponsoring sind viele Vereine in akuter Gefahr“, zeichnete Seifert ein düsteres Zukunftsbild.
Bei der Tagung werden die Vereine die vom DFL-Präsidium empfohlene Aussetzung des Spielbetriebs bis zum 30. April beschließen. Viel wichtiger als dieser formelle Akt, sind aber andere Kernpunkte. ■
Schon jetzt ist klar: Sollte die Saison wie erhofft zu Ende gespielt werden können, wird dies nur ohne Zuschauer möglich sein. „Bundesliga mit Publikum und Fans wird mit das Letzte sein, was wir wieder öffnen“, sagte FDP-Chef Christian Lindner am Montag.
Bleiben also nur Geisterspiele, für die es wohl zwei Szenarien gibt. Plan A sieht vor, dass die neun ausstehenden Spieltage plus das Nachholspiel Werder Bremen gegen Eintracht Frankfurt ab dem frühestmöglichen Termin im
Klaus Filbry
Mai in Englischen Wochen abgewickelt werden. Der DFB-Pokal könnte im Juni zu Ende gespielt werden.
Aufgrund der Reisen quer durch Deutschland wären die Profis einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Die Erkrankung einzelner Spieler würde eine Quarantäne für das gesamte Team bedeuten. Daher gibt es einen Plan B, der eine Austragung der 82 Bundesligaspiele alle zwei Tage an nur vier Standorten (Norden, Osten, Süden, Westen) vorsieht. Die Teams würden vor Ort in Hotels kaserniert sein.
Im Raum steht auch eine Ausdehnung der Saison in den Sommer, die Uefa-Boss Aleksander Ceferin ins Spiel gebracht hat. Werder Bremens Geschäftsführer Klaus Filbry hätte dabei Bedenken: „Die Herausforderungen wären vor allem in juristischer Hinsicht verdammt hoch.“
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Das gilt noch viel mehr für die wirtschaftliche Situation der Branche, die bei einem Abbruch der Saison rund 750 Millionen Euro verlieren würde. Alle Vereine haben eine von der DFL geforderte Bestandsaufnahme gemacht. Anhand der Kennzahlen ergibt sich ein Gesamtbild, wo die finanzielle Not am größten ist. Zu erörtern ist die Frage, ob und wie der Verteilerschlüssel für die TV-Gelder in der Krise verändert wird. „Es wird definitiv weniger Geld im Umlauf sein. Das alles kann man nur solidarisch lösen“, appellierte Werder-Geschäftsführer Filbry.
„Die nächste Saison wird vielleicht noch viel härter, weil wir nicht wissen, wann wieder Zuschauer ins Stadion dürfen“, mutmaßte Franfurts Sportvorstand Fredi Bobic. Für ihn gibt es keine Alternative zu einer gemeinschaftlichen Rettungsmission für Vereine, die in Existenznöte geraten: „Wir alle leben von dem Wettbewerb. Keiner will eine Liga mit nur zwölf Mannschaften.“
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Bei dem einen oder anderen Verein könnten sich schon kurzfristig Liquiditätsengpässe ergeben, falls die nächste Tranche der Medienpartner ausbleibt. Dabei geht es um ein Gesamtvolumen von rund 330 Millionen Euro. Die DFL prüft daher Möglichkeiten einer Zwischenfinanzierung. ■
Davon berührt ist auch das Lizenzierungsverfahren. Die Vereine haben ihre Unterlagen vor dem Ausbruch der Corona-Krise eingereicht. Die DFL wird auf dieser Grundlage prüfen und entscheiden.
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Letztlich geht es darum, dass sich der Profi-Fußball als Einheit präsentiert. Dass dies nicht immer leicht fällt, zeigt das Beispiel des Mannschaftstrainings. Während 15 Bundesligisten ihre Spieler individuell zu Hause beschäftigen, wird beim FC Augsburg und VfL Wolfsburg sowie seit Montag bei Borussia Dortmund in Kleingruppen auf dem Vereinsgelände trainiert. Dies hatte zu Kritik geführt.