Textilbranche schwer bedrängt
Hoffnung der Händler auf Ansturm nach Wieder-Öffnung – Esprit signalisiert Probleme
Verbände fordern Hilfsprogramme. Auch bei den Mieten sei Entlastung nötig.
RATINGEN – Die Laufstege der „Fashion Weeks“in Mailand und Paris bleiben leer. Designer müssen gewaltige Abstriche machen, ebenso die Textilproduzenten. Und die Fußgängerzonen in Deutschland mit ihren oft mittelständischen Modehäusern genauso.
Dass sich der Großteil der Bevölkerung wegen des Coronavirus zu Hause befindet, setzt der Mode-Branche extrem zu. Den Händlern fehlen die Umsätze. Und sie sitzen auf großen Kostenblöcken.
Und mit Esprit verkündete nun ein großer Name in Deutschland: Wir halten das so nicht durch. Für mehrere Tochtergesellschaften wurde ein Schutzschirmverfahren beantragt, um einer Zahlungsunfähigkeit aktiv zuvorzukommen, wie Esprit erklärte.
Viele Mittelständler lassen sich in diesen Wochen vieles einfallen, um den lahmgelegten Einkauf durch Kunden im Laden abzuschwächen: Man treibt den eigenen Onlineshop voran. Oder Kunden wird per Aushang angeboten: Wir liefern auch nach Hause.
Jedoch: Das ist nicht annähernd ein Ausgleich.
Topmanager aus der Modebranche erwarten durch die Corona-Pandemie in diesem
Jahr Umsatzeinbrüche von 20 bis 25 Prozent, wie die Boston Consulting Group ermittelte – ohne aber zu wissen, wie lange die Märkte blockiert bleiben. Die Hilferufe häufen sich.
Auch für den Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof etwa ist Mode ein wichtiges Standbein. Nun verhandelt man um Staatshilfen.
Weil auch Boutiquen und andere Geschäfte zum Schutz vor Ansteckung bundesweit
geschlossen sind, stapeln sich dort Berge unverkaufter Ware. Ziehe sich die Schließung über den April hinaus hin, rechne man mit über einer Milliarde unverkaufter Artikel, schätzt der Handelsverband Textil.
Viele Händler hoffen auf einen Nachholeffekt: Wenn die Läden eines Tages wieder öffnen, könnte es einen Kunden-Ansturm geben. Viele hätten dann Nachholbedarf, auch beim Shoppen an sich.
Allerdings: Im Sommer braucht niemand mehr Übergangsjacken oder die letzten Schals aus dem Winter-Sale.
Der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie warnt, dass besonders für mittelständische Betriebe die Umsätze um bis zu 80 Prozent oder sogar komplett weggebrochen seien. Der Bund müsse ein „Corona-Notpaket“für die mittelständische Modeindustrie schnüren. Dies solle eine Milliarde Euro Sofortmittel mit unbürokratischer Auszahlung sowie eine Senkung der Umsatzsteuer auf Bekleidung enthalten. Sonst drohe eine Pleitewelle.
Der Handelsverband Deutschland fordert von der Bundesregierung schnelle und unbürokratische Hilfen für mittelständische Händler, damit die Mietzahlungen sie nicht in den Ruin treiben. Mittelständische Händler fielen bislang bei den Hilfsprogrammen durch das Raster. Und auch die Vermieter seien verpflichtet, ihren Handelsmietern entgegenzukommen.