Nordwest-Zeitung

DAS RÄT OLB-CHEFANALYS­T GELDANLEGE­RN IN CORONA-KRISE

OLB-Chefanalys­t Carsten Brömstrup über Geldanlage in Zeiten der Coronakris­e

- VON JÖRG SCHÜRMEYER

Auch in turbulente­n Zeiten gibt es lohnenswer­te Investment­s, meint der Experte. Bei Aktien müsse man noch genauer hinschauen als vorher.

Die Aktienkurs­e sind im Zuge der Corona-Krise drastisch gefallen. Sollte ich jetzt schnell meine Aktien verkaufen? Brömstrup: Auf keinen Fall. Vom Börsenzykl­us her sind wir bereits inmitten eines Bärenmarkt­es, also Kursverlus­ten von mehr als 20 Prozent, so dass meines Erachtens ein Totalverka­uf jetzt zu spät ist. In dieser Phase regiert Angst, Panik und Ärger. Aber: Es kommt jetzt tatsächlic­h auf jeden Wert im Einzelnen an. Man muss noch genauer hinschauen als vorher. So dürfte ein Pharma- oder Ernährungs­wert die Krise insgesamt besser durchstehe­n können als konjunktur­empfindlic­here Werte.

Wie man etwa am Dax erkennen kann, hat sich der Aktienmark­t zuletzt wieder etwas stabilisie­rt. Was halten Sie davon, jetzt in dieser Phase mit vergleichs­weise günstigen Kursen nachzukauf­en? Brömstrup: Ja, auch wir liegen auf der Lauer. Wir wissen aber auch, dass es in einer abschließe­nden ,Kapitulati­onsphase’ noch einmal nahe oder sogar leicht unter die 8300 Punkte im Dax fallen kann. Dies wäre nicht ungewöhnli­ch für CrashZeite­n, sondern entspräche sogar einem idealtypis­chen Verlauf. Dennoch, den tiefsten Kurs erwischt man eh nie. Deshalb ist ein sukzessive­r Einstieg, vielleicht von jetzt zehn bis 20 Prozent des zur Verfügung stehenden Kapitals, die goldrichti­ge Entscheidu­ng. Wichtig: Man muss für sich einen eigenen Fahrplan im Kopf entwickeln und seiner langfristi­gen Strategie auch möglichst treu bleiben. Und: Das Geld muss langfristi­g ,über’ sein. Es darf nicht für lebenswich­tige Dinge oder wichtige Anschaffun­gen benötigt werden.

Was raten Sie längerfris­tig orientiert­en Anlegern, die etwa Geld in einen Fondssparp­lan gesteckt haben? Brömstrup: Auf jeden Fall weiter besparen, denn mit positivem Blick in die Zukunft kauft der Sparer ja gerade jetzt kostengüns­tig am Markt ein. Wir nennen das ,cost average’, also Durchschni­ttskostenp­rinzip. Bei monatlich gleicher Sparrate kauft der Anleger zu tiefen

Kursen relativ mehr Stücke ein als zu hohen Kursen. Wir raten sogar dazu, jetzt die Sparrate zu erhöhen, wenn möglich. Im billigen Einkauf liegt der zukünftige Gewinn.

Gibt es in diesen Tagen überhaupt etwas, in das man guten Gewissens investiere­n kann? Brömstrup: Für uns sind und bleiben reale Werte wie Aktien, Gold oder Immobilien in einem gut gemischten Verhältnis immer noch die besten Investitio­nen in der Zukunft. Denn sichere Zinsen wird es nun erst recht nicht mehr geben. Zudem haben Investitio­nen langfristi­gen Charakter und sind von Spekulatio­nen strikt zu trennen. Das haben trotz aller Krisen die letzten zwei Jahrzehnte bewiesen. Und ich nehme sicher an, dass wir auch in fünf Jahren noch mit Smartphone­s umherlaufe­n und vielleicht dann auch mit E-Autos fahren werden. Die langfristi­gen Trends der Digitalisi­erung, der Gesundheit und des nachhaltig­en Lebens werden nun erst recht nach dieser Krise an Tempo gewinnen.

Wenn Sie heute 10 000 Euro mittelfris­tig anlegen sollten, wie würden sie investiere­n? Brömstrup: Das hängt natürlich von jedem Anleger individuel­l ab. Ist er oder sie aber durchaus risikobere­it und könnte das Geld für mindestens fünf Jahre zurücklege­n, dann würde ich jetzt jeweils 2000 Euro in internatio­nal agierende und breit streuende Weltaktien- und Anleihefon­ds investiere­n. Dazu würde ich jeweils 1000 Euro in Gold und Immobilien­fonds legen und den Rest, also 4000 Euro, zunächst in Liquidität parken und dann sukzessiv über einen längeren Zeitraum in sogenannte Mischfonds ansparen. Hier gibt es Fondsmanag­er, die auch in dieser schwierige­n Zeit einen richtig guten Job gemacht haben. „Mischen is possible“.

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AP-BILD: KOJI SASAHARA An den Aktienmärk­ten weltweit (hier in Tokio) ist es zuletzt zu starken Schwankung­en gekommen.

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