Was wirklich wichtig ist
Erkrankung kann Anstoß für ein bewussteres Leben sein
Eine schwere Erkrankung stellt das Leben auf den Kopf. Für Betroffene ist eine erfolgreiche Therapie oft der Anstoß für neue Perspektiven.
Oldenburg – Regine Goldenstein und Sabine Paulo verbindet seit 13 Jahren ein ähnliches Schicksal. Die beiden Frauen wurden nahezu zur gleichen Zeit mit einer Krebsdiagnose konfrontiert und haben einen kräftezehrenden Kampf gegen die Erkrankung hinter sich. Die beiden haben viel gemeinsam durchgestanden und erfahren, dass sie sich auch in schwierigen Zeiten aufeinander verlassen können. „Wir haben zusammen gelacht und geweint. Heute sind wir enge Freundinnen, die füreinander da sind.“
Mit einem Einblick in ihre Krankheitsgeschichte und den Weg zurück in die Gesundheit möchten die Frauen vor allem Mut machen. „Wir haben erlebt, dass eine Krebsdiagnose wie ein Sturz ins Bodenlose ist und wie schwer es ist, an ein Leben danach zu glauben.“
Für Menschen mit einer Krebserkrankung sei es gerade in den aktuell schwierigen (Corona)-Zeiten wichtig, dass sie sich nicht allein gelassen fühlen. Neben dem Rückhalt im Familien- und Freundeskreis könne der Austausch mit anderen Betroffenen helfen, besser mit der Erkrankung zurecht zu kommen – mit dem Schock der Krebsdiagnose, der für Körper und Seele belastenden Behandlung sowie der Angst vor einem Rückfall.
An der Belastungsgrenze
Dass sie lebensbedrohlich erkrankt war, traf Sabine Paulo 2016 wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Wenige Tage vor Weihnachten stellte sich bei einem zuvor als harmlos eingeschätzten Eingriff heraus, dass sich bösartige Tumoren in den Eierstöcken gebildet hatten. „Ich bin am nächsten Tag in der Intensivstation aufgewacht und wurde darüber aufgeklärt, dass meine Hei
lungsprognose schlecht ist.“Es folgte ein mehrwöchiger Klinikaufenthalt mit großen körperlichen und seelischen Schmerzen und eine Chemotherapie, die sie oft an die Belastungsgrenze gebracht habe.
Abgesehen von immer wiederkehrender Übelkeit in der Krebstherapie, häufigen Fatigue-Symptomen wie Müdigkeit und Erschöpfung habe sie vor allem die Ungewissheit belastet, wie sich die Erkrankung entwickelt. Während der Chemotherapie habe sie besonders darunter gelitten, dass ihr neben den Kopfhaaren auch die Augenbrauen und Wimpern ausgefallen sind: „So
konnte mir jeder sofort die Erkrankung angesehen.“Halt und Sicherheit hat Sabine Paulo mit Hilfe von anderen Betroffenen sowie durch einen veränderten Blick auf das Leben gewonnen. Ich versuche mich auf die wirklich wichtigen Dinge zu konzentrieren und rege mich nicht mehr über Kleinigkeiten auf.“
Unterstützung ist wichtig
Dank ihrer großen Familie, der Selbsthilfegruppe und psychologischer Unterstützung gelinge das meistens sehr gut – auch, wenn die Furcht vor einer erneuten Krebserkrankung
nie ganz weg ist.
„Ich versuche jeden Tag zu genießen und positiv zu denken“. Auch Regine Goldenstein begreift die Erfahrungen mit ihrer Krebserkrankung heute als Anstoß für einen Blick nach vorn. Nach ihrer Brustkrebserkrankung sei es ihr lange sehr schlecht gegangen. Die Rückkehr in ein normales Leben sei ihr in erster Linie durch den starken Zusammenhalt mit anderen betroffenen Frauen gelungen. Zudem habe sich gezeigt, wer und was ihr gut tut: „Heute kann ich sagen, dass die Erfahrung für mich auch eine Chance für positive Veränderungen war.“