Mission „Irini“läuft heute offiziell an
Wie die EU im Mittelmeer zum Frieden in Libyen beitragen kann
Die Ergebnisse der Berliner Libyen-Konferenz wurden international gelobt, viel geschehen ist seither aber nicht. Ab diesem Mittwoch soll es voran gehen – vor allem beim Waffenembargo.
BRÜSSEL/IM NORDWESTEN – Die EU will zur Befriedung des Libyen-Konflikts beitragen. Seit mehr als neun Jahren herrscht in dem nordafrikanischen Land Bürgerkrieg. Die Truppen von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und General Chalifa Haftar bekriegen sich. An diesem Mittwoch startet die neue EU-Operation „Irini“.
Was ist das Ziel der neuen Mission
„Irini“soll das seit 2011 geltende UN-Waffenembargo per Satellit, mit Flugzeugen und mit Schiffen auf dem Meer überwachen. Die Informationen sollen dann an die Vereinten Nationen weitergegeben werden. Zudem soll die Operation auch Erkenntnisse über illegale Öl-Exporte aus Libyen sammeln, die libysche Küstenwache ausbilden und zum Kampf gegen Menschenschmuggel beitragen. Wann genau die „Irini“-Schiffe ins Mittelmeer auslaufen, ist noch nicht klar, soll aber nur eine Frage von wenigen Tagen sein.
Was passiert mit Flüchtlingen, die von den Schiffen aufgegriffen werden
Menschen in Seenot zu retten ist nach internationalem Seerecht eine Pflicht. Österreich und Ungarn hatten bei den Verhandlungen über die Operation jedoch Bedenken, diese könnte Migranten dazu moti
vieren, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Deshalb werden die Schiffe abseits der Fluchtrouten operieren – Diplomaten zufolge etwa vor der libyschen Küstenstadt Bengasi. Sollten doch Migranten gerettet werden, sollen sie demnach nach Griechenland gebracht und von dort auf andere EU-Staaten verteilt werden.
Wie wird sich die Bundeswehr beteiligen
Deutschland hat bereits erklärt, auch militärisch Aufgaben übernehmen zu wollen. Wie der Beitrag genau aussieht, wird erst nach der Truppenstellerkonferenz feststehen. Aber signalisiert wurde im Vorfeld, dass es wohl kein großes Schiff werden soll. Die „Welt“berichtete, dass die Bundesregierung ein Aufklärungsflugzeug der Marine anbieten werde, den Seefernaufklärer P-3C Orion mit bis zu elf Mann Besatzung. Die sind auf dem Fliegerhorst Nordholz im Kreis Cuxhaven stationiert. Das Ganze muss dann auch erst noch im Bundestag besprochen
und beschlossen werden. Allerdings gilt das mit den Stimmen der Regierungsmehrheit als sicher. In der Vorgängermission „Sophia“waren die deutschen Marineschiffe – meist mit Heimathafen Wilhelmshaven, manche auch aus Kiel – zuletzt in Einsatzgebieten fernab der Flüchtlings- oder Schmugglerrouten unterwegs gewesen und deshalb praktisch ohne Aufgabe.
Warum ist der Einsatz für Deutschland so wichtig
Die Bundesregierung hat eine wichtige Vermittlerrolle in dem Konflikt eingenommen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) haben im Januar einen Libyen-Gipfel in Berlin veranstaltet. Das Ziel: Die Einmischung von außen in den Konflikt stoppen.
Ist man da denn seitdem weitergekommen
Kaum. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, die
Türkei und Russland liefern den UN zufolge weiterhin Waffen oder schicken Söldner ins Land. UN-Generalsekretär António Guterres hat wütend wegen der geringen Fortschritte reagiert und von einem „Skandal“gesprochen. Sowohl über das Mittelmeer als auch mit Flugzeugen kommen Waffen und militärische Ausrüstung nach Libyen – in beide Teile des gespaltenen Landes. Auch die Hoffnungen, die mündlich vereinbarte Feuerpause in einen dauerhaften Waffenstillstand zu verwandeln, sind verpufft. Trotz einer Ausgangssperre wegen der Corona-Krise gehen selbst in diesen Tagen die Kämpfe weiter.
Wie kann der EU-Einsatz da weiterhelfen
Die Mission kann den Waffenlieferungen über See einen Riegel vorschieben. Auf diesem Weg versorgt vor allem die Türkei die Truppen von Ministerpräsident al-Sarradsch. Haftar bekommt seinen Nachschub dagegen über den Landweg, vor allem aus
Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Landgrenzen können aber aus der Luft lediglich beobachtet werden. Nach Auffassung des Libyen-Experten Wolfram Lacher von der Stiftung Wissenschaft und Politik wird Haftar damit eindeutig von der EU begünstigt. Er spricht von einem „einseitigen Eingriff in den Bürgerkrieg“.
Warum kontrolliert die EU nicht auch die Landgrenze
Das hat Österreich vorgeschlagen, ist damit aber isoliert geblieben. Ohne die Zustimmung der Konfliktparteien und auch des Nachbarlands Ägypten ist es nicht möglich, Grenztruppen nach Libyen zu schicken. Das betonte auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstag. Er sagte, „Irini“sei ein Teil der Lösung und könne vielleicht dazu beitragen, weitere Lösungen zu finden. In der EU gäbe es allerdings wohl kaum Bereitschaft, sich an einer solchen Mission an der Grenze vor Ort zu beteiligen.